Geburtsbericht von

Sophie

Liebe Kristin,

gerade wurde meine kleine Tochter ein Jahr alt – und heute Abend war es so weit. Ich habe mir einfach das erste Mal seitdem die Zeit genommen, zu sitzen und zu reflektieren. Das letzte Jahr war so verrückt. Mein Sohn August war 2,5 Jahre alt, als sie geboren wurde. Und schnell machte alles zu. Auf engstem Raum waren wir mit Schreibaby, High Need Kleinkind ohne Kita und meinem Mann im home office gefangen.

Es war keine schöne Zeit, aber das Erlebnis dieser traumhaften zweiten Geburt hat mir immer wieder Kraft gegeben. Hier kommt für dich ein Jahr und einen Tag später der Bericht:

Am Abend des 24.2.2020 kaufte ich noch schnell gegen 22 Uhr über Kleinanzeigen ein Bonding-Shirt. Ich war sehr glücklich, bei 38+3 angekommen zu sein, nachdem 2,5 Jahre zuvor bei einem Notkaiserschnitt – vom normalen Kontrolltermin beim Gyn fast direkt in den OP bei 36+2 – alles so ganz anders verlaufen war. Ich merkte an diesem kalten Februarabend: Es bewegt sich etwas. Bei meinem Sohn 2017 hatte ich keine Geburtswehen, bevor ich in die Klinik kam. Deswegen war alles neu und unbekannt.

Ich freute mich und war sehr gelassen. In der Nacht wurde ich zwischen 2 und 4 Uhr von Wehen wach, schlief aber auch wieder ein. Unser Sohn August war wie gewohnt am Morgen früh wach. Er war sehr aufgeregt, denn es war an diesem 25.02.20 der Faschingsdienstag. Als ich ihn aus dem Bett holte, musste ich schon ab und an innehalten und atmen. Auch beim Frühstück war das so. Ich sagte August, dass das Baby heute oder morgen kommen würde. Er antwortete: “Oder Dienstag”, womit er ja richtig lag. Gerrit zog ihm dann sein EInhornkostüm an und brachte ihn zur Kita. Meine Schwiegermutter wusste recht bald Bescheid, dass sie ihn abholen würde – ob ich sie informierte oder Gerrit, ist eines der wenigen Details, die mir nicht mehr zugänglich sind.

Seit Gerrit wieder da war, kamen die Wellen schon viel regelmäßiger. Ich verbrachte die Zeit in der Badewanne, die gar nicht so entspannend wie sonst war, im gemütlichen Bett, auf dem Schlafzimmersessel und manchmal mit der Stirn auf die Kommode gelehnt. Die Zeit verging so schnell. Vom Losgehen meiner Lieben bis zur Geburt selbst habe ich durchgehend deine Geburtshypnose gehört.

Ich war die ganze Zeit über ganz bei mir, absolut klar und sehr fokussiert. Selbst die unangekündigten Kernbohrungen für Stahlträger im Mietshaus haben mich als Geräuschempfindliche zwar schon genervt, aber nicht rausgebracht. Deine Stimme auf meinen Ohren konnte das gut puffern. Nervöser hat mich gemacht, dass Gerrit noch eine Mail für die Arbeit schreiben und ein Telefonat führen wollte – eine Sache, bei der es um Minuten ging – aber es hat mich wuschig gemacht. Gerrit sollte die ganze Zeit nah da sein. Er hat mir Getränke angeboten, Anker gesetzt (Geruch war am besten) und nicht viel Essen in mich hineinbekommen. Gegen Mittag und Wellen im Vier-bis-Sechs-Minuten-Takt wollte Gerrit schon gern los – ich jedoch nicht, da immer empfohlen wurde, lange zu Hause zu bleiben. Erst gegen 14 Uhr, als die Wellen alle drei bis vier Minuten kamen, war ich so weit. Das Losgehen hat ewig gedauert, aber mich hat die neue Nachbarin im Haus ebenso wenig wie der Verkehr aus meiner Konzentration rausbringen können. Im Auto hatte ich auf der kurzen Fahrt die ganze Zeit die Augen geschlossen. Immer hatte ich mich zuvor gesorgt, dass mich das Außen rausbringen würde, weil ich mir oft Gedanken darüber mache, was Menschen über mich denken und möchte, dass sie mich nett finden (gern wäre ich cooler und selbstbewusster – bin ich leider nicht). Aber ich schaffte es, die Nachbarin und unseren lieben Falafalverkäufer unten im Haus nur wahrzunehmen – ebenso wie das Geruckel des Autos.

