Die Geburt unseres dritten Wunders
Am 30.März 2023 testete ich endlich positiv. Nach vierzehn Monaten großem Kinderwunsch. Das war bereits die erste große Herausforderung, die ich bisher nicht kannte. Unsere ersten beiden Kinder haben sich sehr schnell auf den Weg zu uns gemacht, wofür wir immer unendlich dankbar waren. Ich habe unseren zweiten Sohn L. bis dahin noch gestillt und hatte mir sehr gewünscht, dass er den Zeitpunkt bestimmt, an dem unsere Stillbeziehung endet. Leider stellte sich keine Schwangerschaft ein und ich vermute, dass es am vielen Stillen mit L. lag. Dadurch hat die kleine Seele, die so sehr nach mir gerufen hat, noch keinen Weg zu mir gefunden.
Im März stillte ich schweren Herzens ab. Hatte ich mir doch so sehr gewünscht, beide Kinder Tandemstillen zu dürfen und musste mich dann von dieser Vorstellung verabschieden. Genau in dem Zyklus wurde ich dann endlich schwanger. Das bestärkte mich darin, dass es nötig und richtig gewesen war, diesen Weg gegangen zu sein.
Von Anfang an fühlte sich diese Schwangerschaft ganz anders an als die anderen beiden Schwangerschaften. Sie war sehr geprägt von viel Übelkeit, Schwindel und Kreislaufproblemen und diese Symptome begleiteten mich bis zum Ende. Psychisch und seelisch war ich auch sehr empfänglich für jegliche Einflüsse von Außen, ganz besonders die negativen. Davon gab es einige und sie belasteten mich sehr. Ich war hochsensibel, konnte aber in dieser besonderen Zeit endlich lernen, für mich und meine Familie einzustehen. Ich war sehr klar in dem, was ich brauchte und konnte viel besser Grenzen setzen als sonst. Ich hoffe, dass mir diese Stärke, Grenzen zu setzen, erhalten bleibt.
Auch in dieser Schwangerschaft bereite ich mich wieder mit „Die friedliche Geburt“ vor, was mir zusätzlich sehr half, bei mir zu bleiben und mich mit dem kleinen Menschen in mir zu verbinden. Ich hatte dieses Mal deutlich weniger Freiräume für die Hypnosen, aber wenn ich sie mir nahm, dann erdeten und stärkten sie mich so sehr. Ich merkte, dass ich Vieles wieder abrufen konnte, was ich zwei Jahre zuvor so fleißig geübt und verinnerlicht hatte. So hatte ich dennoch das Gefühl, gut vorbereitet zu sein, obwohl es mir nicht gelang, jeden Tag zu üben.
Die Schwangerschaftsvorsorgen ließ ich wieder durch das Hebammenhaus durchführen. Ich war nur zu den Screenings bei meiner Gynäkologin und lehnte dieses Mal auch CTG und Zuckertest ab. Ich wusste einfach, dass alles in Ordnung ist und ich diese Untersuchungen nicht benötigte. Sind sie doch meiner Meinung nach nur Momentaufnahmen, die nichts darüber aussagen, wie es Mutter und Kind geht.
In meiner Vorstellung ging die Geburt unseres Kindes wieder nachts los. Wir planten eine Hausgeburt mit den wunderbaren Hebammen des Hebammenhauses, mit denen ich mich während der Betreuung in der Schwangerschaft immer so wohl und rundum gut versorgt gefühlt habe. Meine Söhne hab ich immer mitbringen dürfen, und so wurde auch für die beiden meine Schwangerschaft greifbarer und verständlicher. Sie wurden immer miteinbezogen, durften den Bauch tasten und die Herztöne hören. Das waren so schöne Momente für uns. Außerdem hatte ich im Gefühl, dass unser drittes Wunder sich etwas früher auf den Weg machen würde. Anfang Dezember vermutete ich. Der ET war der 10.12.23.
