Und zack – es geht los!
Der helle Tagesabschnitt an diesem Samstag war sehr unspektakulär – mein Mann A. war nochmal in der Stadt unterwegs, ich hab zu Hause rumgewerkelt und ab 15:30 Uhr bei meiner Online-Weiterbildung zum Thema „Sprecher-Business“ weiter gemacht.
Um 17 Uhr hab ich die ersten regelmäßigen Wellen gespürt und gemerkt, dass ich mich nicht mehr auf die Videos konzentrieren kann. Keine Schmerzen und nichts Unangenehmes, aber der Fokus ließ sich nicht mehr halten.
Bin sehr entspannt geblieben – Übungswellen, auch in regelmäßigen Abständen, waren ja nichts neues für mich.
Hab dann ein bisschen am Handy gedaddelt und noch einen guten Schwung gelesen, während A., der Schatz, Essen gekocht hat – Gnocchi-Pilz-Pfanne mit großem bunten Salat vorher.
Die Wellen blieben über die Zeit und wurden noch deutlich spürbarer, und so hab ich beim Essen zu meinem Mann gesagt: „Also, wenn das hier so weiter geht, können wir nach dem Spielen mal tracken.“
Da kam die erste leise Aufregung auf – geht es jetzt los? Hat der kleine Mensch sich entschieden, in den nächsten Stunden geboren zu werden? Mein Mann ist jedenfalls aufgeregter als ich, total süß! Er kommt ins Plappern und rutscht unruhig auf dem Stuhl hin und her.
Trotzdem hat er dann eindeutig gewonnen bei Carcassonne, meine mentalen Kapazitäten werden gerade anderweitig in Beschlag genommen, wenn auch unbewusst.
Nach dem Spielen haben wir uns ins Bett gelegt – A. mit Papier, Stift und Handy bewaffnet, um die Abstände und die Dauer der Wellen zu dokumentieren. Sie waren immer 2 Minuten lang und 3 Minuten lagen dazwischen.
Ich lag auf der Seite und hab extra meinen Pulli hochgeschoben, um die Kontraktionen von außen zu sehen – so spannend! Die Bauchdecke hat sich sichtlich zusammengezogen und der Bauch wurde dadurch kugeliger. Wie sich das wohl für den kleinen Menschen angefühlt hat? Im Geburtsvorbereitungskurs und in diversen Büchern wurde es mit einer „engen Umarmung“ verglichen, was mir aufgrund der Beobachtung von außen ganz plausibel erscheint. Aber das werden wir wohl nie so genau wissen…
Ich hatte meine Hände auf den Bauch gelegt und hab innerlich mit dem kleinen Menschen gesprochen – ihm gesagt, dass alles gut ist, dass wir uns freuen und dass wir das bestimmt gut hinkriegen miteinander.
Nach einer Dreiviertelstunde tracken, haben wir dann die Hebamme S. angerufen und die hat gesagt, dass das ganz danach klingt, dass sich unser Baby auf den Weg macht, es aber wohl auch noch ‘ne Weile dauert und wir versuchen sollen, nochmal zu schlafen, um Kraft zu tanken. Sie sei aber in jedem Fall erreichbar und freue sich, dass es los geht.
Danach war’s also offiziell – es ging los! Ein kleiner Gefühlscocktail brach über mich herein – Vorfreude, Aufregung, Anspannung, Neugier, alles auf einmal! Dann haben wir unsere Doula Sh. noch angerufen, um sie vorzuwarnen – was ‘ne gute Idee war, weil sie dann bewusst früh ins Bett gehen und auch nochmal Kraft tanken konnte. Auch bei ihr viel Freude, dass es los geht.
Danach sind wir wieder ins Bett – A. hat sich sogar Schlafsachen angezogen, hat aber dann wie er im Nachhinein erzählt hat, gar nicht geschlafen.
Im Bett haben wir uns jedenfalls nochmal bewusst einen Moment für uns zwei genommen – zusammen geatmet, in uns rein gespürt und uns bewusst in den Prozess hinein begeben – das war super schön 🙂
09.01.22
So bis 1:00 Uhr war ich dann im Bett, hab tief in den Bauch geatmet und die Geburtsmeditation von „Die friedliche Geburt“ gehört. Gefühlt hat mich das schon entspannt und in meine Mitte gebracht, aber in Trance bin ich nicht gekommen.
