Liebe Kristin,
vor genau einem halben Jahr ist mein Sohn L. auf die Welt gekommen. Für mich nun der perfekte Anlass, um endlich meinen Geburtsbericht niederzuschreiben und die Geburt noch einmal Revue passieren zu lassen. Es war eine natürliche Beckenendlagengeburt als Erstgebärende. Vorbereitet habe ich mich insbesondere mit deinem Kurs, vielen positiven Geburtsberichten und einer zuckerfreien Ernährung ab der 34. SSW.
Wir hatten eine besondere, aber gleichzeitig wunderschöne und friedliche Geburt – um nicht zu sagen eine „Traumgeburt“. Und ich bin stark der Meinung, dass es nur so ist, weil ich deinen Kurs gemacht habe und ich anderenfalls einen Kaiserschnitt gehabt hätte. Aber nun noch einmal von Anfang an.
Meine Schwangerschaft verlief wunderbar und beschwerdefrei. Ich hatte fast keine Symptome und konnte problemlos weiterhin arbeiten gehen, Sport machen, wandern etc. Dank deines Kurses konnte ich mich immer entspannen und besinnen, wie dankbar ich dafür bin, ein neues Leben zu erschaffen. Ich kümmerte mich frühzeitig, um einen Platz im Hebammenkreißsaal in der nahegelegenen Klinik zu ergattern.
Gegen Ende der Schwangerschaft freute ich mich sehr auf meinen Mutterschutz, um endlich die Zeit zu haben, die Hypnosen intensiv zu üben und mich auf die Geburt vorzubereiten. Es war so ein schönes Ritual, jeden Morgen nach dem Aufstehen erst einmal an meinen Kraftort und “in meine Gebärmutter“ abzutauchen.
Zu diesem Zeitpunkt lag mein Baby schon einige Zeit in Beckenendlage. Ich hatte allerdings (sicherlich aufgrund deines Kurses) ein ganz tiefes Vertrauen, dass unsere Geburt gut werden wird – und dass sich mein Sohn noch in die „richtige“ Startposition drehen wird – schließlich drehen sich ja wohl „fast alle“ Kinder noch „richtig herum“.
Als dann jedoch weitere Frauenarztbesuche verstrichen, in denen immer wieder ein dickes „BEL“ in meinen Mutterpass geschrieben wurde, wurde auch meine Frauenärztin langsam unruhig und meinte, dass ich nun langsam Vorkehrungen treffen soll. Sie riet mir zu verschiedenen Übungen, Tricks mit Taschenlampe oder Glocke. Sehr engagiert kam ich dem nach und war mir immer noch sicher, dass sich Baby noch drehen wird. Jede Woche checkte ich auf diversen Webseiten die Höhe der Wahrscheinlichkeit, dass sich Baby noch drehen wird. Ich war mir immer noch sicher, dass wir nicht zu den verbleibenden 3% gehören würden, bei denen das Baby bis zur Geburt in BEL liegen bleibt. Jeden Tag versuchte ich, in mich hinein zu spüren und auch zu ertasten, wie rum Baby liegt. Ich begann auch mit deiner Hypnose zur Beckenendlage. Außerdem stand der letzte längere Besuch in der Heimat an. Ich war mir sicher, wenn diese letzte To-Do erledigt ist, bin ich endlich bereit für die Geburt und das wird dazu führen, dass Baby sich dreht.
Der nächste Frauenarztbesuch stand bevor. Meine Frauenärztin berichtete, dass sich bei einer anderen Schwangeren das Baby während der Ultraschalluntersuchung gedreht hatte. Ich war zuversichtlich. Wenn sich Baby noch nicht gedreht hat, dann vielleicht jetzt gleich? Die Spannung stieg. Mit Abtasten versuchte es meine Frauenärztin gar nicht mehr – sie hatte sich schon das ein oder andere Mal geirrt. Also direkt zum Ultraschall. Schallkopf aufgelegt. „Er sitzt wie ein Buddha. Wenn Sie mich fragen – von selbst wird er sich nicht mehr drehen.“ Ich geriet in eine Art Schockstarre. Was heißt das jetzt?
Meine Frauenärztin hat selbst zwei Kinder – beide Beckenendlagen. Kind Nr.1 musste per Kaiserschnitt zur Welt kommen. Äußere Wendung war erfolglos. Bei Kind Nr.2 ergriff sie alternative Methoden. Sie ging zu einer Hypnotiseurin. Nach zwei Sessions drehte sich ihre Tochter tatsächlich noch und sie konnte natürlich entbinden. Da sie sich gut in meine Traurigkeit über einen eventuellen Kaiserschnitt hineinversetzen konnte, empfahl sie mir, zu dieser Hypnotiseurin zu gehen. Die einzige Alternative die sonst noch bleibt, um dem Kaiserschnitt zu entgehen, ist die äußere Wendung.
