Zwillingsgeburtsbericht
Für meinen Geburtsbericht muss ich ein bisschen weiter ausholen und wie so oft ist der Fakt, wie die Schwangerschaft verläuft, ja auch maßgeblich für das Geschehen einer Geburt. Es war meine zweite Schwangerschaft nach einer wundervollen relativ schnellen Hausgeburt meines 3 Jahre alten Sohnes. Allerdings war es eine Zwillingsschwangerschaft, die natürlich entstanden ist. In Österreich liegt die Gesetzeslage so, dass Zwillingsgeburten und Steißlagen nur im Krankenhaus geboren werden dürfen, und die Kaiserschnittrate bei Zwillingen liegt bei 80% (in Deutschland ist sie übrigens bei 50%).
Als ich in der 31. Schwangerschaftswoche bei meiner Gynäkologin war, hatte sie per Ultraschall festgestellt, dass der führende Zwilling (der, der als erster geboren wird) in Steißlage lag. Sie teilte mir auch voller Wehmut mit, dass es in Österreich höchstwarscheinlich kein Krankenhaus gäbe, das diese Geburt mit den Kindspositionen natürlich begleiten würde. Dafür müsste ich entweder in die Schweiz oder nach Deutschland, was zur Zeit der Lockdowns total undenkbar war.
Ich war am Boden zerstört, denn der Traum einer natürlichen Geburt schien weit in die Ferne gerückt. Zwei Wochen später wurde der Termin zum geplanten Kaiserschnitt im nächstgelegenen Krankenhaus auf den 12. März festgelegt. Aber auch, wenn ich einen Kloß im Hals hatte, ich wollte nicht aufgeben. Ich machte fast täglich die mentale Übung, damit das Baby sich dreht. Ich habe mich, weiss ich nicht wie oft, in die Stellung der indischen Brücke gelegt oder einfach das Becken hochgelagert. Wir haben alles versucht mit Taschenlampe, mit Glöckchen, mit zureden, zwei gute Freunde von mir haben sich sogar auf dem Boden gelegt und versucht vorzumachen wie sich das Baby zu drehen hätte. Wir haben Tränen gelacht. Ich habe eine Therapeutin besucht, die mit mir an meinen Ängsten bezüglich Krankenhaus und Familiengeschichte gearbeitet hat.
Nichts. Nach einem Monat (34. SSW) war ich wieder bei meiner Gynäkologin und es hatte sich nichts getan. Sie sagte mir, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby sich noch drehe, ziemlich gering sei, aber noch möglich. Ihre eigene Tochter habe sich ja bis zur Geburt wöchentlich einmal gedreht. Allerdings würde ich dies auf jeden Fall merken, es könne auch sein, dass es gleich die Geburt auslöst. Da meine erste Geburt so schnell verlaufen war (4.5h ab der ersten Welle) und der Weg zum Krankenhaus 1h beträgt, habe ich sie gefragt, was ich denn tun sollte, falls es zu schnell gehe. Sie hat darauf geantwortet, ich solle mich in den Vierfüsslerstand begeben und ja nicht pressen.
Eine Woche später spürte ich deutlich, dass sich da was dreht. Ich fuhr also wieder zum Ultraschall und das Ergebnis: Auch das zweite Baby lag jetzt in Steißlage. Der Kaiserschnitt schien unumgänglich. Es gibt zwar in Wien ein Krankenhaus, das Steißlagen begleitet, doch auch da war es ausgeschlossen, dass wir während des Lockdowns für die Zeit eine Unterkunft finden würden und 4h Fahrt ist definitiv zu viel.
