Erfahrungsbericht
von C.
Positiver Geburtsbericht meines Frühchens aus der 36. SSW
Mein Baby begann sich 3 Tage vor seiner Geburt, in Schwangerschaftswoche 34+5 anzukündigen.
Ich bemerkte einen leichten Schleimabgang, einen wiederkehrenden harten Bauch und über den Tag verteilt ein Stechen und Ziehen, was mir zu dem Zeitpunkt sehr diffus vorkam, weil ich mich noch nicht auf die Geburt eingestellt hatte. In der Nacht fand ich kaum Schlaf, konnte nicht gut liegen und tigerte durch die Wohnung. Kurz vorher war ich noch zur Kontrolle bei meiner Frauenärztin gewesen, die einen fest verschlossenen Muttermund und keine Wellentätigkeit auf dem CTG festgestellt hatte, weshalb ich mir erstmal keine all zu großen Sorgen machte. Der nächste Tag verlief ähnlich, wie der Vortag, aber gegen Abend war mir klar, dass ich doch recht intensive Wellen habe. Ein kurzer Anruf im Kreißsaal ergab, dass ich vorbeikommen sollte, da es ja erst die 35. Woche war.
Ich hatte große Sorge, dort bleiben zu müssen. Ich war noch nicht bereit.
Im Krankenhaus wurden deutliche und wiederkehrende Wellen festgestellt. Der Muttermund war aber nach wie vor verschlossen. Ich durfte mit Buscopan-Zäpfchen wieder nach Hause mit den Worten: "Es kann sein, dass Sie in 12 Stunden wieder hier sind oder es beruhigt sich alles wieder und Ihr Kind wartet bis zum ET."
Wir schafften eine weitere schlaflose Nacht und in der Nacht vom 30. auf den 31. August, ich war inzwischen in SSW 35+1, intensivierten sich die Wellen. Gegen 4 Uhr morgens beschloss ich, in die Badewanne zu gehen. Die Wellen wurden dort sehr stark und kamen in immer kürzeren Abständen. Ich bekam Mühe mit der Atmung, fand heraus, dass mir eine Mischung aus langem in den Bauch einatmen und langem getönten Ausatmen auf "O" am besten tat. Gegen 8 Uhr war klar, dass die Wellen nicht mehr nachlassen würden und mein Mann beschloss, dass wir jetzt los fahren sollten.
Im Auto setzte ich mir erstmals meine Kopfhörer mit der Hypnose zur Eröffnungsphase auf die Ohren. Ich konnte mich sehr gut entspannen, so gut, dass ich kurzzeitig doch daran zweifelte, ob wir zu früh dran waren.
Im Kreißsaal angekommen, gegen 9:30 Uhr, blieben die Wellen kurzzeitig aus. Ich dachte, dass wir sicher wieder nach Hause geschickt werden würden.
Eine sehr freundliche Hebamme kam und untersuchte mich: 4 cm war mein Muttermund bereits geöffnet. Damit war klar, dass wir bleiben würden. Sie sagte: "Euer Baby möchte heute kommen, vielleicht auch erst heute Abend oder heute Nacht." Wir waren baff und freuten uns gleichzeitig riesig. Dass unser Sohn ein Frühchen ist, war in dem Moment irgendwie nicht wichtig. Die Hebamme erinnerte mich daran, in dem sie sagte, dass unser Kind wahrscheinlich ein paar Tage auf die Neonatologie verlegt werden müsse. Ein kurzer Moment der Traurigkeit durchflutete mich. Ich wurde aber schnell wieder zuversichtlich, dass wir das schaffen und nahm die Situation an. Die Wellen setzten wieder ein.
Eine Ärztin kam, um mir einen Zugang zu legen. Sie sagte, um eine Infektion bei meinem Frühchen zu vermeiden, würden sie mir Antibiotika durch die Vene laufen lassen.
Ich war nicht begeistert und mir war die Ärztin unsympathisch. Gleichzeitig erkannte ich die Notwendigkeit und hatte eine innere Ruhe, die mich auch diese Situation annehmen ließ.
Nachdem der Zugang lag, stand ein Kreißsaalwechsel an. Mir gefiel der neue Raum sehr gut und ich wusste, dass ich mich hier gut entspannen kann. Eine ganze Weile veratmete ich die Wellen im Stehen, stützte mich dabei ab und kreiste auf Anraten der Hebamme mein Becken. Irgendwann wurden meine Beine müde und ich wollte eine andere Position finden. Ich fand zunächst nichts, was mir angenehm war. Zum Glück kam die Hebamme wieder und schlug mir vor, auf dem Pezziball zu kreisen und mich dabei nach vorne auf dem Kreißsaalbett abzustützen. Die Position war mir tatsächlich angenehm. Sie lud meinen Mann dazu ein, sich hinter mich zu setzen und mir Nähe zu schenken. Tatsächlich befand ich mich zu dem Zeitpunkt in einer Phase der Geburt, in der mir Nähe gut tat.
