GEBURTSBERICHT: SELBSTBESTIMMTE UND SCHMERZFREIE WASSERGEBURT Á LA SPEEDY GONZALES, SSW 39+2
VORBEREITUNG
Meine beste Freundin hatte mich bereits zu Beginn meiner Schwangerschaft auf den Podcast „Die Friedliche Geburt“ aufmerksam gemacht, da sie von einer Freundin in Berlin davon gehört hatte. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich mich allerdings mit dem Thema Geburt noch gar nicht recht auseinandersetzen und erst einmal die Schwangerschaft genießen. Nachdem ich jedoch ein wenig in den „klassischen“ Schwangerschaftsbüchern zu schwierigen Geburtsverläufen, Schmerzen, Dammriss & Co. gelesen hatte, war mir schnell klar, dass die Geburt leicht zu einem Horrorerlebnis werden kann, wenn ich nicht einen anderen Weg finden würde. Und so habe ich begonnen, in den Podcast reinzuhören. Bereits nach 3-4 Folgen habe ich beschlossen, den Onlinekurs zu starten.
Ab dem 3. Trimester habe ich mehr oder weniger täglich die Hypnose „Geburtsvorbereitung lang“, die Selbsthypnose und eine weitere besondere Hypnose gehört (z.B. Traumgeburt, Weg ins Krankenhaus, Gehmeditation) sowie die Atemübung gemacht. Zusammen mit meinem Mann haben wir in Summe ca. 5 Mal die Ankersetzung geübt. Die Hypnose mit Störungen haben wir 1-2 Mal versucht, sind damit allerdings nicht so gut zurecht gekommen.
Weil es mir in der Regel ganz und gar nicht leicht fällt, Verantwortung abzugeben, habe ich mir im Vorfeld alles genauestens überlegt und einen Geburtsplan sowie eine ausführliche Checkliste für meinen Mann vorbereitet. Beides haben wir 2-3 Mal zusammen durchgesprochen.
Zusätzlich zur mentalen Vorbereitung habe ich einen Schwangerschaftsgymnastikkurs und einen Yoga Kurs für Schwangere besucht – beides bis ca. 1 Woche vor Entbindung. Zudem habe ich bis ca. 4 Wochen vor ET regelmäßig leichtes Krafttraining für Beine und Rücken gemacht und war meist 1-3 Mal täglich eine Runde mit unserem Hund spazieren. Ich habe mich außerdem während der gesamten Schwangerschaft recht gesund ernährt, sehr viel getrunken und ca. 6 Wochen vor ET mit der Louwen Diät begonnen, was mir nicht weiter schwergefallen ist. Zudem kam in den letzten Wochen der Epino zum Einsatz und ich habe täglich 1 Tasse Himberblättertee getrunken.
LATENZPHASE
Bereits 2-3 Wochen vor der Entbindung konnte ich deutlich spüren, wie sich mein Körper langsam, aber sicher auf die Geburt vorbereitet hat. Insbesondere während Spaziergängen musste ich immer mal wieder kurz innehalten und eine kleine Welle veratmen. Auch der Druck ins Becken wurde von Tag zu Tag immer stärker und meine Bewegungsfreiheit eingeschränkter. Von meiner Gynäkologin wusste ich, dass das Köpfchen bereits fest im Becken saß und ca. 3 Wochen vor ET hat sie bereits einen weichen, fingerdurchlässigen Muttermund ertastet. Das gab mir noch einmal die Bestätigung, dass mein Körper einen super Job macht und genau weiß, was zu tun ist und ich ihn nur machen lassen muss. Mir war außerdem schon recht früh klar, dass unsere Tochter etwas früher auf die Welt kommen würde als geplant und dazu habe ich sie auch immer wieder ermutigt, weil es mir so richtig erschien. Zwar war ich mit dieser Meinung alleine, doch ich habe auf meine Intuition vertraut. So habe ich ca. 1-2 Wochen vor Entbindung angefangen, die Hypnose ‚Geburtsvorbereitung lang‘ durch die ‚Geburtsbeginn mental fördern‘ zu ersetzen. Kurzum: Wir waren bereit!
