Unsere positive Geburtserfahrung trotz Einleitung.
Am Dienstag Kontrolle bei der Frauenärztin. Die Herztöne sind unauffällig. Allerdings ist das Fruchtwasser nicht klar, nachdem das Baby sich gedreht hat, deshalb Einweisung die Klinik. Dort rufe ich an, die Hebamme sagte mir, dass ich am besten bis mittags vorbeikommen soll. Also fahre ich nach Hause, packe kurz meine Tasche fertig und fahre mit meinem Partner in die Klinik. Dort wird als erstes CTG geschrieben. Gleich zu Anfang sind die Herztöne bei ungefähr 90. Die Hebamme kommt herein und sagt, dass ich deswegen nicht mehr nach Hause darf. Sie legt einen Zugang, das ist okay für mich, weil es bei mir oft sehr schwer ist, eine Vene zu finden.
Die Ärztin schallt noch mal, findet nichts akut Besorgniserregendes, aber empfiehlt aus verschiedenen Gründen, die ich halbwegs nachvollziehen kann (kein einzelner Faktor, mehr das Gesamtbild), eine Einleitung. Ich frage mich, ob das nicht übertrieben vorsichtig ist, ich verstehe schon, wie sie zu der Entscheidung kommt, gleichzeitig denke ich, dass Kliniken schon eher positiver einer Einleitung gegenüber stehen als ich.
Ich hadere. Ich hatte mir so einen natürlichen Start gewünscht, wenn das Baby soweit ist. Gleichzeitig belastet mich das Warten mittlerweile stimmungstechnisch. Vor allem aber hab ich Angst vor weiteren Interventionen nach einer Einleitung oder davor, dass ich mit der Intensität der Wellen vielleicht weniger gut umgehen kann. Ich bin vor allem aber sehr traurig, dass ich die letzte Nacht nicht zu Hause mit meinem Partner verbringen kann. Ich frage die Hebamme, ob ich nicht in der Nacht noch zu Hause schlafen könnte, weil ich ohnehin in der Klinik nicht direkt überwacht werde. Sie sagt, dass ich das Klinikgelände nicht verlassen darf. Und wenn ich zu Hause schlafen möchte, dass ich das ausdrücklich entgegen ärztlichen Rat mache.
Ich hadere wieder und beschließe dann, in der Klinik zu bleiben. Ich werde noch einmal untersucht und wir entscheiden gemeinsam, dass morgen eingeleitet werden soll. Die Ärztin spricht von Gel, ich bin überrascht, ich hatte Tabletten erwartet. Ich frage, ob auch Tabletten möglich sind, was sie bejaht und wir legen fest, dass morgen entschieden wird, ob ich Tabletten oder Gel bekomme.
Ich dachte, dass Tabletten der sanftere Anstups sind und würde diese deshalb bevorzugen, auch wenn es ggf länger dauert. Ich schreibe meiner Nachsorgenachsorgehebamme. Sie bestärkt mich, dass eine Einleitung in unserem Fall schon nachvollziehbar ist. Sie sagt, dass in ihrer Erfahrung Gel oft schneller losgehen kann. Sie empfiehlt mir einfach noch einmal nachzufragen und weist gleichzeitig was darauf hin, dass es Vorteile gibt die Variante zu benutzen, die in der Klinik der Standard ist und die meisten Erfahrungswerte hat.
Eine Freundin schreibt mir, dass sie auch eingeleitet wurde. Bei ihr hat eine einmalige Dosis gereicht und sie hat soweit gute Erfahrung gemacht, das tröstet mich.
Ich fange an, mich mit diesem Weg anzufreunden und hoffe, dass es auch bei mir nur eine Dosis braucht.
Ich höre die Hypnose zur Interventionen und mich tröstet das Bild vom anderen Anfang des Geburtsberges.
Ich beziehe mein Zimmer. Noch immer bin ich traurig, dass ich nicht heute Nacht zu Hause bei meinem Partner übernachten kann aber erleichtert, dass ich alleine im Zimmer bin. (Meine Nachbarin mit Baby wird am nächsten Morgen um 7:00 Uhr gebracht. Glück gehabt, dass ich die Nacht alleine verbringen konnte!)
Ich möchte mit meinem Partner noch spazieren gehen. Die Hebamme weist darauf hin, dass wir das Gelände nicht verlassen dürfen. Ich beschließe – mein Partner hadert ein bisschen – dass wir das einfach trotzdem machen. Den Weg vom Park zurück schaffen wir schon auch, wenn etwas ist, aber natürlich ist nichts und mir tut der Park und die Freiheit (oder der Trotz?) gut. Wir gehen gemeinsam zum Auto. Ich nehme meinen Koffer mit und – das ist der schwerste Moment des Abends – verabschiede mich von meinem Partner. Ich weiß, er wird sich um alles Organisatorische kümmern und mir morgen die gefühlten 25 Dinge, die ich jetzt doch nicht eingepackt habe, mitbringen und das tut gut.