Die Hebamme klärte mich darüber auf, dass zur Geburt mehrere Leute dazukommen würden, unter anderem zwei Ärzte und Mitarbeiter:innen des pädiatrischen Teams, aufgrund der Frühgeburt. Ich ertappte mich dabei, wie ich kurz dachte, dass hier etwas aus dem Ruder läuft. Mehrere anwesende Leute bei meiner Geburt hatte ich nicht eingeplant. Ich atmete durch, entschied, dass sich daran jetzt nichts ändern lässt und ich das trotzdem schaffen werde. Die Hebamme meinte entschuldigend, dass sie gerade vier Geburten gleichzeitig betreue und daher nicht so lange bei uns sein kann. "Du bist aber genauso wichtig wie alle anderen. Melde dich, wenn du etwas brauchst," sagte sie eindringlich, bevor sie wieder ging.
Ich veratmete einige Wellen auf dem Pezziball. Irgendwann bemerkte ich eine plötzliche Abneigung gegen körperliche Nähe und schob während einer Welle die Hand meines Mannes von meiner Schulter.
Eine Kinderärztin von der Neonatologie kam herein, um mit uns den Ablauf nach der Geburt zu besprechen und stellte Fragen wie, ob sie unserem Kind einen Schnuller geben dürfen. Ich fühlte mich von der Situation gestört, wollte in Ruhe meine Wellen veratmen und auf meinen Mann verweisen, aber sie bezog mich immer wieder in das Gespräch mit ein. Ich gab entnervte Antworten und sie verabschiedete sich recht bald wieder. Sagte, dass wir nach der Geburt nochmal sprechen können.
Es war gegen 12:30 Uhr, als die Hebamme wieder hereinkam und mich untersuchen wollte. Ich vergaß, ihr zu sagen, dass ich den Muttermundbefund nicht wissen wollte. Es waren 5 cm, weshalb ich davon ausging, dass es noch lange dauern könnte bis zur Geburt. Dass ich nur einen Zentimeter in ca. 3 Stunden geschafft hatte, störte mich nicht weiter. Ich hatte eine absolute innere Ruhe.
Die Hebamme schlug vor auf "A" zu tönen anstatt auf "O", weil das das Becken mehr weiten würde.
Ich wechselte in die Badewanne in einem kleinen, ruhigen Nebenraum und freute mich richtig über die Entspannung und das warme Wasser.
Kaum in der Wanne angekommen, wurden die Wellen sehr intensiv. Die Abstände verkürzten sich immer mehr und aus meinem "A" wurde schnell ein Schreien. Sämtliche Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich dachte an die Atmung, die ich eigentlich machen wollte, aber in dem Moment einfach nicht mehr konnte, weil ich so überwältigt von der plötzlichen Intensität war. Mir kam erstmals der Gedanke an ein Schmerzmittel. Auf einmal sprudelte ein Schwall Fruchtwasser aus mir heraus. "Die Fruchtblase ist geplatzt", sagte ich etwas atemlos und irgendwie ungläubig zu meinem Mann.
Ich gab ihm den Kopfhörer, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, nichts mehr nebenher hören zu wollen.
Als die Hebamme kam, kündigte sie einen Schichtwechsel an. Ich bat um ein Schmerzmittel. Sie brachte mir Paracetamol. In den wenigen Minuten, in denen sie weg war, änderte sich meine Meinung von "Paracetamol reicht erstmal und probiere ich" zu "Das ist zu wenig, das wird nicht funktionieren." Ich nahm trotzdem eine. Als sie weg war, hatte ich plötzlich nur noch ca. 30 Sekunden Pause zwischen den Wehen. "Ich muss hier raus", sagte ich zu meinem Mann und versuchte, aus der Wanne zu kommen. Er stützte mich, aber es gelang mir nicht. Die Wellen kamen so unaufhaltsam angerauscht und ließen mich immer wieder in die Knie gehen. Ich bildete mir ein, den Kopf zu spüren, redete mir aber gleichzeitig ein, dass das ja gar nicht sein kann, nachdem mein Muttermund vor nicht einmal anderthalb Stunden auf 5 cm war.
Kurz bevor wir Hilfe holen wollten, kam die neue Hebamme rein. Ich sagte ihr umgehend, dass ich aus der Wanne raus will und sie half mir sofort mit meinem Mann zusammen raus. "Ich untersuche dich gleich, aber vorher bitte einmal Pipi machen", sagte sie. Ich war maximal irritiert, was ich jetzt noch auf dem Klo soll. Es kamen mit Müh und Not zwei Tropfen und ich dachte, mir fällt gleich mein Kind in die Kloschüssel.