Freitag, der 8.12.23 5:45Uhr
Ich hatte bereits seit einigen Wochen viele Übungswellen, die letzten Tage hatten sie sich schon wie echte Wellen angefühlt, sie wurden jedoch nie regelmäßig. Den gestrigen Nachmittag hatte ich etwa für eine Stunde zehn-minütige Abstände und diese Wellen lösten bereits eine Darmtätigkeit aus. Ich überlegte noch, ob ich die Verabredung abends mit meinen Freundinnen absagen sollte. Da danach aber wieder Ruhe war, beschloss ich, zu gehen und hatte nochmal einen richtig schönen Abend.
Nun zum Morgen des 8.12:
Es war eine richtig unruhige Nacht gewesen. Unsere beiden Söhne spürten bereits seit Wochen die große Veränderung, die vor der Türe stand und suchten viel mehr unsere Nähe, auch nachts und schliefen wieder jede Nacht bei uns im Familienbett. Es gab viele Unterbrechungen und lange Wachphasen und ich war sehr müde, als mich morgens um fünf die Katze aus dem Bett miaute, weil sie rausgelassen werden wollte. Nachdem ich sie rausgelassen hatte, beschloss ich, mich aufs Sofa zu legen, da ich dort mehr Platz hatte und ohnehin klingelte der Wecker in einer Stunde.
Ich döste ein wenig vor mich hin, als ich um 5:45 Uhr eine intensivere Welle spürte. Intuitiv wusste ich gleich: „Heute ist es so weit!“ und freute mich riesig. Ich trackte die Wellen eine Weile und zeichnete etwa alle 5-7 Minuten eine auf. Das ging bis 6:30 Uhr so. Dabei musste ich bereits meinen Darm entleeren. Dann stand mein Mann mit unseren Söhnen auf. Außerdem wurde es langsam hell. Ich sagte ihm, dass er heute Zuhause bleiben wird, da die Geburt gestartet hatte.
Mit Beginn des Tages und unserem Alltagstrubel merkte ich, dass die Abstände wieder länger wurden. Es kam nur noch etwa alle 15 ́ eine Welle angerollt. Trotzdem hatte ich das Bedürfnis, die Rufbereitschaftsnummer des Hebammenhauses zu wählen und meine beste Freundin zu informieren, dass die Geburt losgegangen war. Die zweite Geburt meines Sohnes L. ging nur insgesamt drei Stunden und am Ende schafften es die Hebammen und die Geburtsfotografin nicht, rechtzeitig bei uns zu sein.
Dieses Mal wollte ich lieber etwas früher Bescheid geben. Meiner besten Freundin sagte ich, dass ich mich rechtzeitig melden werde, wenn sie losfahren kann. Ich wollte nicht, dass alle zu früh da sind und dann lange warten müssen. Ich blieb auf dem Sofa und hörte mit den Kopfhörern die „Geburtshypnose“. Die Kinder suchten viel meine Nähe und waren auch sehr aufgedreht, wodurch ich oft auftauchen musste und mich weiterhin zuständig für sie fühlte. Mein Mann kümmerte sich sehr liebevoll um sie, dennoch war es nicht möglich, dass ich mich komplett raus nehmen konnte.
Unser großer Sohn E. wollte an diesem Tag nicht in den Kindergarten gehen. Verständlicherweise, da sich das kleine Geschwisterchen auf den Weg zu uns machte. Mit der Rufhebamme schrieb und telefonierte ich hin und wieder, wie der Stand der Dinge war. Um 9.30 Uhr klingelte es an der Haustüre und sie kam auf einen kleinen Besuch vorbei, um sich ein Bild von der Lage zu machen. In der Stunde, in der sie da war, merkte ich keine einzige Welle mehr. Sie überprüfte noch die Herztöne und machte sich daraufhin wieder auf den Weg zu einem Wochenbettbesuch. Wir vereinbarten, in regelmäßigem Kontakt zu bleiben. Ich war etwas enttäuscht, dass die Geburt pausiert hatte, wusste aber, dass alles sein darf und genauso wie es war, richtig und gut war.
Ich beschloss, mich ins Schlafzimmer zurück zu ziehen und nochmal Kraft und Ruhe zu tanken. Ich machte alles dunkel und hoffte, so meine Hormone wieder ins Fließen bringen zu können.