Ich versuchte zwar immer noch alles, damit sich die Babies drehen, aber meine Hoffnung war ziemlich bei null und ich fragte mich zusehends, ob die Beiden nicht einfach so sein wollten. Die Hypnose zur Vorbereitung auf einen Kaiserschnitt löste in mir jedes mal Brechreiz aus, auch weil ich nicht verstehen konnte, warum ich wegen fehlender Kompetenz (und Unwillen für Weiterbildung, also wieder einmal die Kostenfrage) von Seiten der Ärzte zu einem Kaiserschnitt gezwungen werden sollte. Es ging einfach nicht. Ich machte also vor allem das Mentaltraining für eine Traumgeburt, die ich mir als natürliche Geburt vorstellte. Ausserdem hatte ich seit dem Anfang der mentalen Geburtsvorbereitung meinen Babies gesagt, dass sie gerne ab dem 4. März kommen dürfen, da sie ab dann nicht mehr als Frühgeburten galten (SSW 37+1).
Am 3.3.21 um 23.30 Uhr, kurz nachdem ich mich hingelegt hatte, spürte ich einen kleinen Tritt im Beckenbereich und dann wie nach einem „Ups! Ich glaube, da habe ich was angestellt“ war Stille. Ich merkte, wie es zu fließen begann. Da hat jemand meine oder besser ihre Fruchtblase aufgetreten. Mein großer Sohn ist dann auch aufgewacht und sagte ganz entsetzt: „Mamma Pipi!!!“ Wir mussten lachen, aber danach musste ich mich erstmals sammeln. Vor meinem inneren Auge liefen Filme: Spital, Kaiserschnitt, Rettung rufen…
Ich machte die Audioaufnahme der Hypnose zur Geburt an und mein Partner setzte einen Anker. Ich weiß nicht, wie lange ich da gelegen bin, aber dann kam die erste Welle und überrollte mich. Es ließ sich nicht zusammen vereinbaren. Die sanfte Stimme, die ich in der Schwangerschaft so geliebt und genossen habe, passte nicht zu dieser Urkraft, dieser Rohheit, diesem tosenden Sturm. Ich konnte auch nicht liegenbleiben, wie mir von allen Seiten geraten worden war, ich bäumte mich auf.
Nach der Welle kam ich zu mir und murmelte: „Wir müssen ins Krankenhaus“. Ich musste aufs Klo. Wie machen das die Frauen, die wegen der Position des Babies nach einem Blasensprung liegenbleiben sollten, wenn sie auf Toilette müssen??? Ich ging natürlich aufs Klo. Ich spürte, wie die beiden sich bewegten, es war also alles gut. Danach hatte sich die Frage nach dem Krankenwagen auch erledigt, wir fuhren also mit unserem Auto. Rechnerisch gesehen, ist das sogar kürzer, da der Krankenwagen eine halbe Stunde braucht, um zu uns zu kommen.
Mein Sohn war hellwach und wir mussten große Überzeugungsarbeit leisten, dass er bei meiner Schwester blieb, die für die Geburt hergefahren war. Die Wellen kamen unregelmässig und waren aber immer noch gleich heftig.
Im Auto ging ich zuerst auf die Rückbank, damit ich mich in den Wellenpausen eventuell hinlegen könnte. Kaum saßen wir im Auto, ging es erst richtig los – ich hatte eigentlich keine Pausen zwischen den Wellen. Unser Weg ist im ersten Kilometer eine Schotterstrasse! Danach beschloss ich auf den Beifahrersitz zu gehen und die Stullehne so weit wie möglich nach unten zu stellen. So konnte ich mit meinen Händen die Bodenunebenheiten, so gut es ging, abfedern. Ich sagte andauernd meinem Partner, er solle weniger schnell fahren und jede Unebenheit des Belags, ja wahrscheinlich jedes einzelne Steinchen, war unerträglich. Nach den ersten 6km verlängerte sich der Abstand der Wellen auf ungefähr alle 3-5 Minuten. Für die Hälfte der Strecke brauchten wir eine Stunde, also doppelt so lange und dann wusste ich, dass ich in der Übergangsphase war. Ich informierte meinen Partner, dass ich glaube, dass die Presswehen bald losgehen würden und ließ ihn anhalten, damit ich mich rückwärts auf den Sitz knien konnte (möglichst in einen Vierfüsslerstand). Wir wollten noch so lange wie möglich fahren.