Neugierde kam in mir auf – kann ich die Entspannung bis zum Schluss halten? Bleiben die Wellen dadurch gut zu bewältigen? Geht das mir und den anderen nicht irgendwann auf die Nerven? Verrückt, was für Gedanken zu diesem Zeitpunkt noch Platz hatten in meinem Kopf. Sobald die Wellen ein Stück stärker wurden, hatte ich das erste Mal das Bedürfnis nach Wasser und Badewanne, die mir A. dann gerne eingelassen hat.
Hier stand die Frage im Raum, ob ich alleine rein gehe, oder ob er mitkommt und nach meinem Bauchgefühl bin ich dann allein in die Wanne. Das Wasser hat extrem gut getan und mich nochmal tiefer runtergefahren. Ich war auch richtig gut in Verbindung mit dem kleinen Menschen, hab meinen Bauch gehalten und bin gegen Wannenende ins sanfte Tönen eingestiegen. Irgendwann kam dann das Gefühl auf, wieder die Tapete zu wechseln und ich bin ganz entspannt zurück ins Schlafzimmer. Hier hat ein Hin und Her zwischen Bett, Sitzball und kleinem Trethocker gutgetan.
Gegen 5 Uhr morgens (krasse 12 Stunden nachdem ich gemerkt habe, dass irgendwas anders ist!) habe ich meinen Mann gebeten, unsere Doula Sh. anzurufen und die hat sich dann auch auf den Weg zu uns gemacht. Draußen war immer noch Sturm und Regen, die am Rollladen gerüttelt haben. So ganz anders als die Stimmung bei uns drinnen. Ich hab weiter auf dem Hocker gesessen, die Arme auf die Wickelkommode aufgelegt und den Kopf darauf gestützt.
Die Meditation lief nach wie vor und ich war total bei mir und dem kleinen Menschen. Sh. hat sich dann mit einer sanften Berührung an meiner Schulter bemerkbar gemacht, was sehr schön war, es hat mich nochmal ein Stück entspannt und weitere Geborgenheit mit sich gebracht. Sie hat zusammen mit meinem Mann A. in den nächsten Stunden darauf geachtet, dass ich genug trinke, sie hat mir Rücken, Po und Beine massiert, mitgetönt und Mut gemacht. Für eine kurze Weile hat sie A. auch ermöglicht, sich abzulegen, was ihm, glaube ich, gut getan hat.
Irgendwann am Morgen – vielleicht 9 Uhr? – bin ich dann zum zweiten Mal in die Wanne. Das Tönen war mittlerweile durch die deutlich kräftigeren Wellen schon wesentlich lauter und ganz kurz habe ich mich gefragt, was die Nachbarn wohl mitkriegen und denken. Der Gedankengang war aber ziemlich schnell schon wieder weg.
Um 10:30 Uhr hab ich Sh. gesagt, dass ich mir wünsche, dass unsere Hebamme S. dazu kommt. Zum einen wollte ich wissen, wie so der Stand ist nach der bisherigen Zeit, zum anderen gab es die erste leise Hoffnung, dass es nicht mehr lange dauert. Auch wenn es mir zu diesem Zeitpunkt gut ging mit den Wellen und dem Setting, hatte ich das Gefühl, dass es guttun würde, von außen eine Zielmarke zu bekommen, ein „so viel ist schon passiert“ und „das darf noch passieren“.
Also hat mein Mann die Hebamme angerufen und eine Stunde später war sie da. Sie begrüßt mich genau wie Sh. mit einer sanften Berührung an der Schulter und fragt mich, wie’s mir geht. Ich nicke verklärt in meiner Trance, murmele ein „gut“ und auf ihre Frage, ob ich mir eine Untersuchung wünsche, nicke ich ein weiteres Mal. Wir warten zwei Wellen ab, dann tastet sie im Inneren meinen Muttermund ab. Ich habe nicht erwartet, dass sich das so unspektakulär anfühlen würde und muss spontan lächeln. Zur nächsten Welle zieht sie sich zurück und verkündet: „Du machst das richtig klasse, Cäcilia. Der Muttermund ist schon 7 cm geöffnet.“
Wieder huscht mir ein Lächeln über die Lippen – 7cm! So viel ist schon passiert! Ich bin kurz stolz auf mich.
Danach hören wir noch die Herztöne vom kleinen Menschen ab – die sind picobello. Super.
Ich verbringe noch eine Weile in der Wanne, während der mich unsere Hebamme noch zwei Mal abtastet, immer geht es noch ein Schrittchen weiter. Gegen Ende müssen wir selbst Wasser kochen und in die Badewanne schütten, weil es von Haus aus kein Warmwasser mehr gibt. Ich lasse mich davon nicht aus der Ruhe bringen, das funktioniert auch so wunderbar mit der Wärme.