Ich beschließe, zu duschen, schreibe kurz meiner besten Freundin und meiner Mama und mache mir eine Hypnose an. Dann schotte ich mich mit Ohropax und einer sehr guten Schlafmaske ab, falls meine Zimmernachbarin in der Nacht dazu kommt. Wenigstens ist das Bett neben mir weg, dann ist der Weg zum Badezimmer kurz, tröste ich mich.
Am nächsten Morgen bekomme ich wieder ein CTG. Mein Partner schafft es nicht rechtzeitig, aber das ist okay für mich. Noch sieht man keine wirklichen Wellen auf dem CTG. Als nächstes gehe ich in den Kreißsaal. Dort soll sofort noch mal ein CTG geschrieben werden. Ich bin verwirrt, die Hebamme fragt nach, aber es hat wohl alles seine Richtigkeit – ich versteh es nicht, aber es ist mir auch egal, ich hab ja nix Anderes zu tun und kann mich schon einmal an den Kreißsaal gewöhnen (das erste CTG war in einem anderen Raum). Danach wird der Muttermund getastet: weiter nur 1 cm und ein bisschen vom Gebärmutterhals steht noch.
Auf meine Nachfrage hin nimmt sich die Hebamme Zeit, mir zu erklären, weshalb sie Gel statt Tabletten empfehlen. Und dann ist es für mich in Ordnung. Ich kann es nachvollziehen, also bekomme ich die erste Dosis und muss noch eine halbe Stunde liegen bleiben, es ist gegen 9:30 Uhr. Um 15:30 Uhr soll ich wieder zum CTG zurückkommen, weil um 16:30 Uhr die zweite Dosis mit doppelt so viel Wirkstoff gegeben werden soll.
Wir gehen eine Runde spazieren und dann esse ich mit meinem Partner im Besucherzimmer mein Mittagessen. Danach gehen wir wieder eine Runde spazieren. Dieses Mal spüre ich öfter Wellen, auf die ich mich jetzt auch konzentrieren muss. Mein Partner stoppt die Wellen. Er hat schnell raus, wann es losgeht und weiß oft ohne auf die Uhr zu gucken, dass es gleich wieder losgeht. Dann gehen wir in die Klinik fürs CTG. Ich sage, dass ich jetzt regelmäßige Wellen spüre, die auch intensiver geworden sind. Die Regelmäßigkeit sieht man auch am CTG die Hebamme sagt, wir können auch abwarten und in 1 Stunde noch einmal gucken, wenn mir das lieber ist. Das finde ich viel besser als eine zweite Gabe, also stimme ich zu, denn ich komme mit der Zunahme der Intensität gerade gut klar, aber kann mir eine Beschleunigung nicht vorstellen.
Also gehen wir wieder spazieren. Die Wellen werden stärker. Am Ende des Spaziergangs sage ich zu meinem Partner, dass ich glaube, dass langsam ein guter Zeitpunkt für mich wäre, in Hypnose zu gehen. Er stoppt aus Interesse während des Spaziergangs die Wellen: Alle 3 Minuten habe ich Wellen, sie dauern 30-45 Sekunden und die App sagt, wir hätten Zeit für Essen und Dusche und sollten beide in die Klinik. Ich schöpfe also Hoffnung, dass es jetzt bald losgeht. Zurück in der Klinik am CTG sieht man regelmäßige Wellen, die auch zunehmend unangenehm zu veratmen sind.
Ich muss während des CTG in der Seitenlage liegen, ich sage der Hebamme, dass ich die Wellen mittlerweile knackig finde. Ich komme gut mit der Steigerung der Intensität klar, aber ich kann mir gerade keine zweite Dosis vorstellen. Die Hebamme sagt, dass sie sich auch gut vorstellen kann, bis morgen zu warten. Sie sagt, ich solle schlafen und mein Partner auch, morgen früh würden wir dann um 7:00 Uhr anfangen.
Ich bin enttäuscht, dass es scheinbar heute noch nicht losgeht und die Aussicht mit diesen Wellen die Nacht zu verbringen, erschöpft mich, vor allem mit der Aussicht, dass ich am nächsten Tag viel Energie für die Geburt brauchen werde. Außerdem habe ich Angst vor der zweiten Dosis am nächsten Tag und der Steigerung der Wellen, die diese wohl bringen wird.
