Nach einer interventionsreichen 1. Geburt, war für mich in der 2. Schwangerschaft sehr schnell klar, dass ich mich dieses Mal mit der friedlichen Geburt vorbereiten würde und eine Beleghebamme an meiner Seite haben wollte. Gesagt, getan – ab der 24. SSW übte ich intensiv mit Kristins Kurs.
Da wir keine Verwandten in der Nähe haben, war unklar, ob mein Mann bei der Geburt dabei sein würde. Wir strickten ein Betreuungsnetz aus Freunden, das aufgrund der Ferienzeit jedoch nicht jeden Tag um den ET vollständig abdeckte. Es war mir wichtiger, dass unser 1. Kind gut aufgehoben war, als dass ich Begleitung durch meinen Mann während der Geburt hatte. Wir vereinbarten also, dass er gegebenenfalls beim 1. Kind bleiben würde, während ich allein mit meiner Beleghebamme ins Krankenhaus gehen würde. Ich verzichtete daher auf die Partnerhypnosen und nahm alle Verantwortung für meine Geburt auf mich. Obwohl mein Mann letztendlich bei der Geburt anwesend sein konnte und unser 1. Kind sehr gut betreut war, war dies unglaublich wichtig für mich. Es gab mir Kraft, Sicherheit und Selbstbewusstsein, die mir bei der 1. Geburt fehlten.
Die ersten Wellen spürte ich bereits am Samstag, zwei Tage bevor unser Kind tatsächlich geboren wurde. Sie waren sehr unregelmäßig und ich habe sie weder veratmet, noch mich dafür in Hypnose begeben. Doch ich merkte deutlich, dass das keine Übungs- oder Senkwellen waren. Wir waren zu diesem Zeitpunkt bei einer Freundin zum Spielen mit unserem 1. Kind. Ich freute mich innerlich sehr, dass es vielleicht bald losgehen könnte, verhielt mich jedoch ganz unauffällig, weil ich niemanden grundlos nervös machen wollte. Da es eine der Freundinnen war, die ggf. auf unser 1. Kind während der Geburt aufpassen sollten, klärte ich noch einmal ab, ob sie in den kommenden zwei Tagen auch Zeit dafür hätte. Sie bejahte und ich freute mich sehr, da sie meine 1. Wahl für die Betreuung unserer Tochter war und ich bestärkte das Baby im Bauch, sich gerne bald auf den Weg zu machen.
Als wir nach Hause kamen, ging ich davon aus, dass sich nun alles einschwingen würde und unser 2. Kind in dieser Nacht geboren werden würde. Geburten waren in meinem Kopf aus irgendeinem Grund etwas, das nachts passierte. Doch gegen Abend wurden die Wellen immer seltener. In der Nacht wurde ich im Stundentakt von den Wellen geweckt. Sie waren intensiver als tagsüber und ich nutzte sie, um die Atmung zu üben. Gegen 3 Uhr morgens beschloss ich, aufzustehen, zu duschen und die Meditation „mentale Förderung des Geburtsbeginns“ zu machen. Ich war sehr gespannt, wie es weitergehen würde. Doch als mein Mann und unser 1. Kind morgens aufstanden, hörten die Wellen vollständig auf. Auf der Toilette fand ich an diesem Morgen rötlichen Schleim am Toilettenpapier und wusste, dass sich zumindest irgendetwas am Muttermund getan hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Geburt auf den Geburtstag meines Mannes fallen würde, wurde nun immer größer und ich fand die Vorstellung zunehmend schön.
Am Sonntagabend beschloss ich, eine letzte Kleinigkeit für die Arbeit zu erledigen. Ich hatte das Gefühl, diese Sache war noch in meinem Hinterkopf, auch wenn ich rational wusste, dass ich das auch ganz entspannt am Ende des Wochenbetts erledigen konnte. Ich schrieb also diese letzte E-Mail und sagte dem Baby, dass ich nun definitiv bereit sei, es zu empfangen.
In der Nacht wurde ich in regelmäßigen Abständen von Wellen geweckt, die ich nutzte, um die Atemtechnik zu üben. Ich hatte die Atmung ab und zu mit den Übungswellen trainiert, aber fand sie dabei nicht sonderlich hilfreich. Bei diesen Wellen wirkte die Technik jedoch wunderbar und ich visualisierte die Öffnung des Muttermundes. Gegen 5 Uhr beschloss ich, aufzustehen und ein Entspannungsbad zu nehmen. Die Wellen wurden immer seltener und ich machte noch einmal die Hypnose „Geburtsbeginn mental fördern“.