ERÖFFNUNGSPHASE
Am Morgen der Geburt bin ich gegen 5:30 Uhr aufgewacht und konnte nicht mehr zurück in einen tiefen Schlaf finden, weil die bereits bekannten Wellen nun regelmäßiger waren als bisher. Ich hatte das Bedürfnis, mich in ein anderes Zimmer – in dem ich zuvor auch viel meditiert hatte – zurück zu ziehen und habe dort noch ein paar Stunden vor mich hingedöst. Die Wellen konnte ich ganz entspannt mit der tiefen Bauchatmung veratmen, sie kamen nun alle 10-15 Minuten. Ich habe dann meinen Mann davon überzeugt, dass es heute soweit ist und er seine eigentlich für den Tag geplante Geschäftsreise absagen muss.
Mit zunehmender Regelmäßigkeit und Intensität der Wellen habe ich jegliches Zeitgefühl vergessen und deshalb angefangen, meine Wellen mit einer App zu tracken, um noch etwas mehr Gewissheit zu haben, wann es Zeit wäre, ins Krankenhaus aufzubrechen.
Nach ein paar Stunden im Bett hatte ich nochmal das Bedürfnis, einen Spaziergang mit dem Hund zu machen und zu duschen. Beides ganz in Ruhe, mit Pausen zum Veratmen und tracken der Wellen auf der App. Danach habe ich noch eine Kleinigkeit gegessen und es mir dann auf der Couch gemütlich gemacht. Dort habe ich begonnen, die Hypnose ‚Während der Geburt‘ zu hören, die ab da durchgängig via AirPods auf meinen Ohren lief.
Nachdem die App am Nachmittag schon mehrfach empfohlen hatte, sich auf den Weg ins Krankenhaus zu machen und die Wellen alle 4-5 Minuten kamen, wollte ich gerne aufbrechen. Mein Mann hätte lieber noch ein paar Stunden gewartet, weil ich so entspannt sei, aber ich wollte nicht mehr warten. Seine Reaktion gab mir die Bestätigung, dass wir auf einem guten Weg sind und die Entspannungstechnik funktioniert.
Die Fahrt ins Krankenhaus dauerte nur ca. 10 Minuten, sodass wir gegen 17:00 Uhr dort angekommen sind. Es ging alles ganz schnell und entspannt via Storchenparkplatz rein und hoch zur Entbindungsstation. Ich blieb ganz bei mir und habe für jede Welle kurz angehalten und mich auf die Atmung konzentriert. Die uns empfangende Hebamme hätte uns am liebsten gleich wieder nach Hause geschickt, weil ich so entspannt war, es 1 Woche vor ET und mein erstes Kind war. Sie stellte sich außerdem mit den Worten vor, dass ihre Schicht in 3 Stunden enden würde und wir – falls wir überhaupt dableiben würden – dann mit den Kolleginnen die Geburt bestreiten würden. Diese Aussage verunsicherte uns etwas, sodass wir uns entschlossen, ihr nicht unsere vorbereitete Karte zur Erklärung und das kleine Geschenk zu überreichen, sondern erst die nächste Schicht in unser Vorhaben mit der ‚Friedlichen Geburt‘ einzuweihen.
Nichtsdestotrotz legte die Hebamme mir das CTG an, um einmal zu schauen. Dort erkannte sie dann offenbar selbst, dass wir bereits mittendrin im Geburtsgeschehen waren und auch ich habe nun deutlich gespürt, dass die Wellen immer höher werden und ich mehr und mehr Konzentration benötige. Offenbar hat die Krankenhausumgebung meinem Körper die nötige Sicherheit gegeben, um richtig loszulegen. Im Anschluss an das CTG musste ich einige Fragen zum Aufnahmeprozedere beantworten, wozu ich die Wellenpausen genutzt habe. Die Gynäkologin machte noch einen Ultraschall und legte mir einen Venenzugang – dies ließ sich leider nicht vermeiden. Ich habe die Kopfhörer während der Untersuchung raus gemacht, aber meine Augen die meiste Zeit geschlossen gehalten und nur das nötigste gesprochen. Auf jegliche Small Talk Fragen habe ich gar nicht reagiert und mein Mann ist eingesprungen, wenn nötig. Nach abgeschlossener Untersuchung erhielten wir die Bestätigung, dass wir uns langsam auf den Weg in den Kreißsaal machen können. Auf dem Weg dorthin habe ich einen Blick auf eine Uhr im Flur geworfen und mit Erstaunen festgestellt, dass es bereits 19:00 Uhr war. Die letzten 2 Stunden hatten sich für mich eher angefühlt wie eine halbe Stunde.
