Geburtsbericht von

Lea

Die Geburt unserer Zwillinge zum Heiligenabend 2023

Vorgeschichte:
Alles begann eigentlich mit der wunderschönen Hausgeburt meiner großen Tochter L im Sommer 2021. Sie kam friedlich nach 13 Stunden (aller erste Welle der Latenzphase, bis zur Geburt) bei uns zu Hause im Wohnzimmer zur Welt. Dabei waren mein Mann und meine wunderbare Hebamme J. Ich war fast die gesamte Zeit der Geburt in Hypnose und die Geburt steigerte sich langsam und gemütlich bis zur Übergangsphase. Das Veratmen der Wellen klappte super und ich fühlte mich sehr sicher. Die Übergangsphase habe ich als Herausforderung in Erinnerung, da sie besonders viel Konzentration erforderte, um die hohen Wellen anzunehmen. Aber mit den bestärkenden Worten von Kristin im Ohr funktionierte es und es ging zügig in die Pressphase über. Die Presswellen waren eine richtige Erleichterung – endlich konnte ich mit machen. Die Pressphase war kurz und L kam tatsächlichen schlafend auf die Welt. Unsere Hebamme rief:” Die pennt ja!”. Es war wirklich rundum wunderschön und friedlich.

Als ich dann im Frühjahr 2023 erneut schwanger war, rief ich sofort unsere Hebamme J an und wollte erneut eine Hausgeburt. Doch beim zweiten Vorsorge Termin dann die Überraschung: es sind Zwillinge! Der Traum der Hausgeburt zerbarst in dieser Sekunde in tausend Scherben.
Abgesehen davon, dass ich auch die Nachricht von Zwillingen ein paar Tage verdauen musste und mich auf den Gedanken einlassen, beschäftigte mich das Thema einer Geburt im Klinikum von da an sehr. Ich hatte sehr viele Bedenken, dass meine Wünsche nach einer natürlichen Geburt dort nicht entsprochen werden. Oder dass mir Interventionen aufgedrückt werden, die ich nicht wollen würde.

Und nach der Geburt meiner Tochter zu Hause war für mich bereits ein Zugang und minutenlange CTG Überwachung eine Intervention und fühlte sich “unnatürlich” an. Ich hatte Angst vor einer fremdbestimmten Geburt. Ich hatte Angst, dass eine Geburt in einer Klink nicht aufgrund meiner physischen und psychischen Voraussetzungen scheiterte, sondern aufgrund von traumatisiertem Personal, die kein Vertrauen in die Natur einer Geburt hatten.

Da es keine andere Möglichkeit als eine Geburt im KH gab, suchte ich mir eine Beleghebamme. Ich versprach mir davon eine bekannte Person an der Seite zu haben, die mir Sicherheit gibt und für mich einsteht. So kam es auch – unsere Hebamme M stellte sich als wahrer Segen heraus!
Zusätzlich arbeitete ich mit verschiedenen Meditation, um meine Angst zu bearbeiten (Negative Gefühle ausströmen lassen; Vorbereitung auf eine Klinikgeburt; und Visualisierung der Traumgeburt -> wobei ich mir ganz bewusst einen Kreißsaal vorgestellt habe).

Die Schwangerschaft nahm ihren Lauf. Wir hatten wirklich Glück: Ich hatte eine Vorzeige-Schwangerschaft ohne irgendwelche Auffälligkeiten, trotz Risikostatus.

In der 34 SSW begannen wir dann, uns zwei infrage kommende Kliniken anzusehen und absolvierten dort jeweils ein Geburtsplanungsgespräch.
Zur Wahl stand eine große, sehr erfahrene Uniklinik mit enorm vielen Geburten jährlich und Level 1 Status und eine kleine, gemütliche Klinik ohne Intensivstation. Zuerst hatten wir das Geburtsplanungsgespräch in der Uniklinik. Dort gerieten wir an einen Arzt, welcher auf eine wirklich abschreckende Art und Weise kommunizierte. Meine Wünsche tat er alle als Hokuspokus ab. Er sagte z.b., dass nach der Geburt des ersten Kindes, dieses sofort den Raum verlassen müsse. Ich dürfte es nicht sehen und schon gar nicht kuscheln. Das würde mich zu sehr von der zweiten Geburt ablenken und das erste Kuscheln würde auch überbewertet. Er beendete das Gespräch mit dem Kommentar, dass ich eine wirklich extravagante Einstellung gegenüber Geburten hätte und ich der Realität ins Auge blicken sollte: Es sei schließlich eine hoch risikoreiche Geburt, die ich da vorhätte.