Die Wellen pausierten weiterhin, aber so konnte ich zwei Stunden tief und fest schlafen und mich erholen. Als ich wieder wach wurde, war es bereits 13:00 Uhr. Wir aßen zu Mittag und etwa um 13.30 Uhr begannen die Wellen wieder. Ich hatte das Bedürfnis, mich zu bewegen und ein wenig aufzuräumen. Zu der Zeit hatte ich keine Hypnose auf den Ohren. Im Bett hatte ich noch „Geburtsbeginn mental fördern“ gehört und dann ausgemacht. Die Abstände waren bei ca. 15-20 Minuten.
Um 16:30Uhr zeichnete ich wieder Abstände von zehn Minuten seit einer Stunde auf. Das kurze Auftauchen zum Drücken auf den Knopf brachte mich nicht aus meiner Konzentration und die Kopfhörer, die ich seit einer Stunde wieder in den Ohren hatte, halfen mir, mich auf meine Wellen und meinen Körper zu konzentrieren. Die Kinder waren sehr laut und wild an diesem Tag, aber das brachte mich nicht aus der Ruhe. Ich informierte die Hebamme und meine beste Freundin darüber, dass es mehr und mehr wurde, auch von der Intensität her und so trafen beide um 17:30Uhr bei mir ein.
Es dauerte nicht lange und dann kamen auch die zweite Hebamme und die Studentin dazu. Alle waren sehr zurückhaltend und ließen mich meine Wellenarbeit machen. Die Jungs wurden mit zunehmendem Abend immer wilder. Ich denke, sie waren auch sehr irritiert von dem vielen Besuch bei uns, der ja auch fremd für sie war. Ich merkte durch die Unruhe und die Erwartungshaltung aller, dass meine Abstände wieder länger wurden. Außerdem spürte ich die Überforderung von meinem Mann, der mit großer Mühe versuchte, die Kinder zu beruhigen und ins Bett zu bringen. Die Gesamtsituation störte mich sehr in meinem Geburtsprozess.
Wir beschlossen daher um 19.30Uhr, dass sich alle wieder verabschieden würden und auch meine beste Freundin wollte nochmal nach Hause, um ihren Sohn zu stillen. Die liebe Hebamme versicherte mir, dass alles seinen Weg gehen würde, wenn die Jungs im Bett und ich mich ganz auf mich konzentrieren könne und sie sollte Recht behalten. Nachdem alle gegangen waren, legte ich mich mit meinen beiden Jungs ins Bett und sie schliefen schnell ein. Im Bett bemerkte ich bereits, dass die Abstände immer kürzer und die Wellen im Liegen sehr herausfordernd wurden. Noch oben im Bett liegend, schrieb ich meinem Mann eine Nachricht, dass er bereits Wasser in den Pool einlassen soll. Am liebsten wäre ich schon viel früher am Tag in den Pool gegangen, aber vermutlich wäre dann eine große Poolparty ausgeartet. 😀
Um 20:15Uhr schrieb ich meiner besten Freundin, dass ich nun in den Pool gehen würde und dass die Wellen mittlerweile sehr intensiv sind. Im Wasser fühlte ich mich wunderbar geborgen und konnte endlich richtig loslassen. Ich merkte ziemlich schnell, dass die Intensität und die Dauer im Wasser schnell an Fahrt aufnahmen. Außerdem kam eine Welle nach der anderen angerollt. Wir hatten die Geburtshypnose nun laut laufen und manchmal bat ich meinen Mann mit dem Wort „Welle“ oder „Jetzt“ aufzuzeichnen, wie die Abstände waren. Mittlerweile alle 2-4 ́.
Wir riefen wieder im Hebammenhaus an und kommunizierten das. Ich war aber etwas verunsichert, ob es nun so bleiben würde, und wollte nicht, dass die Hebammen nochmals zu früh kamen oder die Wellen wieder durchs Außen gestört wurden. Wir vereinbarten, nochmal in einer halben Stunde zu telefonieren. Mittlerweile tönte ich bereits bei jeder Welle mit und die tiefe Bauchatmung fühlte sich nicht mehr stimmig an. Hatte sie doch zuvor immer wunderbar lindernd einen Gegendruck erzeugt, war sie nun mit der hohen Intensität nicht mehr passend und ich atmete eher tief und lange aus, und tönte dabei auf „A“ und „O“.