Dann bereitete ich ein schönes Geburtstagsfrühstück für meinen Mann zu und wartete, dass meine Familie aufwachte. Wenn es schon nicht mit der Geburt losging, wollte ich den Tag nutzen, um noch einmal einen richtig schönen Tag zu dritt zu verbringen. Trotzdem schrieb ich meiner Hebamme eine frustrierte Nachricht mit der Bitte um Tipps zum Anregen der Geburt. Sie antwortete, dass ich Schlaf nachholen sollte, einen großen Spaziergang machen sollte und dass es gut sei, so wie es ist, da der Cervix sich bereits verkürzen würde und ich später weniger „Arbeit“ hätte.
Nach dem Geburtstagsfrühstück wollten wir gemeinsam einkaufen gehen. Auf dem Weg dorthin spürte ich jedoch sehr plötzlich regelmäßige Wellen, die mich zum Stehenbleiben und Atmen brachten. Am Ende unserer Straße beschloss ich, umzukehren und schickte die beiden anderen ohne mich einkaufen.
Zuhause angekommen, wusste ich, dass es nun endlich losging. Es war mir sehr recht, nun zuerst einmal allein zu sein. So konnte ich mich vollkommen auf mich und die Geburt konzentrieren. Es war ca. 10.30 Uhr. Ich verdunkelte das Schlafzimmer, kniete mich vor dem Bett auf den Boden, sodass ich mich mit dem Oberkörper bequem auf der Matratze abstützen konnte und startete die Geburtshypnose. Ich war sofort komplett bei mir und fiel sehr leicht in die Hypnose. Die Wellen kamen und gingen. Ich freute mich über jede einzelne und war bereit, mich der Geburt ganz hinzugeben.
Als meine Familie nach Hause kam, merkte ich, dass es Zeit war, unser 1. Kind bei meiner Freundin unterzubringen. Ich verabschiedete mich von meiner Tochter und mein Mann fuhr los. Erst jetzt merkte ich, wie gut die Hypnose funktionierte. Die Wellen in der Zeit der Verabschiedung und Kommunikation trafen mich mit voller Wucht. Ich war froh, als beide weg waren, und verbrachte die Zeit bis mein Mann wieder kam, atmend in Hypnose. Als er zurückkam, drängte er mich, die Wellen zu tracken. Er hatte sichtlich Probleme, die Wellen zu erkennen und ich gab im Zeichen zu Beginn und Ende einer jeden Welle. Die Wellen waren nur kurz (ca. 30 Sekunden), aber intensiv und kamen im Abstand von 3 Minuten. Die App empfahl, sofort ins Krankenhaus zu fahren und mein Mann wurde zunehmend nervöser. Ich selbst hatte das Gefühl, noch sehr viel Zeit zu haben, weil die Wellen so viel leichter und angenehmer waren als bei der 1. Geburt. Diese kleinen Wellen konnten doch noch nicht ausreichen, oder doch?
Mein Mann drängte unsere Hebamme anzurufen und gab das Handy an mich, da die Hebamme von mir selbst wissen wollte, wie der Stand war. Wir vereinbarten, uns in 30-40 Minuten im Krankenhaus zu treffen. Die Autofahrt bereitete mir etwas Sorge, aber mit den Kopfhörern und Kristins Stimme im Ohr lief alles wunderbar. Ich wartete die nächste Welle ab und stieg danach sofort ein.
Im Kreißsaal angekommen, nahm ich die Kopfhörer ab. Ich wusste, ab jetzt würde ich es auch so schaffen. Ich war an diesem Mittag die einzige Frau dort. Meine Hebamme empfing uns freundlich und brachte uns in das schönste Geburtszimmer des Krankenhauses mit eigener Geburtswanne. Sie fragte mich, ob ich zuerst das CTG schreiben oder zuerst untersucht werden wollte. Ich entschied mich für die Untersuchung, da ich total gespannt war, wie viel schon geschafft war. Wir waren bei 8cm. Das hatte niemand von uns erwartet und ich war sehr glücklich darüber.
Die Hebamme fragte, ob ich in die Wanne möchte. Darüber hatte ich mir zuvor keine Gedanken gemacht, da ich fest mit einer PDA gerechnet hatte. Ich entschied mich spontan dafür, die Hebamme ließ das Wasser ein und wir schrieben in der Zwischenzeit das CTG. Es war 12:45 Uhr.