Da ich durch deinen Kurs dem Thema Hypnose sehr offen gegenüberstand, machte ich einen Termin bei der Hypnotiseurin und steckte meine ganz Hoffnung in diesen Termin. Ich freute mich und war zuversichtlich, dass es klappen wird. Die Hypnotiseurin, die gleichzeitig Hebamme war, war nett und machte ein ausführliches Vorgespräch mit mir. Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass ihr Mann der Leiter der Geburtshilfe in der Klinik ist, in der ich gerne entbinden wollte. Es kam mir so vor, als würde sich der Kreis hier schließen. Ich hatte ein gutes Gefühl. Wir sprachen auch darüber, was ich tun würde, wenn die Drehung durch die Hypnose nicht klappt – sie riet mir zur äußeren Wendung. Auch sie hatte eine erfolgreiche äußere Wendung hinter sich und sagte mir, dass es doch die bessere Alternative sei als ein Kaiserschnitt. Ich stand diesem Thema kritisch gegenüber, da ich der Meinung war, dass es dann vielleicht einfach „so sein soll“ und eine äußere Wendung ein Eingriff in diese natürliche Gegebenheit ist.
Sie führte dann die Hypnose mit mir durch. Es war im Endeffekt wie eine von dir geleitete Hypnose bzw. Entspannungsübung – Bodyscan, Runterzählen, im Entspannungszustand mit dem Baby kommunizieren – sagen, dass man bereit ist, es sich nun ruhig drehen kann, etc. Ich hatte nicht wirklich das Gefühl, „hypnotisiert“ zu sein. Meinem Gefühl nach zu urteilen, ging es nicht mal „so tief“, wie die Hypnosen von dir, die ich sonst tagtäglich machte – sicherlich, weil ich diese schon so oft geübt hatte. Dass sich Baby während der Session nicht drehen würde, war relativ wahrscheinlich, sagte die Hypnotiseurin. Ich setzte meine ganze Hoffnung in die folgende Nacht…
Noch ein paar Tage vergingen, bis der nächste Frauenarztbesuch anstand. Ich las in immer mehr Foren nach, ob man es wohl spürte, wenn sich das Kind im Mutterleib dreht? Ich zumindest hatte nichts gespürt. Mir war nun auch bewusst, dass uns nicht mehr allzu viel Zeit bleibt und die Wahrscheinlichkeit für eine spontane Drehung langsam gegen null geht.
Auch der nächste Frauenarztbesuch ergab „Beckenendlage“. Nun wurde es langsam ernst. Ich erhielt eine Überweisung in die Klinik. „Gespräch Beckenendlage“. Somit machte ich mich in den Folgetagen auf zu meinem Termin zur Gynäkologischen Ambulanz ins Krankenhaus – allein. Mein Mann musste leider arbeiten.
Was erwartete ich von dem Termin? Insgeheim hoffte ich, dass sich mein Sohn innerhalb der letzten Stunden gedreht hatte… wie oft hatte ich gelesen, dass genau zu diesem Termin das Baby plötzlich „richtig herum“ lag. Falls nicht, so wurde ich nun doch langsam offen für das Thema „Äußere Wendung“. Auch mit dem Gedanken „Natürliche Entbindung in BEL“ wurde ich langsam offen, wo ich doch dieses Thema vor ein paar Wochen noch mit „so etwas mache ich sicher nicht“ und als riskant abgestempelt hatte.
Und wie war der Termin? Schrecklich. Die Ärztin war weder empathisch noch verständnisvoll. Sie meinte, für eine äußere Wendung sei das Kind zu zierlich, wahrscheinlich hat es auch die Nabelschnur um den Hals und eine Vorderwandplazenta habe ich auch noch. Es gibt nur eine Option: Kaiserschnitt. Sie schaute in ihren Kalender und legte innerhalb weniger Sekunden den Geburtstermin für meinen Sohn fest. Meine Frage, ob man nicht auf das Einsetzen der Wehen warten könnte oder wenigstens etwas näher an den errechneten Geburtstermin gehen könnte, verneinte sie.
So verließ ich die Klinik mit drei Terminen in der Hand – Vorbesprechung Kaiserschnitt, Covidtest am Tag vor dem Kaiserschnitt und Termin für den Kaiserschnitt. Außerdem Aufklärungsbogen Kaiserschnitt – bitte alles durchlesen, unterschreiben und zum Aufklärungstermin mitbringen. Vor der Klinik rief ich meinen Mann an und brach in Tränen aus. Ich heulte wie ein Schlosshund.