Kurz bevor mich der Impuls packt, aus der Wanne zu steigen, kommt die zweite Hebamme M. – ein Zeichen dafür, dass S. denkt, es dauert nicht mehr lange – juhu!
Weiter geht’s dann erst einmal im Bett. Auf der Seite liegen, Vierfüßlerstand, Hocke mit meinem Mann hinter mir. Unsere Doula tönt ganz oft mit und massiert da, wo die Position es zulässt, das gibt Kraft.
Die Hebamme S. untersucht nochmal nach ein wenig Zeit – es steht nur noch ein kleiner Saum, das ist gut. Nur scheint der kleine Mensch noch nicht weiter nach unten zu wollen – also braucht’s mehr Bewegung.
Ich verlasse das Bett und wippe durch die Wohnung, kreise großzügig mein Becken und schüttele es. Bei den Wellen stelle ich immer abwechselnd ein Bein auf unseren kleinen Hocker, um im Becken unterschiedliche Räume „freizumachen“.
Langsam wird es spürbar anstrengender für mich und zäh, zum ersten Mal ist der deutliche Gedanke da: „Hoffentlich dauert es nicht mehr so lange.“ Ich habe keine Ahnung, wieviel Uhr wir haben, aber es fühlt sich nach Nachmittag an.
Mein Mann jedenfalls scheint meinen kleinen Durchhänger zu spüren und schlägt vor, gemeinsam zu tanzen.
S. macht die Rollläden hoch und Fenster auf, um mit frischen Wind reinzubringen und dann geht’s los – die Hypnose hat ausgedient und wir tanzen durch’ s Wohnzimmer.
„No roots“, „Augenbling“, „Sommerzeit“ und „Mocking Bird“ begleiten uns dabei. Die Beine stütze ich nach wie vor abwechselnd auf, sobald eine Welle kommt. Die Musik tut gut, lässt nochmal kurzzeitig Energiereserven aufploppen und hellt meine Stimmung auf. Überhaupt macht es in diesem Moment total Spaß mit Chouchou und dem kleinen Mensch im Bauch zu tanzen, es drängt die Anstrengung in den Hintergrund.
Die Session wird unterbrochen, weil ich auf’s Klo muss. Da muss ich mittlerweile übrigens recht oft hin – auch, um lauter kleine Berge abzusetzen. Mein Körper macht Platz. Bei einigen Malen ist mein Mann dabei – im Vorhinein dachte ich, dass sich das super seltsam anfühlen wird, aber in den konkreten Momenten ist es total natürlich und überhaupt nicht komisch. Zurück im Wohnzimmer schüttelt unsere Doula Sh. mein Becken von außen, ich mache mit. In die gleiche Richtung geht das Schütteln im Tragetuch danach – S. breitet es auf dem Boden aus, ich lege mich darauf und dann hebt sie mich mit meinem Mann zusammen in die Luft und bewegt mein Becken mit ihm gemeinsam, langsam und etwas schneller Richtung Rütteln.
Ich versuche, entspannt zu bleiben und bewusst loszulassen, aber das fällt mir zunehmend schwer, es wird langsam wirklich anstrengend und kräftezehrend, es fühlt sich an, als würden mir bald die Kräfte ausgehen. Wieder auf dem Boden abgesetzt, versuche ich, mich innerlich aufzufangen, nicht aufzugeben, nicht klein bei zu geben. Ich lege mich wieder ins Bett, nach Anraten von S. auf die rechte Seite und vertöne ein paar Wellen. Auch das Schmerzempfinden ist mittlerweile ein anderes, ich weiß nicht, ob es damit zusammenhängt, dass es jetzt schon recht lange dauert, oder dass ich nicht mehr so entspannt bin, oder vielleicht doch bald geschafft ist, oder… Jedenfalls untersucht mich S. nochmal – der kleine Mensch ist immer noch nicht tiefer ins Becken gewandert und scheinbar steht der Kopf quer und nicht längs – wie er sollte.
Und der Muttermund ist wieder ein kleines Stück zugegangen. All das ist nach der bisherigen Zeit ein ganz schöner Downer und ich fühle mich kraftlos und entmutigt, die nächsten Wellen sind sehr unangenehm.
Ich kommuniziere nach außen, wie’s mir geht – dass meine Kräfte nachlassen, dass ich müde werde, mental wie körperlich und nicht mehr weiter weiß. Ein paar Wellen vertöne ich noch auf der anderen Seite, dann geht S. offen in die Kommunikation – dass wir natürlich noch bleiben und weiter rumprobieren, oder in Ruhe in die Klinik verlegen können. Ich spüre kurz in mich hinein und merke, dass mir nach ‘rumprobieren’ nicht mehr der Sinn steht, dass ich eine Perspektive brauche, ganz egal, wie die aussieht.
