Erfahrungsbericht
von F.
Nachdem wir ganz überraschend in der Nacht vom 23.03. auf den 24.03. (bei 37+6) nach 8h Wehen bereits das erste Mal im Kreißsaal waren und mit einem geburtsunreifen Befund und fingerbreit geöffneten Muttermund wieder nach Hause geschickt wurden, hatte ich 3 Wochen lang deutlich spürbare und teilweise heftige Senkwehen, die ich insbesondere beim Spazierengehen leicht veratmen musste.
Ich habe dabei das Köpfchen so tief spüren können - als würden die Schädelknochen direkt auf meine unteren Beckenknochen drücken und ich habe mich täglich gefragt, wie die Fruchtblase diesem Druck noch Stand halten kann und habe fast täglich mit einer Zeichnungsblutung oder dem Schleimpfropf gerechnet.
Ab 39+0 habe ich dann auch versucht, mit Nelkenöltampons und Wehentee die Geburt in Gang zu bringen, weil die Wehen täglich da waren, doch das hat nichts gebracht. Meine Hebamme riet mir bei 40+0, nun mal zwei Tage Pause mit diesen Hausmitteln zu machen und einfach zu warten.
Bei 40+1 hatte ich abends ein ganz komisches und neues Gefühl im unteren Rücken/Steißbein und in den Oberschenkeln. Es fühlte sich an, als hätte ich mir einen Nerv eingeklemmt. Aber da ich schon oft gehört habe, dass manche Frauen Wehen erstmal nur wie Rückenschmerzen wahrnehmen, dachte ich da bereits kurz, ob es nun losgeht und habe den halben Abend wie so oft in den letzten Wochen abwechselnd im Vierfüßler auf das Sofa aufgestützt und auf dem Gymnastikball kreisend verbracht. Mit dem Schlafen gehen hörte das Gefühl allerdings auch wieder auf. L. ist in dieser Nacht sehr anhänglich und will am liebsten mit seinem Kopf auf meinem schlafen.
Am nächsten Morgen bei 40+2 war einfach nur alles unbequem - es zwickte und zwackte bei jeder Bewegung und ich hoffte einfach nur, dass es nun wirklich bald losgeht. Nachdem ich L. zu Fuß bei der Kita abgegeben habe, hab ich mich total schlapp und kraftlos gefühlt, was sehr untypisch war. Ich lag einfach nur den Vormittag auf dem Sofa und habe Serie geschaut und auch da wieder daran gedacht, dass bei manchen der Körper doch vor der Geburt eine Pause einfordert und sich viele sehr müde fühlen. Also habe ich einfach nur entspannt und abgewartet.
Gegen Mittag ging es wieder besser, ich habe eine Hypnose zur Verabschiedung von der Schwangerschaft gemacht und bin eine große Runde spazieren gegangen. Mein Vater kommt mit L. von der Kita nach Hause und hat Kuchen dabei. Ich habe kaum Appetit und spüre ab 17 Uhr plötzlich Wehen, die sich nochmal deutlich anders anfühlen als die bisherigen Senk- und Vorwehen. Sie ziehen sehr deutlich vorne im Bauch und kommen und gehen wie richtige Wellen.
Ohne sie zu tracken, spüre ich, dass sie ca. 1min bleiben und unregelmäßig alle 10-15min kommen. Ich will nicht, dass mein Vater etwas davon mitbekommt, damit er nicht gleich ganz aufgeregt ist und am Ende ist es doch nur ein Fehlalarm. Ich tigere also durch die Wohnung und veratme in unterschiedlichen Zimmern vorn über gebeugt im Stand die Wehen. Sprechen kann ich während der Wehe nicht mehr. Irgendwann schlage ich L. vor, dass er doch baden könnte heute Abend, weil ich mir dachte, dass ich dann mit reinkann und so direkt den Wehen-Test in der Badewanne machen kann.
Also machen wir die Badewanne fertig, verabschieden gegen 17.45 Uhr meinen Vater und gehen um 18 Uhr baden. In der Badewanne habe ich wieder 2-3 ordentliche Wehen und rufe meinen Mann. Ich will aus der Badewanne raus und nicht die Verantwortung für meinen Sohn in der Wanne tragen. Also wechseln wir uns ab und besprechen, dass ich nun ein paar Wehen tracken soll, damit wir abschätzen können, wie wir weitermachen. Die Wehen kommen zu dem Zeitpunkt regelmäßig im 6min Abstand und um 18.30 Uhr rufen wir meine Schwiegereltern an, damit sie L. für die Nacht abholen.