Mit dem Thema Kaiserschnitt hatte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt rein gar nicht beschäftigt. Es war für mich schlichtweg keine Option gewesen. Ich hatte mich doch so auf die natürliche Geburt gefreut. Ich war doch so gut vorbereitet. Ich wusste genau, was ich wollte – so wenig Interventionen wie möglich. Hebammenkreißsaal. Keine Ärzte. Mein Sohn sucht sich seinen Geburtstag selbst aus, ist bereit. Wehen spüren. Mich hingeben. Stolz auf meinen Körper sein, dass er so etwas Heroisches leistet. Nabelschnur auspulsieren lassen. Sofort auf Mamas Brust. Direkt Stillen. Bonding. Und nun sollte es ganz anders kommen? Das komplette Gegenteil von dem, was ich mir vorstellte?
Ich weinte. Seit diesem Moment weinte ich sehr viel.
Nachdem ich am Abend endlich mit meinem Mann sprechen konnte und die folgenden Stunden und Tage allmählich wieder klarere Gedanken fassen konnte, versuchte ich, die Lage zu sondieren. Die Alternativen waren:
1. Geplanten Kaiserschnitttermin wahrnehmen
2. Termin in anderer Klinik machen, um das Thema „Natürliche Geburt in Beckenendlage“ zu besprechen.
Mein Mann ließ mich entscheiden. Er würde hinter mir stehen, egal, welche Entscheidung ich treffe. Dafür war ich ihm sehr dankbar. Trotzdem ließ er mich wissen, dass er die „sicherere Variante“ präferierte. Ich würde natürlich auch die sicherere Variante präferieren, aber ganz ehrlich: Was von beiden ist im Endeffekt denn wirklich sicherer für mich und das Baby?
Ich entschied mich, zweigleisig zu fahren. Ich machte einen Termin in einer auf natürliche Beckenendlagenentbindungen spezialisierte Klinik, ca. eine dreiviertel Stunde entfernt von uns und entschied mich, mich gleichzeitig dem Thema Kaiserschnitt gegenüber öffnen zu müssen. Dass es nicht einfach war, in dieser Klinik so kurzfristig noch einen Termin zur Beckenendlagensprechstunde zu bekommen, muss ich wohl hier nicht erwähnen. Aber ich bekam ihn. Für die 38. SSW. Nun hoffte ich nur, dass mein Sohn sich nicht verfrüht auf den Weg machen wollte und ich den Termin wahrnehmen könnte.
In den nächsten Tagen informierte ich mich tiefgründig über die beiden Themen „Natürliche Beckenendlagengeburt“ und „Kaiserschnitt“. So langsam kam es mir nicht mehr allzu „absurd“ vor, dass ein Baby auch mit dem Po voran auf natürliche Weise zur Welt kommen kann. Auch zum Kaiserschnitt habe ich mich viel belesen, um herauszufinden, wie man das Ganze so sanft wie möglich für Mama und Baby gestalten kann. Außerdem hörte ich nun jeden Morgen die Hypnose für den Kaiserschnitt, um mich mehr und mehr damit anzufreunden. Bei der Vorstellung, wie ich auf dem OP-Tisch liege, weinte ich jedes Mal. Jeden Morgen. Mein Ziel war es, nicht mehr zu weinen und so positive Gefühle wie möglich mit dem Ereignis zu verbinden, wenn es soweit sein sollte.
Es wurde von Tag zu Tag besser. So langsam verspürte ich Dankbarkeit dafür, dass ich gezwungen war, mich mit dem Thema „Kaiserschnitt“ auseinanderzusetzen, bevor es unvorhergesehen passiert wäre. Ich hätte einen ungeplanten Kaiserschnitt wohl nur sehr schwer verarbeiten können. Gleichzeitig, je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigte, merkte ich, wie gut ich mir so langsam eine natürliche Beckenendlagengeburt vorstellen konnte. Als ich dann gelesen und gehört habe, dass Beckenendlagengeburten häufig sehr interventionsarm sind, um den natürlichen Prozess nicht zu stören, war ich überzeugt – wenn ich das Okay bekommen sollte, würde ich es „wagen“. Ich las und hörte positive Geburtsberichte und freute mich so langsam, dass mein Baby solch einen besonderen Weg gehen wollte. Was allerdings noch ausstand, war das Beratungsgespräch zur Beckenendlagengeburt in der Klinik. Ich bereitete mich mit den Hypnosen zur Geburt und zum Kaiserschnitt weiterhin zweigleisig vor, um vorbereitet zu sein – egal, welches Szenario eintritt.