Zu diesem Zeitpunkt lag der zweite Zwilling in Beckenendlage. Diese Tatsache war für die Uniklinik jedoch kein Problem und sie gaben der natürlichen Geburt grünes Licht – wenigstens das. Auf dem Gang rief der Arzt uns dann im Gehen noch entgegen, wir würden uns dann 37+0 zur Einleitung sehen. Diese Empfehlung schrieb er dann auch ohne Nennung einer Indikation in seinen Bericht. Ich war entsetzt. Diesen Mann wollte ich nie wieder sehen und ich war davon überzeugt, dass keine 10 Pferde mich dort hin zurückbringen könnten.

Wenige Tage später fuhren wir zum Gespräch in die kleinere Klinik. Die Entbindungsstation war gemütlich, die Ärztinnen und Hebammen sehr nett. Das Gespräch verlief gut und meine Wünsche wurden dort bestärkt. Bei der Ultraschalluntersuchung kam jedoch eine große Gewichtsdifferenz zwischen den beiden Kindern heraus, welche der Ärztin Sorgen bereitete. Wir wurden gebeten, am nächsten Tag erneut zu kommen, um von der Oberärztin erneut geschallt zu werden. Die Gewichtsdifferenz konnte als Messungenauigkeit entlarvt werden. Abschließend empfahl mir die Oberärztin trotzdem einen Kaiserschnitt und sagte, dass die natürliche Geburt in diesem Haus ausgeschlossen sei. Die BEL meines zweiten Sohnes sei zu gefährlich (Es fehlte dafür die Erfahrung, was sie leider nicht zu gab). Ich fragte, wie viel Zeit ich zum Bedenken hätte und es wurde festgelegt, dass ich mich innerhalb von einer Woche entscheiden sollte.

Das war in der 37SSW. Und ich fragte, ob es nicht sein könnte, dass mein Sohn sich doch noch dreht. Die Ärztin sagte, dass wäre zu dem späten Zeitpunkt und dazu noch bei Zwillingen sehr unwahrscheinlich. Ich ging niedergeschlagen nach Hause.
Jetzt hatte ich also die schwierige Wahl zwischen einem Eingriff, den ich absolut nicht wollte oder der Uniklinik, die ich abschreckend fand. Ich diskutierte mit meinem Mann, meiner Hebamme und meiner Gynäkologin und mein Trotz kehrte zurück: Ich würde mich nicht präventiv aufschneiden lassen. Somit würde ich mich meiner Angst stellen müssen und die Uniklinik als Geburtsort wählen. So kam es auch.

Die Tage verstrichen, die Untersuchungen häuften sich und um mich herum wurden alle nervöser und nervöser. Ich verstand die Aufregung nicht und war ziemlich genervt von den vielen Terminen.
In der 38ten Woche dann die große Überraschung: Sohn Nummer Zwei hatte sich tatsächlich noch gedreht. Die perfekte Ausgangslage für eine natürliche Geburt! Von mir aus durfte es nun los gehen.

Auf Grund der Empfehlung der Leitlinie, welche die Einleitung bei Zwillingen ab 38+0 fordert, fuhren wir Sonntags (38+0) in die Uniklinik. Dort wurde erneut ein Ultraschall gemacht. Es wurde erneut bemängelt, dass sich die Kinder nicht mehr richtig messen lassen würden und man daher nicht ausschließen könne, dass einer der beiden nicht mehr gewachsen sei. Da ich inzwischen verstanden hatte, dass der Ultraschall ein ziemlich ungenauer Goldstandard ist, ließ ich mich davon nicht beirren. Mein Gefühl sagte mir, dass es beiden Kindern gut ginge. Ich lehnte die Einleitung ab und unterschrieb gegen ärztlichen Rat wieder nach Hause zu gehen. Mein Muttermund war zu diesem Zeitpunkt bereits 2 cm eröffnet und ich hatte häufige, sehr starke Übungswehen.

Im Laufe der Woche wechselten sich die Übungswehen und tatsächliche Geburtswehen dann ab. Alle zwei Tage ging ich zu Gynäkologin und auch das Muttersiegel ging im Laufe der Woche ab. Und die Tage bis Weihnachten verflogen. Immer wieder hoffte ich, dass die beiden vor oder nach Weihnachten kommen würden. Welch Ironie: wahrscheinlich habe ich Weihnachten dadurch innerlich total manifestiert.