In den Wehenpausen geht es mir ganz normal gut und ich kann mit L. zusammen noch Spielsachen in seine Übernachtungstasche packen und ihn auch normal verabschieden. Meine Schwiegermutter schaut mich an der Tür etwas verwundert an, weil ich so entspannt da sitze und fragt mich, ob ich meine, dass wir dieses Mal da bleiben können. Aber mir ist da schon klar, dass die Wehen so doll sind, dass das nun wirklich die Geburt sein muss. Die tiefe Bauchatmung von „Die friedliche Geburt“ funktioniert sehr gut für mich und ich erinnere mich immer wieder daran, die Hände, den Kiefer und die Zunge entspannt zu lassen.
Kaum ist L. um 19 Uhr weg, klebt mein Mann mir die Aufkleber vom Tens-Gerät an und wir versuchen, uns noch etwas mit Fernsehen abzulenken. Denn durch die vielen Wehen der letzten Wochen wissen wir ja nicht, wie lange es nun dauern wird. Allerdings verringert sich der Wehenabstand nun von Wehe zu Wehe und die Wehen werden auch immer intensiver.
Um 20.17 Uhr bei einem Abstand von 3min ruft mein Mann im Kreißsaal an und wir machen uns fertig für die Abfahrt. Ich gehe nochmal auf Toilette und putze meine Zähne. Die Wehen kommen inzwischen ca. alle 90 Sekunden und jede Tätigkeit muss ich immer wieder zum Veratmen unterbrechen. Um 20.40 Uhr kommen wir auf dem Storchenparkplatz an und auch hier wieder das gleiche: Zwischen Aussteigen und Erreichen des Eingangs eine Wehe, im Fahrstuhl eine Wehe, auf dem Weg auf die Station eine Wehe, bei der Anmeldung zwei bis drei Wehen.
Die uns begrüßende Hebamme wirkt sehr nett und ich bin erleichtert, dass sie uns begleiten wird. Sie fragt erst, ob ein Aufnahmezimmer frei ist - Gott sei Dank nicht und wir dürfen direkt in den Kreißsaal. Es ist inzwischen dunkel draußen und im Kreißsaal sorgt eine Salzkristalllampe für ein gemütliches Licht. Die Hebamme fragt mich, ob meine erste Geburt schnell ging, was ich bejahe. Dann will sie aber erstmal noch 30min lang ein CTG schreiben. Zum Glück gibt es ein kabelloses CTG-Gerät und wir schaffen es irgendwie, den CTG-Schlauch anzuziehen. Ich probiere erst kurz, auf dem Gymnastikball zu sitzen, der aber leider viel zu schwach aufgepumpt und dadurch zu klein für mich ist.
Das CTG kann darauf auch direkt nichts mehr ableiten, also stelle ich mich wieder hin und muss mich bei der nächsten Wehe mit dem Oberkörper auf dem noch mit Folie abgedeckten Kreißsaalbett abstützen. Auch hier kommen die Wehen jede Minute und mit einer Wucht, bei der ich weder sprechen noch anderweitig kommunizieren kann. Die Hebamme kündigt an, dass sich gleich der heute Nacht diensthabende Arzt bei uns vorstellen will und lässt uns erstmal alleine. Ich benutze die Boost-Funktion vom Tens-Gerät bei jeder Wehe und habe ab Beginn des CTGs einen Kopfhörer drin und die Geburtshypnose von „Die friedliche Geburt“ auf den Ohren.
In einer richtigen Hypnose befinde ich mich zwar nicht, aber Kristins Stimme beruhigt mich und bringt mich immer wieder zurück in eine Entspannung. Ich bin froh über jede Wehenpause, aber merke nach wenigen Wehen, dass ich am Ende des Ausatmens leicht pressen muss. Ich informiere meinen Mann und er holt die Hebamme. Sie guckt sich das bei den nächsten ein oder zwei Wehen an. Kurz vor einer der Wehen kommt kurz eine Angst in mir hoch wie, heftig sie dieses Mal wird und mir rutscht ein kleines „Hilfe“ raus - da wird mir klar, dass ich gerade in der Übergangsphase bin.