In der Woche vor meinem Termin im Krankenhaus lief mir unsere neue Nachbarin im Haus über den Weg. Anders als alle anderen fragte sie nicht, „Was es wird – Junge oder Mädchen?“, sondern, ob das Baby denn schon mit dem Kopf nach unten liegt. Die Frage traf mich direkt wie ein Schlag und ich musste sie leider verneinen. Daraufhin erzählte sie mir, dass ihre Tochter vor drei Jahren auch natürlich in Beckenendlage zur Welt kam – in jener Klinik, in der ich bald den Termin hatte. Ich hielt diese Begegnung für ein Zeichen des Himmels und verabredete mich für das Wochenende mit ihr, um mir alles über die Geburt erzählen zu lassen. Sie hatte eine tolle Geburt und bestärkte mich in meinem Vorhaben, wenn ich fühle, dass es so richtig ist.
Als der Tag des Termins im Krankenhaus gekommen war, freute ich mich unglaublich, dass unser Sohn noch so lang abwarten konnte. An diesem Tag sollte sich entscheiden, ob in der Folgewoche der Kaiserschnitt stattfinden wird oder nicht. Mein Mann nahm sich frei für diesen Tag und begleitete mich. Als wir bei der Klinik ankamen, parkten und zum Eingang liefen, fühlte es sich an, als wären wir in einer Hotelanlage und nicht in einem Krankenhaus. Alles war so hell gestaltet, so organisiert und das Personal war sehr freundlich. Ich hatte sofort ein gutes Gefühl.
Zu unserem Termin empfing uns eine sehr nette und empathische Ärztin. Sie hörte sich meine Geschichte an, untersuchte mich und maß das Baby im Ultraschall aus. Es war das komplette Gegenteil von dem Termin, den ich einige Wochen zuvor in der anderen Klinik hatte. Im Ergebnis gab sie uns bekannt, dass aus ihrer Sicht einer natürlichen Beckenendlagengeburt nichts im Wege steht. Auch klärte sie uns auf, dass es bei dieser Kindeslage kein höheres Risiko gab – die Risiken sind einfach etwas anders. In dem Krankenhaus hat man sehr viel Erfahrung mit Beckenendlagengeburten und es ist jederzeit ein Arzt oder eine Ärztin anwesend, die diese Geburten schon begleitet hat. Ich hatte ein sehr gutes Gefühl.
Nichtsdestotrotz offerierte mir die Ärztin noch die Möglichkeit, eine äußere Wendung zu probieren. Da ich mit meinem Mann vorher besprochen hatte, dass wir einen Wendeversuch machen wollten, falls er uns hier angeboten wird, vereinbarten wir einen Termin dazu für die nächste Woche – meine 40. SSW und ironischerweise der Tag, an dem der geplante Kaiserschnitt stattfinden sollte. Falls der Wendeversuch nicht gelingt, würde ich mein Kind in dieser Klinik auf natürliche Weise zur Welt bringen wollen. Falls doch etwas schief ginge oder ich es mir doch nicht mehr zutrauen würde, könne immer noch ein Kaiserschnitt gemacht werden. Ich war glückselig! Das erste Mal nach zwei Wochen hatte ich mein Vertrauen zurück, mein Lächeln, meine positive Grundeinstellung. Vielleicht würde es doch noch so werden, wie ich es mir wünschte… Ich sagte den geplanten Kaiserschnitt in der ersten Klinik ab und fühlte mich so gut dabei!
In der Folgewoche fuhr mein Mann mich erneut in die Klinik. Ich hatte für den Wendeversuch meine Kliniktasche dabei – das Risiko, dass etwas „schiefgehen“ würde und man sofort einen Kaiserschnitt durchführen muss, war da – wenn auch äußerst gering. Auf jeden Fall aber müsste ich eine Nacht bleiben zur Beobachtung, egal, ob die Wendung erfolgreich wäre oder nicht. Die Prozedur, bis es tatsächlich zum Wendeversuch kam, war anstrengend. EKG, Ultraschalluntersuchungen, Wehenhemmer, um eine Wehentätigkeit während der Wendung auszuschließen. Der erste Zugang in meinem Leben. Durch den Wehenhemmer wurde ich etwas wirr. Mir war mulmig. Eigentlich wollte ich den Wendeversuch gerne abbrechen, bevor er begonnen hatte. Ich fühlte, dass es nix werden würde, hatte Angst, dass Baby sich gar dadurch in Querlage begeben könnte und eine natürliche Geburt dann gar nicht mehr möglich ist. Aber mein Mann hatte sich extra frei genommen, ich hatte es fast geschafft und wollte nun auch wissen, ob es gelingt. Somit kamen die beiden Ärztinnen, die den Wendeversuch durchführten. Sie waren sehr vorsichtig und versuchten, zuerst den Steiß hoch zu stoßen und das Baby dann durch sanfte Bewegungen von außen zu drehen.