Freitag auf Samstag Nacht bekam ich starkes Fieber und Gliederschmerzen. Samstag Vormittags, am 23.12, wurden wir erneut im Klinikum vorstellig und es war alles unverändert (Muttermund 2 cm, unregelmäßige Wehen und die große Frage, was eigentlich noch fehlte, damit es los ging). Aber mit einer neuen Erkenntnis: ich hatte Corona. Ich lehnte erneut die Einleitung ab, ließ mich aber auf eine Eihautlösung ein. Schon im Auto merkte ich deutliche Wehentätigkeit. Zuhause wurde es dann intensiver. Ich ging in die Badewanne. Gegen 19:00 Uhr war es so intensiv, dass ich dachte: „Wenn es intensiver wird, möchte ich so nicht mehr Auto fahren.” Also fuhren mein Mann und ich los. Und ich hoffte, dass meine beiden Jungs es doch noch vor Weihnachten schafften.

Im Klinikum wieder angekommen durchlief ich die Anmeldung. Mein Muttermund war bei 4 cm und wir machten erneut eine Eiprolösung. Und dann geschah trotz viel Ruhe, Hypnose auf den Ohren und einem dunklen Kreißsaal das Phänomen des verschreckten Rehs: die Wellen wurden weniger und weniger. Also kam ich um 1 Uhr Nachts auf ein Zimmer. Mitten in der Nacht sollte dann erneut ein CTG gemacht werden. Die Nacht war entsprechend wenig erholsam und Wellen hatte ich auch keine mehr.

Am 24.12. gegen 8:00 Uhr morgens war ich so mürbe, dass ich mich nun doch auf die Einleitung mit Hilfe eines Wehentropfes (Oxytocin) einließ.
Bis 14:00 Uhr wurde mir mit stetig steigender Dosis Oxytocin gegeben. Dadurch hatte ich regelmäßige Wellen alle 5 Minuten. Sie waren leicht zu veratmen und so harmlos, dass ich kein Bedürfnis nach der Hypnose hatte. Ich hörte allerdings immer wieder “Geburt mental fördern” und versuchte mit aller Kraft meinen Körper einzuschwören. Zwischendurch war ich aber auch sehr unmotiviert. Ich spürte deutlich, dass die Wellen nicht richtig unten ankamen. Sie verhallten. Es fehlte der Druck nach unten. Mein Muttermund war immer noch bei 4 cm.

Nach einem Spaziergang durch das Treppenhaus (4 Stockwerke), sagte dann unsere Beleghebamme, dass sie folgende Optionen mit der diensthabenden Ärztin besprochen habe:
1) Einleitung aufhören, auf die Station gehen und weiter abwarten.
2) Fruchtblaseneröffnung des ersten Kindes
3) Kaiserschnitt

Ein Kaiserschnitt stand für mich nicht zur Diskussion. Eine Fruchtblaseneröffnung machte mir Sorgen: Nicht die Eröffnung an sich, sondern die möglichen Interventionen, die folgen würden, sollte mein Körper nach der Eröffnung immer noch nicht von selbst starten. Auf die Station wollte ich aber auch nicht. Ich hatte es satt zu warten. Ich wollte um keinen Preis zurück in das unbequeme Bett der Station. Diese Option hätte für mich bedeutet, nach Hause zu fahren. Aber ich wollte nicht erneut in die Lage kommen, zu Hause zu sitzen und zu zweifeln, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zum Losfahren wäre.

Außerdem dachte ich auch an meine kleine Tochter. Für sie wäre es sicherlich besonders nervenaufreibend, wenn ich käme und dann wieder fahren würde. Jetzt hatten wir den Abschied schließlich einmal geschafft.
Und dann der Gedanke: es ist Weihnachten. Und meine Mutter und meine Tochter sitzen alleine zu Hause und tun so, als wäre ein normaler Wochentag. Das kam mir so trostlos vor.
Auch mit meiner Beleghebamme hatte ich Mitleid. Sie stand nun schon mehr als 24 h an unserer Seite – und das an Heiligabend.

Mein Mann, unsere Beleghebamme und ich diskutieren zu dritt. Zu dem Zeitpunkt war ich vollständig aus der Hypnose entrissen und im Kopf angelangt. Die Entscheidung fiel mir schwer. Dann fasste ich Mut und entschied mich für die Eröffnung der Fruchtblase. (Übrigens hat mir diese Intervention an sich keine Angst gemacht, da ich sie aus der Podcast-Folge mit Wolf Lütje kannte. Danke dafür!). Eine Last fiel mir von den Schultern, ich brach in Tränen aus. Meine Hebamme ermutigte mich, die anderen Optionen nun gedanklich gehen zu lassen.