Die Hebamme weist meinen Mann an, mir in der nächsten Wehenpause zu helfen, meine Schuhe und Hose auszuziehen. Als er mir die Hose runterzieht, sehe ich einen dicken Klecks Blut auf meiner Vorlage und denke mir noch „Da ist ja die lange erwartete Zeichnungsblutung“. In dem Moment kommt der Arzt rein und stellt sich vor, ich bin schon wieder in der nächsten Wehe und höre ihn fragen „Befinden wir uns etwa schon in der Austrittsphase?“. Der Arzt erklärt mir, dass er mir dringend rät, einen Zugang zu legen, auch wenn ich im Geburtsplan geschrieben habe, dass ich keinen präventiven Zugang möchte, weil das zur Nachversorgung nach der Geburt vorteilhaft für mich wäre (es geht um die Oxitocingabe zur Plazentageburt und Rückbildung).
Es ist mir dann auch relativ egal, weil ich nur keinen Zugang wollte, damit nicht in das Geburtsgeschehen vorschnell eingegriffen wird, aber da ich mich ja bereits mitten unter der Geburt befinde, habe ich davor keine Angst mehr. Der Arzt versucht, mir den Zugang zu legen, aber zwischen den Wehen bleibt gar keine Zeit dafür. Die Hebamme sagt, dass sie ihren Geburtstisch (oder so ähnlich) braucht und sagt mir, dass sie gucken will, wie weit ich bin.
Dann nimmt sie endlich die Folie vom Bett und ich darf draufklettern. Auch hier bleibe ich im Vierfüßler auf dem aufgestellten Rückenteil aufgestützt. Sie fragt mich, ob ich mir vorstellen kann, mich für die Untersuchung kurz in Rückenlage zu begeben, was ich verneine und mir nur denke: „Müsst ihr nicht sehen, dass der Kopf gleich kommt? Was soll denn da noch untersucht werden?“. Ich spüre bei jeder Wehe den starken Pressdrang und spüre, wie das Köpfchen von unserem Schatz immer tiefer rutscht und kann gar nicht glauben, dass dieses Kind wirklich schon JETZT kommen wird.
Obwohl ich etwas Angst vor dem aktiven Mitschieben habe, sage ich mir, dass wir das jetzt machen und gebe mich dem ganz hin ohne mich innerlich zu wehren, so wie ich es in „Die friedliche Geburt“ gelernt habe. Ich spüre ganz bewusst, wie der Kopf sich durch mein Becken bewegt und die Hebamme sagt mir, dass ich versuchen kann, einen Fuß aufzustellen, um mehr Platz zu schaffen. Das mache ich dann auch und merke, dass der Kopf kurz vor dem Austritt immer ein paar mal vor und zurück rutscht. Dabei platzt um 21.25 Uhr die Fruchtblase.
Es kommt nur wenig Fruchtwasser raus, laut Hebamme handelt es sich dabei um eine Vorblase. Es tut gar nicht weh, der Druck ist nur extrem intensiv. Dann ploppt endlich der Kopf raus und ich kann mein Glück gar nicht fassen, dass es so schnell und einfach ging. Nun sind die Wehen plötzlich nahezu weg, ich warte auf die nächste und spüre aber das richtige Aufbäumen nicht mehr. Die Hebamme fragt, ob ich eine Wehe spüre und sagt, dass ich das gut mache und ihn runter atmen soll. Das mache ich dann auch und dann rutscht er im Ganzen mit einer Menge Fruchtwasser raus und liegt zwischen meinen Beinen. Ich nehme ihn hoch und lege ihn mir auf die Brust, er ist ganz blau, schreit aber direkt.
Es ist 21.28 Uhr - 30min nach Betreten des Kreißsaals ist unser M. geboren. Es gab nicht eine einzige Muttermundkontrolle und ich bin so stolz, alles alleine geschafft zu haben. Wir kuscheln im Bett, ich bekomme Oxitocin mit einer Spritze statt Zugang (der hat ja nicht mehr geklappt) direkt gespritzt und um 21.40 Uhr wird die Plazenta vollständig geboren. Wir bewundern M. auf meiner Brust und schauen uns immer wieder glücklich an. Immer wieder sage ich „Gott sei Dank ist er da und es ging so schnell und gut“, ich bin überglücklich.