Bis zur Hälfte schaffte es die Ärztin, dann rutschte mein Sohn zurück. Für mich fühlte sich alles falsch an, was ich nach außen jedoch nicht kommunizierte. Ich versuchte, mich zu entspannen, als die zweite Ärztin es noch einmal probieren wollte. Innerlich hoffte ich, dass die äußere Wendung nicht klappt. Und sie tat es auch nicht. Baby rutschte wieder zurück und die Ärztinnen sagten, dass sie es nicht noch einmal versuchen wollten, außer ich wünschte es. Mir war es recht so. Der gesamte Wendeversuch dauerte vielleicht zwei Minuten und tat nicht weh. Die Nacht musste ich noch im Krankenhaus verbringen. Auf meinem Zimmer waren zwei Frauen, die schon wochenlang aufgrund von vorzeitigen Wehen und einem verkürzten Gebärmutterhals in Bettruhe im Krankenhaus verbringen mussten. Meine Dankbarkeit über meine komplikationslose Schwangerschaft stieg noch einmal an. Den restlichen Tag nutzte ich, um für meine Zimmerkolleginnen, die nicht aufstehen durften, Besorgungen zu machen und das Krankenhaus zu erkunden. Das ist also der Ort, an dem mein Sohn zur Welt kommen wird. Ich war vollkommen glücklich und voller Vorfreude.
Nun begann endlich – in der 40. SSW – die Zeit, in der ich auf die Geburt hinfiebern konnte. Endlich Geburtsvorbereitungstee trinken, Ananas essen und geburtseinleitende Übungen machen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ja nur gehofft, dass mein Sohn nicht eher zur Welt kommt. Nun war ich bereit. Ich hatte einen Fahrplan. Sollten die Wehen einsetzen oder ich einen Blasensprung haben, würden wir in der Klinik anrufen und dort zur Geburt erwartet werden. So vergingen die restlichen Tage bis zum errechneten Geburtstermin wie im Fluge. Ich hatte während der Schwangerschaft immer gedacht, dass meine Wehen an diesem Tag einsetzen würden. Taten sie dann natürlich nicht.
Der nächste Tag, ein Sonntag, begann schon vielversprechender. Ich wachte mit einem leichten Ziehen im unteren Rücken auf. Während ich meine Ananas auf dem Balkon aß und im Info-Heftchen meiner Wunschgeburtsklinik blätterte, wurde mein Bauch immer mal wieder hart. Dies kannte ich aber schon aus der vergangenen Woche – wohl Vorwehen. Der Tag verging und nach dem Mittag entschied sich mein Mann, noch eine Runde Mountainbiken zu gehen. Ich wollte die Zeit nutzen, um einen Kuchen für die Arbeitskolleg*innen meines Mannes zu backen. Er hatte ihnen schon vor Beginn meines Mutterschutzes versprochen, dass ich jede Woche backen würde, weil ich ja „so viel Zeit hätte.“ Also wollte ich wenigstens einen Kuchen gebacken haben. Exakt mit Fertigstellung des Kuchens begannen meine Wehen.
Die Geburt
Gegen 16.30 Uhr stand ich in der Küche und verspürte so langsam ein Ziehen im Unterleib. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht einschätzen, ob es weiterhin Vorwehen sind oder die Geburt nun losgeht. Erst, als ich zur Toilette ging und etwas Blut in meiner Unterhose vorfand, ging ich davon aus, dass es los geht. Ich war voller freudiger Erwartung, aber auch ein klein wenig besorgt, aufgrund des Blutes. Ich hatte immer nur vom Schleimpfropf gehört, aber schleimig sah dort nix aus. Inzwischen kam auch mein Mann nach Hause und das Ziehen wurde langsam stärker. Um herauszufinden, ob es wirklich losgeht und um uns die Zeit zu verschlagen, entschieden wir uns, eine Runde in dem nahegelegenen Wald spazieren zu gehen. Zwischendurch musste ich immer wieder stehen bleiben und mich auf meine Atmung (tiefe Bauchatmung) konzentrieren. Mein Mann begann, die Wehen zu tracken. Im Wald trafen wir noch auf eine Nachbarin und sagten ihr als erstes, dass es nun wohl losgehen würde.