Wir warteten auf die nächste Welle und als sie kam, führte meine Hebamme die Eröffnung durch (ca 15:00 Uhr, 4 cm Muttermund). Und dann geschah ein Wunder, wie es nur die Natur selbst schaffen kann. Innerhalb von wenigen Minuten bekam ich starke Wellen, alle 3 Minuten. Und innerhalb von 3 bis 4 dieser ersten Wellen nahmen diese eine Stärke an, wie ich sie aus der Übergangsphase der Geburt meiner Tochter kannte (10 von 10 Meter Höhe so zusagen). Ich hatte die Hypnosen auf den Ohren, aber die Geschehnisse überrollten mich tatsächlich und ich kam so schnell nicht in eine tiefe Hypnose.

Rückblickend denke ich, dass dies auch nicht nötig war. Denn auch wenn ich vielleicht nicht sehr tief in Hypnose war, hielt ich die ganze Zeit an meinen Glaubenssätzen fest: “Das ist meine Kraft. Das ist genau richtig so. So muss es sein. JAAA!” Und so sagte ich mir dies in meinem Kopf immer wieder vor. Ich war aufjedenfall hoch konzentriert. In meinem Kopf sah ich mich nackt im Auge des Sturms stehen. Mit wild wehenden Haaren, fest verankert im Boden, dem Sturm entgegenblickend. Es war wirklich wild. Es war nicht rosarot, wie bei meiner Tochter. Es war eine überwältigende Kraft, ein wilder Ritt, immer auf dem schmalen Grad zwischen dem Gedanken: “Es ist bald so weit. Bald ist es geschafft.” Und dem leisen Zweifel: “Was wenn es doch noch lange geht?”

Und dann nach nicht mal 55 Minuten spürte ich die erste Presswelle. Zwischen den Presswellen hatte ich Unterleibsschmerzen. Pausen gab es dieses Mal also leider keine für mich. Aber mein erster Sohn ließ nicht lange auf sich warten. Keine 20 Minuten später kam er zur Welt (16:15). Ich hatte einen breiten CTG Gurt an, dort steckten sie ihn drunter, so dass er wie in einem Bonding Tuch auf meinem Bauch lag. Wie wunderschön! Und gleichzeitig der Gedanke: Es geht gleich weiter. Lass dich noch nicht gehen.

Ich bekam ein mal Oxytocin und es ging dann nach wenigen Minuten bereits weiter. Ich sagte dann kurz und knapp, sie sollten meinen Sohn von meinem Bauch nehmen, da ich Sorge hatte, ihn nicht halten zu können, wenn ich erneut pressen würde. Mein zweiter Sohn kam dann 15 Minuten später mit Glückshaube zur Welt. Es war geschafft! Beide wurden mir in den Arm gelegt. Ich war erschüttert, glücklich, überwältigt, vollkommen sprachlos.
Nach einer Verschnaufpause und einem Ankommen im Hier und Jetzt, wurden die beiden gewogen und vermessen. Und siehe da: vollkommen gesunde, normalgewichtige und große Kinder (3490g und 52cm; und 3204g und 50cm). Meine kleinen Weihnachtsmänner!

Mein persönliches Weihnachtsgeschenk war dann allerdings noch die Erkenntnis, dass ich erneut ohne Dammverletzung durch die Geburt gehen durfte und dass wir tatsächlich nach 6 Stunden ambulant nach Hause gehen durften. Mein Mann, meine Babys und ich kuschelten also eine Weile im Kreißsaal, aßen Weihnachtsgebäck und warteten auf unsere Entlassung. Irgendwo auf der Station spielte jemand Weihnachtslieder auf einer Flöte. Es war ein verrücktes Weihnachten – ein ganz besonderes.

Diese Schwangerschaft und Geburt war ein wildes Abenteuer. Vor allem während den letzten Wochen der Geburt wurde von vielen Seiten aus hoher Druck auf mich ausgeübt. Schlussendlich bin ich heilfroh, so viel Unterstützung gehabt zu haben und dass ich mich nicht habe beirren lassen von diversen Ärzten. Zwillinge können natürlich auf die Welt gebracht werden. Und sie können auch länger als 38+0 im Bauch verweilen. Aber dafür muss die Schwangere hart kämpfen und das richtige Mindset haben. Der Kurs von Kristin hat mir ein sehr großes Selbstvertrauen geschenkt, ein Vertrauen in den Körper und in die natürlichen Vorgänge. Ich würde es immer wieder so machen!

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