Als ich fertig war, überkam mich die nächste Welle und ich begann mit einem tiefen Schrei intuitiv nach unten zu schieben. "Noch nicht pressen", sagte die Hebamme und machte mir vor, wie ich statt pressen kräftig auspusten solle. Ich brauche JETZT eine PDA!" jammerte ich. "Alles klar, ich will dich erstmal untersuchen", entgegnete sie liebevoll und streichelte mir über die Schulter. Auf dem Kreißsaalbett untersuchte sie mich und sagte "Der Muttermund ist vollständig geöffnet. Du kannst bei der nächsten Wehe mitschieben." Ich war wenig überrascht über diese Info und gleichzeitig heilfroh, dass ich es bald geschafft hatte und endlich etwas tun konnte.
Gefühlt aus dem nichts strömten drei weitere Leute zu uns in den Kreißsaal. "Die anderen werden es sowieso nicht mehr rechtzeitig schaffen", sagte die Hebamme mit Blick auf den Muttermund. Mir waren die anderen Leute aber in dem Moment tatsächlich völlig egal, ich konzentrierte mich voll und ganz auf mich und die Hebamme. Wir waren vollkommen auf einer Wellenlänge.
Mein Mann setzte sich hinter mich auf das Kreißsaalbett. Ich sah mich auf einmal wie in einem Film.
Die nächste Welle kam und ich presste auf der Seite liegend lautstark mit. Ich konnte nicht anders als dabei laut zu sein. Die Hebamme leitete mich an, beim nächsten mal nicht zu schreien, sondern die Luft anzuhalten und kräftig mit rundem Rücken nach unten zu schieben. Ich konnte bei der nächsten Welle gut umsetzten, was sie mir sagte. "Bei der nächsten Wehe haben wir den Kopf", sagte sie. Ich konnte mir das kaum vorstellen, presste gefühlt gegen einen Widerstand.
Kurzzeitig bekam ich zwischen den Wellen eine leichte Schnappatmung, weil ich so überwältigt von dem intensiven Gefühl war. Die Hebamme half mir wieder in eine ruhigere Atmung.
Bei der nächsten Welle verspürte ich ein Brennen und hatte wieder das Gefühl, als würde der Kopf da niemals rauskommen. Die Welle hörte leider etwas zu früh auf und der Kopf blieb im Geburtsausgang stecken. Die Hebamme pustete meinen Damm. Es brannte, aber irgendwie störte mich das in dem Moment nicht weiter. Die nächste Welle kam und ich gab alles, spürte ein noch intensiveres Brennen, fürchtete noch ewig weiter pressen zu müssen.
Plötzlich kam mein Baby aus mir herausgeschossen. Es war 14:22 Uhr. Ich war fassungslos, überwältig, erleichtert... Worte können das Gefühl kaum beschreiben. Er wurde mir auf die Brust gelegt und schrie sofort. Mein Mann weinte Freudentränen. Unser Sohn war von oben bis unten voller Käseschmiere, aber topfit. Er öffnete kurz nach der Geburt schon seine Augen. Nicht mal eine Minute nach der Geburt, meinte die Hebamme, ich solle einmal versuchen, zu pressen für die Plazenta. Ich blickte sie irritiert an, da ich davon ausging, dass es immer eine Weile dauert bis zur Plazentageburt. Ich holte einmal Luft, um Kraft zu tanken, ohne zu wissen, wie ich jetzt nochmal pressen sollte. Aber beim Luft holen kam sie schon herausgeflutscht. "Lotusgeburt", lachte die Hebamme.
Nachdem die Nabelschnur auspulsiert war, durchtrennte sie mein Mann und mein Sohn wurde zur U1 von meiner Brust genommen. Er protestierte lautstark. Sie wollten so schnell wie möglich seine Sauerstoffsättigung messen. Die Sättigung war sofort auf 100% und er durfte noch 3 Stunden bei uns bleiben, bevor er auf die Neo verlegt wurde. Da ich so stolz auf mich war und so glücklich, das alles gut verlaufen war, kam ich in dem Moment damit klar.
Ich kann dennoch nicht schön reden, dass die darauffolgenden 9 Tage im Krankenhaus mehr als herausfordernd für uns waren und ich jeden Tag eine unendliche Sehnsucht danach hatte, mit meinem Baby endlich vereint zu sein und nach Hause zu dürfen. Ich bin aber sehr dankbar für die komplikationsfreie und gute Geburt. Sicher auch durch die intensive Vorbereitung mit der friedlichen Geburt. Das hat mich durch diese Zeit getragen. Unser Sohn ist heute 3,5 Monate alt, fit und gesund und ein absoluter Sonnenschein. :)