Wieder zu Hause angekommen, wurden die Abstände zwischen den Wehen allmählich stärker und die Wehen länger. Ich packte die letzten Dinge zusammen, ging noch einmal entspannt duschen und schoss das letzte Babybauch-Selfie vor dem Spiegel. Es war nun 18.30 Uhr. Wir aßen zu Abend und danach schaltete mein Mann eine Serie ein, um die Zeit totzuschlagen, während ich mit mir und meinen Wehen beschäftigt war. Dies war auch der Zeitpunkt, an dem ich meine Kopfhörer einsteckte und die Geburtshypnose startete. Während der Wehen ging ich gedanklich an meinen Kraftort und konzentrierte mich auf meine Atmung. Zwischen den Wehen ging es mir gut und ich konnte mit meinem Mann sprechen und die Serie mit anschauen. Gegen 19 Uhr übernahm ich das Tracken der Wehen selbst. Sie waren schon relativ gleichmäßig – ca. alle 5 Minuten und 45 Sekunden lang. Meine App sagte mir schon mehrfach, dass ich mich so langsam ins Krankenhaus begeben sollte, aber ich wollte so lang wie möglich entspannt zu Hause bleiben.
Nachdem ich wieder auf Toilette war und feststellte, dass ich noch etwas mehr Blut verloren hatte, wurde ich doch etwas besorgt und entschied mich, im Krankenhaus anzurufen. Die nette Hebamme am Telefon beruhigte mich und sagte, dass dies ein Zeichen ist, dass der Muttermund sich dehnt. Alles ganz normal. Wir sollen noch einmal anrufen, wenn die Wehen etwas länger und in einem kürzeren Abstand sind und wir uns auf den Weg in die Klinik machen wollten.
Um 20 Uhr zeichnete ich mit der App meine letzte Wehe auf. Sie war 1,03 Minuten lang. Von hier an ist meine Erinnerung etwas verschwommen. Ich wechselte mit jeder Wehe in der Wohnung meine Position – auf dem Boden, auf dem Sofa, in der Küche… Gedanklich konzentrierte ich mich die meiste Zeit auf meine Atmung und war an meinem Kraftort, nahm zwischendurch aber auch die Kopfhörer raus, um mich mit meinem Mann zu unterhalten oder die Serie zu verfolgen. Nach jeder Wehe sagte ich meinem Mann, dass wir nach der nächsten Wehe im Krankenhaus anrufen würden und uns auf den Weg machen. Schließlich hatten wir noch eine 45-minütige Autofahrt über die Autobahn vor uns. Das ganze Spiel zog sich bis ca. 22 Uhr und dann brachen wir tatsächlich in die Klinik auf.
An die Autofahrt kann ich mich kaum erinnern. Ich hörte meine Meditation und hielt mich im Auto fest. Vor dem Autobahntunnel fiel mir der Stau auf und ich wusste nicht mehr, wie ich sitzen soll, aber viel mehr weiß ich von der 45-minütigen Fahrt nicht. Dafür weiß ich noch sehr gut, wie wir im Parkhaus ankamen und wie lang ich für den kurzen Weg vom Parkhaus zum Klinikeingang und danach in den Kreißsaal brauchte. Immer wieder musste ich stehen bleiben und die Wehen veratmen.
An der Kreißsaaltür angekommen (22:45 Uhr) klingelten wir und wurden von einer sehr netten Hebamme empfangen. Sie führte uns in das Wehenzimmer, um zuerst einmal ein CTG zu schreiben. Da ich am Telefon die Beckenendlage erwähnt hatte und meine Patientenakte bereits im Krankenhaus existierte, wusste die Hebamme direkt Bescheid.
Das CTG schrieb ca. 20 Minuten, bis meine Fruchtblase platzte. In mehreren Schwallen lief das Fruchtwasser aus mir heraus. Die Wehen, die das Gerät aufzeichnete, sahen irgendwie nicht sonderlich „stark“ aus. Ich war etwas verunsichert, ob ich vielleicht doch übertreibe? Meine Hebamme bot mir an, den Muttermund einmal abzutasten, um festzustellen, wie weit er schon geöffnet ist. Als sie mir das Ergebnis ihrer Untersuchung mitteilte, war ich baff. Bereits 7 cm Muttermundsöffnung!
Die Hebamme legte mir nun einen Zugang, was bei Beckenendlagengeburten zwingend notwendig war. Diese Art der Intervention störte mich überhaupt nicht (mehr). Ich war so dankbar, diese natürliche Geburt erleben zu dürfen.