Die Hebamme empfiehlt noch, dass ich heiß duschen kann und dann direkt ins Bett gehen soll.
Ich verabschiede mich von meinem Partner, das ist ein ganz schwerer Moment und gehe erst einmal lange unter die Dusche, die Wärme tut mir gut und macht die Wellen besser erträglich.
Dann lege ich mich in mein Bett, ziehe die Schlafmaske auf, mache eine Hypnose an. Irgendwann sind die Wellen unangenehm zu veratmen, ich stehe auf, gehe herum, lehne mich vorn über, dann geht es besser. Aber ich versuche es auch immer mal wieder im Bett, aber in Seitenlage, aber das ist schwieriger als im Stehen, auf dem Rücken ist es ganz unangenehm und so tigere ich zwischen Bett, Fensterbrett und Badezimmer (ich hab ständig das Gefühl, pinkeln zu wollen) hin und her und frage mich, wie ich so schlafen soll, um Kraft zu sammeln.
Gegen 22 Uhr schaue ich auf die Uhr – jetzt ist bestimmt Schichtwechsel und ich beschließe, in einer Stunde in den Kreißsaal zu gehen, wenn die Wellen nicht weniger werden. Gegen 23 Uhr finde ich die Wellen so stark, dass ich mir Schmerzmittel wünsche, um schlafen zu können. Also gehe ich rüber – auf dem Weg muss ich zwei mal Pause machen, um die Welle zu veratmen und auch in dem Moment, wo die Kreißsaal Tür aufgeht, muss ich kurz stehen bleiben und die Welle veratmen.
Eine sehr freundliche Hebamme nimmt mich in Empfang und schließt mich ans CTG an. Ich kann noch signalisieren, dass ich liegen unbequem finde und sie stellt das Bett und die Kabel so ein, dass ich auch aufstehen kann und mich vornüberbeugen. Ich schau ständig aufs CTG (mir ist zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, dass der Ausschlag nichts über die Stärke aussagt) und hoffe sehr, dass ich bleiben darf oder alternativ gute Schmerzmittel bekomme, um schlafen zu können.
Nach 30 Minuten CTG kommt die Hebamme herein, um den Muttermund zu tasten. Sie ist sehr behutsam, aber in der Welle finde ich das schon sehr unangenehm, zumal ich auf dem Rücken liege. Sie sagt “der Muttermund ist 4-5cm auf, in der Wehe sogar 6cm. Du kannst hier bleiben und deinen Mann anrufen.”
Ich kann es nicht glauben, freue mich sehr und greife sofort zum Handy. Mein Mann ist sofort dran und hört sich kein bisschen verschlafen an. “Kannst du kommen?”, frage ich ihn. Er macht sich auf den Weg.
Die Hebamme fragt, ob ich noch etwas brauche. Ich sage, dass ich total gerne in die Wanne würde und sie fragt, ob ich gern einen bestimmten Geruch hätte. Erst sage ich nein, weil ich keine Umstände machen will, dann besinne ich mich, dass das totaler Quatsch ist und sage, dass ich gern Lavendel im Badewasser hätte.
Kurz später kommt sie und begleitet mich zur Wanne, es gibt buntes Licht, das ich orange einstelle und der Moment, in dem ich ins warme Wasser komme, ist absolut himmlisch. Auf einmal sind die Wellen viel besser auszuhalten. Die Hebamme zeigt mir die Klingel und geht raus. Ich mache mir die Hypnose an (auf laut, mir ist das zu viel Arbeit, meine Kopfhörer rauszuholen und es könnte mir nicht egaler sein, was die Hebamme denkt, wenn sie hereinkommt, aber sie scheint eh sehr freundlich). Irgendwann werden die Wellen wieder stärker und mich stört massiv, dass ein kleiner Teil meiner Hüfte nicht mit Wasser bedeckt ist, wenn ich auf der Seite liege. Ich fange intuitiv an zu tönen während der Wellen, das tut gut. Irgendwann kommt auch mein Mann endlich – ich bin so froh ihn zu sehen. Sein Job ist jetzt also, meine Hüfte mit warmen Wasser zu übergießen, das tut gut.