Das CTG war sehr gut und ich veratmete die Wellen im Vierfüßler auf dem Bett. Es war nun deutlich schwieriger, in Hypnose zu bleiben, aber die meiste Zeit gelang es mir gut. Mehrfach nutzte ich meinen Berührungsanker, was ein Druck am linken Zeigefinger war. Ich hatte zunehmend das Bedürfnis, zu pressen und die Hebamme sagte, ich kann dem ruhig nachgeben. Dann öffnete sich die Fruchtblase und ich spürte eine kleine Erleichterung. Die Hebamme wies mich nun daraufhin, dass ich jetzt in die Wanne müsse, wenn das Kind im Wasser geboren werden soll. Ich wartete die nächste Welle ab und machte mich dann auf den Weg zur Wanne. Dort nahm ich dieselbe nach vorne gestützte Position ein. Die Wellen wurden in der Wanne noch intensiver. Gleichzeitig ließen die Rückenschmerzen, die ich im ISG-Bereich verspürt hatte, endlich nach. Mein Mann hatte zu Hause und auf dem Bett im Krankenhaus die Aufgabe, Gegendruck in diesem Bereich mit einem Tennisball zu erzeugen, aber gegen Ende war das relativ wirkungslos.
Plötzlich merkte ich eine unglaubliche Dehnung und ein Brennen. Ich dachte: „So muss sich wohl ein Kopf im Geburtskanal anfühlen“. Die Hebamme sagte, dass ich gerne mitschieben kann, wenn ich möchte. Ich weiß nicht mehr, wie viele Wellen es brauchte, bis das Baby tatsächlich da war. Es kam mir jedoch sehr lange vor und ich sagte zwischendurch, dass ich keine Lust mehr habe und es nicht schaffen würde. In Wirklichkeit dauerte es ca. 10 Minuten, aber es kam mir viel länger vor und war für mich der anstrengendste Teil. Die Zeit vorher war wie im Flug vergangen, aber die letzten Wellen zogen sich. Vielleicht wäre es doch gut gewesen, in dieser Phase Kristins Stimme zu hören.
Da es mir nicht schnell genug gehen konnte, erwartete ich jede Welle freudig, um wieder etwas mehr mitzuschieben. Die Hebamme ließ mich das Köpfchen tasten. Ein seltsames und wunderbares Gefühl zugleich. Mit der nächsten Welle wurde dann endlich der Kopf geboren. Dann sollte ich langsamer machen. Es war aber kaum möglich. Im Nachhinein erfuhr ich, dass die Nabelschnur am Hals entlang lief und ein Arm neben dem Kopf lag. Sonst wäre die Geburt noch viel schneller gegangen. Durch den Arm neben dem Kopf hatte ich einen Scheidenriss. Ob ich das gespürt habe, weiß ich aber gar nicht, Zwischendurch hatte ich einmal ein Stechen gespürt, als ob jemand einen spitzen Fingernagel in meine Haut drücken würde. Vielleicht war das der Moment. Es war mir aber auch völlig egal.
Dann spürte ich wie das Baby sanft mit seinem restlichen Körper geboren wurde. Das Gefühl der Beine werde ich nicht vergessen. Die Hebamme hielt das Baby unter Wasser bis ich mich umdrehte und es entgegen nahm. Ich war erschöpft und unglaublich glücklich. Was für ein lebensverändernder Moment, dieses kleine Wesen aus dem Wasser zu heben und auf mich zu legen. Es war 13.33 Uhr. Die Geburt war also insgesamt sehr schnell.
Wir kuschelten, bis wir für die Geburt der Plazenta an Land gingen. Das Baby lag auch dabei die ganze Zeit auf mir. Für die Geburt der Plazenta zog die Hebamme behutsam an der Nabelschnur und ich schob einmal mit. Dann war es schon geschafft. Die Hebamme und die Ärztin, die kurz vor der Geburt dazu gerufen wurde, verließen das Zimmer und wir kuschelten zu dritt. Das Baby begann, zu suchen und ich legte es direkt das erste Mal zum Stillen an. Dann kamen beide zurück und der Scheidenriss wurde genäht. Dies war der unangenehmste Teil der gesamten Geburt.
Der erste Kontakt unserer beiden Kinder war uns sehr wichtig. Ich fragte daher die Hebamme, ob es ok sei, wenn die „Große“ ihre kleine Schwester abholte und sie stimmte zu. Mein Mann holte unser 1. Kind ab und gemeinsam kamen sie zurück in den Kreißsaal. Die „Große“ nahm ihre Schwester entgegen. Wir starteten glücklich in unser Leben als Familie zu viert und verließen das Krankenhaus nach vier Stunden.