Die nächsten Minuten veratmete ich meine Wehen weiter stehend oder im Bett. Dabei hörte ich die Geburtshypnose und atmete tief in den Bauch ein und aus. Ich war vollkommen fein mit mir. Die Hebamme schaute immer mal wieder vorbei, aber ließ uns die meiste Zeit zu zweit. Mein Partner las Zeitung. Ich wollte nicht gestört werden – weder angesprochen, noch berührt, gestreichelt oder sonst irgendetwas. Ich wollte mich einfach auf mich und die Wehen konzentrieren.
Gegen 0:30 Uhr bot mir die Hebamme ein Entspannungsbad an. Ich nahm das Angebot dankend an und stieg mit meiner Hypnose auf den Ohren in die Wanne. Es verschaffte mir ein wenig Erleichterung beim Veratmen der Wehen. Während des Bades bemerkte ich auch, dass Mekonium von meinem Baby abging. Dies sorgte aber nicht für eine Beunruhigung bei meiner Hebamme.
Gegen 1:00 Uhr kamen die Wehen alle 2-3 Minuten und ich begann auf Vorschlag der Hebamme, die Wehen leicht zu vertönen. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich komplett ruhig. Das Tönen tat mir gut, aber ich denke, dass es mir genauso gutgetan hätte, wenn ich weiterhin ruhig geblieben wäre. Ich bat nun die Hebamme, langsam in den Kreißsaal umzuziehen, weil ich nicht wusste, wie lange ich den Weg noch gehen konnte. Ab hier nahm ich auch die Kopfhörer aus meinen Ohren und beendete die Meditation. Ich wusste, dass es gerade bei einer Beckenendlagengeburt wichtig ist, den Anweisungen des geburtsbegleitenden Personals zu vertrauen.
Um 1:30 Uhr waren wir im Kreissaal angekommen und die erneute Muttermunduntersuchung ergab einen vollständig geöffneten Muttermund. Ab hier war die Hebamme die ganze Zeit anwesend. Glücklicherweise war unsere Geburt die Einzige, die sie in dieser Nacht betreute. Nun wurde auch eine Ärztin dazu gerufen, was bei Beckenendlagengeburten zwingend notwendig ist. Diese Ärztinnen und Ärzte beherrschen besondere Handgriffe, um bei der Geburt des Babys zu unterstützen. Um 1:50 Uhr trafen eine Ärztin und ein Assistenzarzt ein und die Hebamme leitete mich zum Pressen an. Das waren übrigens alle, die bei der Geburt dabei waren – keine 20 Personen, wie man manchmal hört. Es half mir total, mich auf die Anleitung der Hebamme zu verlassen, denn einen richtigen Pressdrang verspürte ich noch nicht. Meine Position wechselte zwischen Kniestand, der mir nicht so gut taugte und der aufrechten Rückenlage auf dem angekippten Bett, was mir tatsächlich besser gefiel. Die Ärztin und der Arzt verließen zwischenzeitlich noch einmal den Kreissaal. Es fand parallel nebenan noch eine andere Beckenendlagengeburt statt, wie sie uns später berichteten. Die Hebamme bot mir einen „Krafttrunk“ an (Obstsaft mit Eisen). Ich verzehrte mich danach. Das war genau das, was ich in diesem Moment brauchte. Kein Schmerzmittel oder sonst etwas – nur diesen Obstsaft! Lecker!
Um 2:20 Uhr rief die Hebamme erneut nach der Ärztin. Scheinbar wurde es nun ernst. Ich erinnere mich, dass die Wehen nun wirklich heftig waren und ich kaum mehr wusste, wie ich sie aushalten soll. Mein Mann half mir bis hierher, indem er ein Seil vor dem Bett festhielt, an dem ich aufgerichtet im Vierfüßler zog. Angefasst werden wollte ich nach wie vor nicht.
Um 2:30 Uhr bat mich die Ärztin, mich wieder in die aufrechte Rückenlage zu legen. Der Steiß meines Babys schnitt schon durch und mein Sohn würde bald zur Welt kommen. Um meine Presswehen noch etwas zu verlängern, bekam ich über meinen Zugang Wehenmittel (Oxytocin). Es sollte sichergegangen werden, dass der Kopf auch mit der nächsten Wehe geboren wird, wenn der Körper da ist. Zur Vorbereitung auf einen eventuellen Dammschnitt spritzte mir die Ärztin vaginal ein Lokalanästhetikum. Als sie mir das mitteilte und ich das Wort „Dammschnitt“ hörte, wusste ich, dass ich nun noch einmal alles geben muss. Ich wollte keinen Dammschnitt. Somit presste ich bei der nächsten Wehe „um mein Leben“ und es war erfolgreich. Um 2:42 Uhr war unser Sohn geboren. Die Ärztin unterstütze die Geburt durch ihre Handgriffe.