Einmal meint er es gut und übergießt auch meine Schulter, woraufhin ich ihn sehr unfreundlich anweise, dass das nicht meine Hüfte sei und er sich auf meine Hüfte konzentrieren solle. Die Wellen werden stärker und ich habe wieder das Bedürfnis, mich vorne überzubeugen, aber in der Badewanne geht das nicht gut, ohne zu großen Teilen aus dem Wasser zu gehen. Ich bin frustriert, dass ich keine Geburtswanne habe, da würde es wahrscheinlich gehen, aber versuche, auf der Seite die immer stärker werdenden Wellen zu veratmen. Was mir in dem Moment aus der Hypnose am meisten hilft ist “diese eine Welle und diese eine Pause” – die Wellen sind stark, aber wenigstens in den Pausen kann ich ganz gut Kraft sammeln.
Irgendwann kann ich nicht mehr – ich merke, dass ich Hilfe brauche und vermute, dass ich jetzt um eine PDA bitten werde. Ich sage meinem Mann, dass er klingeln soll. Die Hebamme kommt sofort und ich sage nur “ich kann nicht mehr, ich brauche Hilfe” und sie coacht mich ganz toll durch die nächsten paar Wellen. Auf einmal merke ich, dass ich beim Tönen pressen will und sage zur Hebamme “ich muss pressen”. Sie sagt, dass wir dann mal rübergehen in den Kreißsaal und gibt mir ein Handtuch. Sie fragt, ob ich einen Bademantel habe – der ist mit meinem Anker und allem anderen natürlich auf meinem Zimmer und mein Mann geht die Sachen holen. Mir dauert das aber zu lange und ich sage, dass es mir egal ist, wenn ich hier halb nackt über den Flur laufe, aber dass ich dringend rüber will.
Also laufe ich halb mit einem Handtuch bedeckt zurück zum Kreißsaal. Mitten auf dem Weg habe ich natürlich eine Welle, ich veratme sie im Flur, aber auch das ist mir herzlich egal, aber es ist ohnehin niemand dort. Dann gehen wir weiter in den Kreißsaal und ich sage der Hebamme, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, mich hinzulegen, damit sie den Muttermund tasten kann. Das sei ja gar kein Problem, sagt sie, sie könne auch im Vierfüßler tasten. Ich könnte ihr die Füße küssen, das hört sich viel besser an. Als ich aufs Bett klettere, habe ich eine starke Welle mit dollem Pressdrang und muss mich vornüber lehnen. Das geht räumlich nicht, aber ich darf mich der Hebamme um den Hals hängen und fühle mich ihr in dem Moment so verbunden und bin so dankbar. Dann kommt auch mein Mann mit Bademantel wieder, den ich irgendwie anziehe, weil es so leicht nass doch sehr frisch wird.
Als sie irgendwann tastet, sagt sie, dass nur noch ein kleiner Rand da ist und dass ich pressen könne, wenn ich wolle. Also presse ich – das ist intensiv und anstrengend, aber fühlt sich mit einem Mal viel besser an. Leider verlässt die Hebamme irgendwann den Raum und es ist nur noch die Gynäkologin da. Ich würde gerne fragen, wie doll ich pressen soll, weil ich Angst vor einem Dammriss habe, aber ich bin so im Tunnel und habe auch nicht so den Draht zur Gynäkologin, obwohl auch diese freundlich ist. Also presse ich einfach so, wie es mir in den Sinn kommt und spüre den Kopf vor- und auch zurückrutschen, irgendwann merke ich auch ein leichtes Brennen und registriere wie in Vogelperspektive, dass ich wohl einen Dammriss habe. Die Gynäkologin fragt meinen Mann (oder auch mich, ich bin mir nicht sicher), ob wir den Kopf fühlen wollen. Ich bin zu konzentriert, aber will auf gar keinen Fall, dass mein Mann sich auch nur 1cm weg bewegt. Also drücke ich seine Hand so feste, dass ihm hoffentlich klar wird, dass er nicht gehen darf.
Auf einmal – es ist erst 1:11 Uhr – purzelt unser kleiner Sohn in einem aus mir heraus – ich kann es nicht glauben, dass es geschafft ist. Ich hab gar nicht mitbekommen, wie meine Fruchtblase irgendwann geplatzt ist.
Die Plazenta ist keine große Anstrengung und auch das geht so schnell, dass ich nicht einmal überlegen muss, ob ich noch Oxytocin haben möchte oder nicht und wir können endlich ankommen und das kleine Wunder bestaunen.
In Summe war die Geburt nicht ohne Herausforderung – mit der Einleitung, der vielen Zeit ohne meinen Mann und dem vollen Kreißsaal, weshalb die Hebamme nur sehr selten an meiner Seite war – aber sie war immer da, wenn ich sie am dringendsten gebraucht habe. Sie vermerkt im Mutterpass “wunderschöne Geburt im Vierfüßler” und das berührt mich sehr.