Nach kurzem gemeinsamen Austausch entscheiden wir uns für die Verlegung. Von jetzt auf gleich wird alles ganz wuselig – S. packt alles zusammen, mein Mann versammelt die Sachen, die mit dürfen, Sh. hilft mir beim Anziehen und M. packt auch ihre Sachen. Aufbruch, neuer Weg, anderes Setting – ein Teil von mir ist enttäuscht, dass wir weg gehen und gleichzeitig ist das Gefühl da, dass es die richtige Entscheidung ist und dass ich auf allen Ebenen damit „einverstanden“ bin.
Unsere Hebamme S. hat uns in der Zwischenzeit einen Landeplatz im Josefskrankenhaus organisiert und erwähnt, dass gerade eine Geburtshauskollegin von ihr im Kreißsaal Dienst hat – ein glücklicher Zufall. Als alles bereit ist, schaue ich mich nochmal kurz um und verabschiede mich bewusst, um loszulassen, was mir gelingt.
Draußen begrüßen uns kalte Luft und Dunkelheit, es ist kurz nach fünf. Sh. verabschiedet uns beim Auto, sie darf coronabedingt nicht mitkommen und sagt, dass sie noch aufräumen wird, bevor sie fährt. Sie wünscht uns ganz viel Kraft und gute Energie.
S. fährt voraus, wir hinterher. Sitzen und wenig Bewegungsspielraum sind herausfordernd bei der jetzigen Wellenstärke, mein Tönen ist mittlerweile ziemlich laut. Mein Mann A. schafft es trotzdem, in Ruhe und Konzentration zu fahren und versucht, so wenig Ruckeln wie möglich zu erzeugen. Mittlerweile ist jede Verzögerung mental eine Riesenherausforderung für mich, aber ich schaffe es immer noch gut, bei mir in meiner Mitte zu bleiben.
Die Vorbereitung mit „Die friedliche Geburt“ war also in jedem Fall sinnvoll.
Beim Krankenhaus angekommen, heißt es erstmal, Maske aufsetzen – das fühlt sich verdammt seltsam an in dieser Situation, aber nicht so unangenehm, wie ich es befürchtet hatte. S. lotst uns gekonnt durch den Empfangsbereich, mit der Aussage: „Wir sind alle geimpft“ – was ja nicht stimmt, aber ich breche jetzt in meinem Kopf keine moralische Debatte vom Zaun, sondern bin dankbar für das unkomplizierte Ankommen.
Im Kreißsaal angekommen, ziehe ich mich erstmal bis auf die Chillhose und das langärmelige T-Shirt aus, mir ist so warm mittlerweile! S. führt das Übergabegespräch mit ihrer Kollegin A. am Fußende des Bettes auf dem Boden sitzend, ganz in Ruhe und Konzentration, was mir ein gutes Gefühl gibt. Mein Mann regelt ein bisschen Papierkram mit der Ärztin.
Nach dem Übergabegespräch und auch kurzem Check-Up mit der Ärztin lautet nun die Ansage hier vor Ort „PDA oder Kaiserschnitt“. Bäm, voll in die Fresse. Das sind genau die Interventionen, die auf meiner Liste gaaaaaaaanz unten standen. Aber gut, was die PDA angeht, machte die Argumentation schon Sinn – meinem Körper eine kleine Ruhepause zu gönnen, um neue Kraft zu schöpfen und etwaige Zysten, oder anderes Gewebe, das im Weg sein könnte und das man von außen nicht sieht durch die Entspannung der Muskulatur aus dem Weg zu räumen… Mal ganz abgesehen davon, dass sonst gleich der Kaiserschnitt anklopfen würde…
Also wird der Anästhesie Bescheid gegeben und es heißt, die käme in 20 Minuten. 20 MINUTEN!!! Ich glaube, das sind Stand jetzt die längsten 20 Minuten meines Lebens. Die Hebammenassistentin – eine super liebe Person – verkabelt mich am Wehenschreiber / Messgerät der Herztöne und ich versuche weiterhin mir zumindest ein bisschen innere Ruhe zu erhalten. A. ist jedenfalls voll präsent – kuschelt mich von der Seite, hält meine Hand. Das tut so gut!!
Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchen die Anästhesie-Menschen auf. Keine Ahnung mehr, wie viele es wirklich waren, aber mal mindestens 2. Der Chef erklärt mir dann das Procedere und mögliche Nebenwirkungen. Wegen letzteren händigt er mir noch ein vierseitiges Dokument aus, das ich unterschreiben soll – soooooo absurd, als würde, geschweige denn könnte ich das in diesem Moment erfassen… ich unterschreibe einfach und bin im Vertrauen, dass schon alles gut gehen wird.
Als die PDA gelegt wird, darf ich mich nicht bewegen – über den Daumen gepeilt sind das die schlimmsten Wellen der ganzen Geburt. Einfach regungslos dazusitzen ist extrem herausfordernd, gefühlt zerquetsche ich A.s Hand und denke, dass mich doch das ganze Krankenhaus tönen hören muss… Als das dann überstanden ist, kommt die Ansage, dass es jetzt nochmal 20-30 Minuten dauern kann, bis die PDA wirkt. Und wieder versuche ich also innerlich ruhig und geduldig zu bleiben, versuche das beste aus den Wellenpausen herauszuholen – A. erinnert mich auch immer wieder daran, was extrem hilfreich ist – und warte. Wir alle warten, dass das Mittel wirkt. Aber das tut’s nicht, die Wirkung bleibt aus. Der Kommentar des Anästhesisten nach 30 Minuten lautet ganz trocken: „Tja, dann war sie wohl nicht richtig gelegt.“
Ach so. Ja dann…?!?! Diggi, you had ONE Job!! „Sollen wir’s nochmal probieren?“
Ich glaube ich bin im falschen Film. Als ich verneine, zieht das Anästhesie-Team ohne weiteren Kommentar wieder von dannen und wir sind wieder mit den drei Frauen alleine. Und neben ihnen mit dem Kaiserschnitt, der jetzt unausgesprochen mit im Raum steht. Innerlich befinde ich mich wieder in dem Spagat, dass ich das eigentlich auf keinen Fall will und andererseits auch keine brauchbare Alternative und Perspektive sehe. Hebamme & Ärztin untersuchen mich noch einmal und siehe da – der Kopf steht nicht mehr komplett quer, er hat sich etwas gedreht!
Ein kurzer Hoffnungsschimmer blitzt auf, der – so vermute ich – die Hebamme auf einen letzten Impuls bringt. Sie schlägt vor, dass ich bei den folgenden Wellen versuchsweise mal mitpresse- und schiebe, auch wenn eigentlich der Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen ist. Also bündele ich nochmal meine Kräfte und tatsächlich – ich weiß nicht warum, ich weiß nicht wieso – der kleine Mensch kommt endlich in Bewegung. Die Hebammenassistentin und ich reichen uns über Kreuz die Hände und ziehen bei jeder Welle, wenn ich presse und die anderen bedeuten mir mit Berührungen, in welche Richtung ich drücken darf. Nach einer Weile und einer mittlerweile merklichen Strecke, die der kleine Mensch zurück gelegt hat, ist auch die Ärztin mit im Boot und sagt: „Ja super, das wird jetzt kein Kaiserschnitt mehr. Das kommt jetzt so!“
„So“, das sind nochmal 2 ½ Stunden pressen, Konzentrationsmarathon, nach Luft schnappen, sie nach unten drücken, gepresst ausatmen, nach Luft schnappen, sie nach unten drücken, gepresst ausatmen, nach Luft schnappen… und dann kann ich irgendwann den Kopf tasten, ich spüre den Kopf an meiner Handfläche – ein unbeschreibliches Gefühl! Die nächsten Wellen sind voller Euphorie und Willenskraft, voller Erwartung und Neugier und dann – ist er auf der Welt, unser kleiner Mensch, unser Wunder, unser „petit chouchou“. Erleichtertes Aufatmen bei allen Beteiligten.
Er wird mir direkt auf den Bauch gelegt – ganz glitschig und warm fühlt sich das an. Wir atmen Bauch an Bauch, beide ziemlich erschöpft und noch etwas überfordert mit der neuen Situation. A., der die letzten Wellen mit mir an einem Tau gezogen hat, kommt dazu und sagt, wie toll ich das gemacht habe, streichelt mir Kopf und Schultern, lugt immer mal wieder unter das Tuch zum kleinen Mensch und hat Tränen in den Augen. Wir können’s kaum fassen. Wir haben’s geschafft, wir haben’s gerockt, wir sind jetzt zu dritt!
Nach 20 Minuten kommen wir dann auch mal auf die Idee, nachzuschauen, ob es ein Mädchen, oder ein Junge ist – es ist eine Tochter. Also eine M. A.. Unsere kleine erhabene Königin ist endlich auf der Welt bei uns angekommen <3.