Ich erinnere mich noch, wie ich herabblickte und leicht panisch fragte: „Ist alles in Ordnung?“, da mein Baby nicht sofort ein Geräusch von sich gab. Das Personal und mein Mann waren allerdings beruhigt. Im Gegenteil zu mir konnten sie sehen, dass unser Sohn sich bewegte. Bevor er mir auf die Brust gelegt werden konnte, musste die Ärztin allerdings erst einmal lasso-artig die Nabelschnur von seinem Hals entfernen. Er hatte ein dreifache Nabelschnurumschlingung. Danach kam mein Baby sofort auf meine nackte Brust und wir konnten kuscheln, während die Nabelschnur auspulsierte. Wir hatten es wirklich geschafft!
Gegen 3:00 Uhr wurde auch die vollständige Plazenta geboren, die wir noch begutachteten und fotografierten. Um 3:10 Uhr kam noch einmal die Ärztin, um meinen Damm zu beurteilen und ggf. zu nähen. Überraschenderweise war das nicht notwendig. Ich hatte keinerlei Geburtsverletzungen! Selbst die Ärztin und die Hebamme waren überrascht. Das kommt wohl bei Erstgebärenden nicht so häufig vor. Und erst recht nicht bei Beckenendlagegeburten. Ich war stolz auf mich und meinen Körper.
Bis 4:40 Uhr ließ uns die Hebamme alleine im Kreissaal und wir konnten ganz in Ruhe unseren Sohn kennenlernen und betrachten. Er begann schon, an der Brust zu saugen und mein Mann machte tolle Erinnerungsfotos. Dann wurde das Baby ausführlich untersucht und er war rundum gesund mit top APGAR-Werten. Danach durfte er auf Papas Arm und die Hebamme begleitete mich zur Toilette. Ich hatte keinerlei Kreislaufprobleme und fühlte mich fit. Um 5:50 Uhr wurden wir in ein Familienzimmer auf Station verlegt.
Auch auf Station wurden wir sehr nett von einer Hebamme empfangen. Uns wurden erste Handgriffe gezeigt, wir durften Essen bestellen und haben einige Informationen rund ums Stillen, die Anmeldung beim Standesamt, Vorsorgeuntersuchung usw. bekommen. Die nächsten 2,5 Tage verbrachten wir noch im Krankenhaus und es war wundervoll. Ursprünglich wollte ich nie in einem Krankenhaus entbinden und wenn es doch sein müsste, dann auf jeden Fall ambulant. Aufgrund der äußeren Umstände kam es nun anders und was soll ich sagen: Es hätte nicht besser sein können. Wir fühlten uns so gut aufgehoben. Das Personal war so nett und einfühlsam. Ich habe wirklich oft nach Unterstützung beim Stillen gefragt und mir wurde immer zügig geholfen. Uns wurde gezeigt, wie man das Baby richtig wickelt und anzieht und wir waren dankbar dafür. Wir hatten ja noch nie solch ein kleines Baby im Arm. Ich weiß gar nicht, wie ich es mir allein zu Hause eigentlich vorgestellt hätte… Auch das Essen war in diesem Krankenhaus sehr gut und es war super, dass wir uns darum nicht kümmern mussten. Zudem wurde unser Sohn aufgrund der Beckenendlage vorbeugend direkt breit gewickelt und wir bekamen an seinem zweiten Lebenstag einen Hüftultraschall. Wie häufig bei Babys in Beckenendlage klappten bei ihm noch einige Wochen die Beine automatisch nach oben, wie ein Taschenmesser, aber das gab sich nach der Zeit und auch seine Hüfte war nach einer zweiten Untersuchung beim Kinderarzt top in Ordnung.
Das Krankenhaus verließen wir am zweiten Tag nach der Geburt unseres Sohnes – ich unter Tränen. Freudentränen, um genau zu sein. Ich war so berührt von der Liebe, die dieser Ort für mich für immer beinhalten wird. Ich bin dem gesamten Personal so dankbar. Und auch der Klinikleitung – dafür, dass sie für Familien wie uns, bei denen es nun mal kleine Besonderheiten gibt, da sind und den Weg der natürlichen Geburt offenhalten. Völlig entfernt von irgendeiner Profitgier. Hier geht es um den Menschen.
Und dankbar bin ich natürlich auch dafür, dass du den Onlinekurs „Die friedliche Geburt“ entwickelt hast. Ohne all das Wissen und die Werkzeuge aus deinem Kurs hätte ich vermutlich niemals das Selbstvertrauen gehabt, den Weg zu gehen, der sich für mich richtig anfühlt. Und sicherlich hätte ich niemals solch eine Traumgeburt erleben können. Danke!