In der Klinik angekommen, blieb ich weiter konzentriert und redete so gut wie nicht. Die Muttermunduntersuchung ergab, dass er erst 1 cm geöffnet war. Mir wurde eine Badewanne eingelassen, in der ich ungefähr eine Stunde verbrachte. Es war mir nicht so angenehm, aber im Kreißsaal wäre es vermutlich nicht angenehmer gewesen. Ich weiß noch, wie ich ebenfalls die Brustmassage meines Mannes zum Anregen der Muttermundöffnung als nicht so angenehm empfand, aber es gut hinnehmen konnte mit dem Gedanken: VIelleicht hilft es ja. Gerrit war dann ein paar Minuten mit der Hebamme vor der Tür. Viel zu lange für mein Empfinden!

Auch, wenn er mal beim Koffer war – immer war das zu lange. Weil sich der Schleimpfropf noch nicht gelöst hatte, wurde empfohlen, ich solle rauskommen und nach einer weiteren Untersuchung eventuell noch auf die Station kommen. Mich beunruhigte das nur sehr wenig, denn ich wusste, dass ich schon weit war. Aber diese Nachricht führte offenbar doch dazu, dass sich der Pfropf schließlich löste. Das aus der Wanne steigen war sehr anstrengend. Ebenso beschwerlich war das Anziehen und das zum Kreißsaal gelangen. Ich verbrachte dort eine ganze Zeit lang kniend auf dem Boden und bekam mit, wie die Hebamme empfahl, mich doch anders zu positionieren, weil es unten doch sehr kühl sei. Ich weiß auch noch, wie dankbar ich über die Einlage in meiner Hose war, sodass ich mir nicht für meinen Mann offensichtlich hätte einnässen müssen. All diese Gedanken waren schnell verflogen und blockierten mich nicht. Gerrit bot mir eine liebevoll zu Hause zubereitete Stulle an. Ich nahm einen Haps – der schmeckte so gut – und war geschafft und satt vom Essen.

Die Hebamme verfrachtete mich auf einen Stuhl, den ich dann näher am Seil haben wollte. Dort konnte sie das CTG leise schreiben lassen – das ging glücklicherweise, denn durch die immer wieder fehlenden Herztöne 2017 bei meinem Sohn war ich dem Geräusch gegenüber vorbelastet. Weil diese Hebamme schon meinen Sohn mit auf die Welt gebracht hatte, ließ sie sich schnell beunruhigen. Gerrit schaffte es aber, ihre Unruhe wieder in Ruhe bei mir umzukehren. Er gab mir sehr viel Kraft und Halt. Anschließend sollte ich mich zum CTG hinlegen, weil die Wellen im Sitzen wohl schlecht aufzuzeichnen waren. Kurz flog bei mir Angst auf – aber ich dachte: Gut, wenn das auch ein Kaiserschnitt wird, bin ich diesmal dabei – und nicht in Vollnarkose und diesmal werde ich mein Baby gleich halten. Von Kaiserschnitt war überhaupt keine Rede, aber ich musste mir das Worst Case Szenario gleich ungefährlicher machen. Im Liegen wies ich Gerrit an, mein krampfendes Bein zu halten. Ich empfand alles sehr stark. Von außen merkte man das wohl nicht. Gerrit erinnert sich, dass ich wohl die ganze Geburt über, jede Welle mit einem ruhigen “Jaaaa” kommentiert habe. Einmal wurde ich dann gefragt, nach starkem Atmen, ob es sich anfühle, als ob ich nun Stuhl lassen müsste. Ich verneinte, weil ich alle Regionen meines Körpers genau merke und zu unterscheiden weiß. Beide Babys habe ich – von meinem Gynäkologen belächelt – ab der 10. Schwangerschaftswoche sich in immer gleichen Tages- und Nachtrhythmen bewegen spüren. Da ich bis zu diesem Punkt also keine Töne von mir gegeben habe, wurde der schnelle Fortgang der Geburt lange nicht bemerkt. Wie von uns gewünscht, musste die Hebamme auch nicht viel bei uns sein. Gegen 17 Uhr war der Muttermund dann schon zu 8cm geöffnet, zwei Stunden früher ja noch zu 1 cm. Mir war klar, dass es nicht mehr lange so gehen könnte, aber weil ich noch keine natürliche Geburt erlebt hatte, wartete ich auf das “ganz Schlimme”, das ich allerdings nicht und noch nie als bedrohlich empfand und wobei ich damit rechnete, gut damit umgehen zu können.