Ich bat meinen Mann die Hebammen und meine beste Freundin, wieder kommen zu lassen. Mittlerweile war es etwa 21Uhr. Diese halbe Stunde bis alle eintrafen, fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an, denn ich spürte bereits, dass es nicht mehr lange dauern würde. Ich fing bereits mit dem Schieben an, als endlich meine Freundin eintraf, und kurz nach ihr die Hebamme. Ich freute mich, dass sie es rechtzeitig geschafft hatten und gab mich ganz der Energie meines Körpers hin.
Vier Minuten später, um 21:39Uhr, wurde unsere kleine, zarte M. ins Wasser geboren. Ich nahm sie auf und legte sie in meinen Arm. Sie sah mich kurz an und fing augenblicklich kräftig zu schreien an. Sie hatte noch etwas Käseschmiere am Kopf und den Armen und sah so bezaubernd und wunderschön aus. Wir wunderten uns sehr, dass die großen Brüder bei dem lauten Schreien nicht wieder wach wurden, sie schliefen einfach weiter.
Kurz nach der Geburt suchte sie bereits und begann fleißig zu stillen. Die Wellen kündigten die Nachgeburt auch bereits an. Ich veränderte nochmals meine Position ins Knien und gebar die Plazenta. Zur Geburt von M. lag ich links auf der Seite und hielt mich an den Griffen des Pools fest. Als die Geburt der Plazenta auch geschafft war, wollte ich raus aus dem Wasser und freute mich bereits sehr auf das bequeme Sofa. Es wurde alles für uns vorbereitet und wir machten es uns richtig gemütlich. Kurz nach der Geburt kamen auch die zweite Hebamme und die Studentin noch dazu. Dann wurde erst einmal nach mir geschaut. Ich hatte dieses Mal nur einen Dammriss ersten Grades, der nicht versorgt werden musste.
M. bekam ihre U1 und wir staunten darüber, wieviel zarter sie war, als ihre Brüder: 50cm, 2800g und 34cm Kopfumfang. Wir bestaunten noch die schöne Plazenta und ich spülte ein Stück davon mit einem großen Schluck Fanta herunter. Ich wollte damit die herausfordernden Nachwehen reduzieren, die mich bei L. sehr geplagt hatten. In den nächsten Tagen verzehrte ich immer wieder ein kleines Stück und tatsächlich half es mir sehr gegen die Schmerzen. Auch der Milcheinschuss am dritten Tag war gar nicht so unangenehm wie die vorigen Male und meine Wochenbetthebamme schob das auf meine Plazentaeinnahme.
Um 12Uhr nachts verabschiedeten sich alle nach und nach. Ich aß noch eine Kleinigkeit und dann gingen wir schlafen. Die Plazenta samt Nabelschnur, haben wir zum Durchtrennen für die frischgebackenen Brüder dran gelassen bis zum nächsten Tag. Am nächsten Morgen war die Überraschung groß, als die Jungs zu mir ins Wohnzimmer kamen und dort ihre Schwester begrüßen durften. Es war so magisch und ergreifend.
Rückblickend finde ich es so erstaunlich, wie jede einzelne Geburt völlig unterschiedlich verlaufen kann. So ging die erste Geburt meines Sohnes E. drei Tage, mit sehr langer Latenzphase und Einleitung im Krankenhaus. Die Geburt von L. 3h 15 ́ ungeplant Zuhause als Alleingeburt statt im Geburtshaus. Und nun M.s Geburt, die mich wieder lehrte, wie schlau und weise unser Körper und unsere Babys doch sind. Die genau spüren, wann grade ein unpassender Zeitpunkt ist und die Geburt wieder „anhalten“ und nach hinten schieben können.
Diese Geburt hielt die ein oder andere Herausforderung für uns bereit, und war dennoch genauso wie sie sein sollte: kraftvoll, selbstbestimmt, im Kreise der Familie, voller Liebe und einfach nur magisch.
Ich bin voller Liebe und Dankbarkeit für unsere wunderschöne Geburtsreise und all die Menschen, die uns während der Schwangerschaft und der Geburt begleitet und unterstützt haben.