Die Übergangsphase war eine Pause für mich, erleichternd, da die Wellen weniger stark waren. In meinem Kopf drehte wenn, dann nur ein Satz: „Wenn es so schnell geht, geht eigentlich immer alles gut!“ Es war der Satz, den mir meine Hebamme für meine erste Geburt gesagt hatte, als ich sie gefragt habe, was denn sei, wenn sie nicht rechtzeitig bei mir sein könne.
Im nächsten Dorf 10 Minuten später ließ ich meinen Partner anhalten und die Rettung rufen. Die Presswellen waren da. Ich hörte ihn wie von ganz weit weg mit der Rettung reden. „Ja Hallo, Ich rufe an wegen einer Geburt, wir sind im Auto (Ortsangabe)…“ … „versuchen Sie Ruhe zu bewahren…“ „es ist eine Zwillingsgeburt und beim letzten Ultraschall waren beide in Steißlage…“ „- ja – bleiben Sie ruhig! Und bleiben Sie so lange am Apparat, bis die Rettung bei Ihnen ist…“ Mein Partner sagt immer, die Frau am Telefon war nervöser, als er selbst. Die Presswellen waren direkt erträglich, aber wie bitteschön soll man nicht pressen? Der ganze Körper befindet sich in einem tierischen Urzustand, verselbständigt sich und will die Kinder rausbefördern. Ich versuchte, so gut es ging, nicht zu pressen, das heißt, ich versuchte, möglichst meinen Körper das machen zu lassen, was er machte, ohne ihn jedoch dabei aktiv zu unterstützen. Ich kniete immer noch auf dem Vordersitz und stützte mich mit den Händen, so gut es ging, auf der Rückbank ab. Dann sah ich die ersten Blaulichter.
8 Minuten später war der Firstresponder (Freiwilliger Nothelfer, der in der Nähe wohnt) da, pünktlich zur Geburt des ersten Babys um 2.16 Uhr. Er kam mit dem Kopf voran! Der kleine Akrobat hatte sich also während der Geburt nochmals gedreht? Wir können es uns nicht anders erklären, wahrscheinlich in den ersten Kilometern unserer Autofahrt. Da lag er nun, eingewickelt in den Armen seines glücklichen Vaters hinter dem Steuer. Die Geburt ging aber ohne Übergang gleich weiter und da kamen auch schon die beiden Rettungswagen.
5 Minuten später kam dann auch unsere kleine Akrobatin, wahrscheinlich in einer reinen Fußlage auf die Welt (2.21 Uhr). Als der Notarzt bei uns war, schauten jedenfalls schon die Füßchen und Beine raus. Sie wurde von ihm aufgefangen und eingewickelt zum ersten Baby gelegt. Danach hat mein Partner die Nabelschnüre durchtrennt und es ging ab ins Krankenhaus.
Während der Fahrt löste sich die Plazenta und kam raus, als ich vom Krankenwagenbett auf das Krankenhausbett wechselte. Ich rede von einer Plazenta, weil die beiden Plazenten in der Schwangerschaft zusammengewachsen sind. Die beiden Akrobaten kamen erstmal unter die Wärmelampe und ich musste ein bisschen genäht werden. Eine Stunde nach der Geburt durften die Babies endlich zu mir in meine Arme kommen. 12h später verließen wir Drei gesund und glücklich das Spital, auch da die Besuchszeit meines Partners wegen Corona auf 2h täglich beschränkt war.
Es war eine Traumgeburt für mich, auch wenn das vielleicht abstrakt tönt. Ich habe meine natürliche Zwillingsgeburt erleben dürfen und hatte nicht einen Moment Angst oder Bedenken währenddessen. Ich war in einem hypnotischen Zustand, in den aber mein Körper mich selbst versetzt hat. Die Kinder sind genau an dem Datum geboren, das ich meinen Kindern mitgeteilt habe. Der Junge hat sich sogar noch gedreht und ich habe mich definitiv intensiv und tief mit meinen Ängsten befasst.
Vieles war nur möglich durch die intensive und tiefe Arbeit mit deinem Online-Kurs und deinen Hypnosen, dafür danke ich dir und deinem Team von ganzem Herzen!