Die ganze Zeit lang sagte ich mir drei Sätze:

“Ich bin eine Kuh.”
“Für dich, Amalie” und

“Das ist meine letzte Geburt!”

Ich empfand Schmerzen, nur dass ich eben Schmerz empfinden – seelisch und körperlich – im Leben oft erfahren habe und er mich, mit der gewissen Resilienz, die ich an den Tag lege, nicht so übermannen kann.

Der Muttermund wurde gegen halb sechs wieder untersucht. Innerhalb einer halben Stunde hatte er sich so weit geöffnet, dass die Hebamme sagte: “Frau Vogel, Ihre Tochter wird in der nächsten dreiviertel Stunde auf der Welt sein.” Nun ging also doch alles ganz schnell.

Um mein Bein an einem Bett hochlagern zu können und besser CTG schreiben zu können, sollte ich jetzt noch den Keißsaal wechseln. Ich durfte mich nicht mehr frei bewegen – wegen des CTGs und um mein Gewebe zu schützen, denn die Geburt ging ja rasant voran. Ich durfte auf dem Weg dorthin nicht pressen – das war sehr, sehr schwer. Ohne deine Stimme hätte ich diesen Wechsel in dieses Krankenhausbett sicher als beängstigend empfunden. Mit dir war es gut machbar. Von der Hebamme und Gerrit gestützt sollte ich auf dem Weg in die schnelle pf-pf-pf-Atmung wechseln. Mit der Hilfe der beiden gelang das auch. Die Hebamme fragte, im Kreißsaal angekommen, noch einmal, ob ich schmerzlindernde Maßnahmen haben möchte. Ich bedeutete Gerrit, dass ich gern Lachgas probieren wollte. Es half mir sehr, obwohl ich ein benebeltes Gefühl nie wirklich schätze. Ich klammerte mich bis zur Austreibung an meinen Mann und die Maske, die ich mir nicht nehmen lassen mochte. Zwischendrin hatte sich wohl der Schlauch ohne mein Wissen gelöst, aber der Placebo half mir trotzdem. Auch wenn ich die Presswehen wieder stärker merkte, dachte ich, es würde einfach zum Ende auch unter dem Einfluss von Lachgas noch einmal intensiver. In wenigen Presswehen war meine Tochter Amalie Philine geboren. Kurz zuvor warf mein Mann noch einen Blick auf ihr Köpfchen und ich ertastete es auch. Ab diesem Moment atmete ich nur noch mit den Worten “Amalie, Amalie, Amalie” meinem Mädchen entgegen. Deine Stimme hörte ich in diesem letzten Teil der Geburt über den Lautsprecher, weil die Kopfhörer mich störten. Die Glückshaube wurde Amalie mit meiner Einwilligung noch ganz kurz vor “dem Licht der Welt” durchstochen, weil ich sonst wohl noch ein paar Mal mehr hätte pressen müssen und mein Gewebe schon durch einige Scheidenrisse gelitten hatte.

Es war ein überwältigendes Gefühl, sie in den Arm gelegt zu bekommen um 18.15 Uhr: so wach, so lange Finger, so freundlich und so viel Kraft, gleich an beiden Brüsten zu trinken (mein Sohn konnte lange nicht trinken). Ab jetzt konnte ich mit Hebamme und mich nähender Ärztin plaudern und Werbung für “Die friedliche Geburt” machen. Beide fanden deine Stimme so angenehm, wie jede Person, die sie hört.

Es war wirklich eine Traumgeburt. Deinen Podcast hatte ich ab Oktober oder November 2019 gehört (leider gab es ihn bei meinem Sohn im Sommer 2017 noch nicht). Deine Mitarbeiterin und ich hatten wegen der traumatischen Geburt meines Sohnes noch geschrieben, bevor ich mich für den Onlinekurs Ende Januar entschieden habe (ET war 6.3.2020). Bis 25.02.2020 hatte ich so geübt, dass ich die ganze Geburt über entspannt war.

Auch, wenn Amalie Philine, wie ihr Bruder auch, ein Baby mit besonderen Bedürfnissen war und die ersten drei Monate täglich acht Stunden schrie, konnte ich mich immer auf ihre Geburt besinnen und sie als großes Geschenk empfinden. Auch durch die Folge 25 deines Podcastes konnte ich mit meinem Schuldgefühl und meiner Angst Augusts Geburt betreffend umgehen lernen. Die Angst ist weg. Das traumatische Erlebnis auch. Ich muss mir nicht mehr ständig die Frage stellen, ob ich für die immer wieder fehlenden Herztöne verantwortlich war, ob er mit einer Mama, die weniger als 14 Stunden täglich bis zum Mutterschutz gearbeitet hätte, vielleicht näher am ET des 3.9. als am 8.8. geboren zu werden etc. Er schrie sechs bis sieben Monate, vier davon zwischen acht und zehn Stunden am Tag. Amalie Philine kam deshalb ungeplant in unser Leben, aber mit einer wunderbar von dir vorbereiteten Geburt.

Wie eine gute Freundin vermagst du es, durch Schwangerschaft und Geburt zu führen. Ich fühlte mich gestärkt, beschützt und geborgen mit deiner Stimme.

Die Bindung zu meiner Tochter ist mit Stolz und Freude verbunden, bei meinem Sohn ist es nun kein Schuldgefühl mehr, nur manchmal ein Rest Traurigkeit da. Die noch immer dicke, rote Narbe erinnert daran, wie ich 2017 im Krankenhausbett mit Geschrei und an alle Ecken des Krankenhausflures stoßend in den OP geschoben wurde.

Ich hätte nicht gedacht, dass eine zweite / weitere Geburt, die erste / vorherige so heilen kann. Aber es ist so. Mit deiner Arbeit verblasst auch die Farbe der Narbe Stück für Stück.

Ich werde dir mein Leben lang dankbar sein –

und ich empfehle dich JEDER Schwangeren, selbst, wenn ich sie kaum kenne. Zwei Frauen sind der Empfehlung gefolgt und haben eine gute, und eine nach vielen Schwierigkeiten immerhin noch gewünschte, natürliche Geburt erlebt.

Eines noch: Oft wird empfohlen, lange zu warten, bis man in die Klinik geht: Bei mir war das wohl der Höhlenort, der sichere Ort – denn erst da hat der Körper, der Muttermund sich schnell geöffnet.

Am Morgen des 26.02. – ich hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und Sehnsucht nach meinem kleinen Sohn gehabt – kam August uns besuchen. Nachmittags waren wir vier wieder zu Hause. Es ist bis heute nicht ganz leicht für ihn, ein Geschwisterchen zu haben. Aber er meistert es so gut er kann.

Bleib gesund und lass dich grüßen,

Sophie

 

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