Im Kreißsaal angekommen, wollte ich sofort in die Wanne. Mir war kalt und ich hatte das Gefühl, mich beeilen zu müssen, damit mein Wunsch von einer Wassergeburt funktionieren könne. Die Hebamme wollte noch den Muttermund tasten, bevor sie mich einsteigen ließ. Er war ca. 2-3 cm weit geöffnet. Damit verabschiedete sie sich von uns, damit ich in Ruhe ‚plantschen‘ kann. Wir sollten uns per Knopf melden, wenn wir etwas brauchen und ansonsten würde die Hebamme der Nachtschicht gleich übernehmen. Ich war froh, meine Ruhe zu haben, steckte die Kopfhörer wieder ein und stieg endlich ins warme Wasser, um mich zu entspannen.
Doch kaum war das Wasser vollständig eingelassen, legte sich ein imaginärer Schalter um und ich wurde völlig aus der Bahn geworfen. Die Wellen wurden nicht wie erwartet langsam stärker, sondern von der einen zur anderen Minute plötzlich riesig groß und vor allem verspürte ich plötzlich einen extremen Druck und Pressdrang, mit dem ich nicht umgehen konnte. Damit hatte ich noch nicht gerechnet, war nicht vorbereitet und habe gemerkt, wie meine Atmung nicht mehr hinterherkam. Stattdessen machte sich ein Taubheitsgefühl in Händen und Beinen breit (wegen mangelndem Sauerstoff wie ich später erfuhr) und ich musste wie verrückt schreien. Ich dachte nur: „Hier läuft etwas nicht, wie es soll“. Meine Schreie haben die Hebamme sofort zurückgeholt. Sie hat mir sehr deutlich – wenn auch nicht sehr freundlich – zu verstehen gegeben, dass ich sofort mit dem Schreien aufhören soll, um mich nicht zu verausgaben. Mit ihren dennoch klaren Worten habe ich es zurück zu einer halbwegs stabilen Atmung geschafft und dann wurde mir klar: „2-3cm hin oder her, dass ist keine Eröffnung mehr, sondern wir sind mitten in der Austreibungsphase angekommen.“ Ich habe folglich meinen Mann angewiesen, die Hypnose zu wechseln und beschlossen, nun unser Kind zu bekommen – egal was um mich herum passiert.
AUSTREIBUNGSPHASE
Zusammen mit der Hypnose auf den Ohren, der nun passenden, anderen Atmung und meiner inneren Gewissheit, dass die kleine Maus gleich da ist, ging es weiter. Fast zwischen jeder Welle habe ich einen Schluck Wasser verlangt und ab und zu gemerkt, wie mein Mann einen Anker setzte. Ich fragte die Hebamme, ob ich schon mitpressen könne, doch sie verneinte und meinte, das sei noch viel zu früh. Doch diesmal hörte ich nicht auf ihre Worte und vertraute meiner Intuition, denn der Pressdrang ließ sich überhaupt nicht mehr aufhalten und ich musste einfach aktiv mitschieben, um nicht zu platzen.
Am Rande habe ich mitbekommen, dass nun auch die Ärztin mit den Worten „Sie legen ja ein ganz schönes Tempo an den Tag“ hereinkam und beide im Raum blieben. Mir war also klar: „Ich habe Recht, es kann nicht mehr lange dauern“. Und so war es. Schon nach wenigen Wellen konnte ich spüren, wie sich das Köpfchen langsam auf den Weg machte. Ich habe danach getastet und etwas samtweiches, zartes mit feinen Härchen gespürt. Das war ein unglaublicher Moment und eine riesen Motivation, auf den letzten Metern noch einmal alle Kraft und Konzentration zusammenzunehmen. Ich spürte jetzt ein leichtes Brennen. Die Hebamme kommentierte, dass sei normal, weil alles reißt – wieder nicht sehr einfühlsam, aber egal. Also redete ich meiner Tochter und mir gut zu, dass wir es gleich geschafft haben. Mit der nächsten Welle war das Köpfchen raus und ein Strahlen ging durch mich durch, das alle im Raum zum Lachen gebracht hat. Ich wusste: „Jetzt nur noch einmal pressen und sie ist da.“ Und so war es auch. Ich holte mir von meinem Mann noch einen Kuss zur Stärkung ab und mit der nächsten Welle kam der restliche Körper hinterhergeflutscht. Die Hebamme hat die Kleine genommen und direkt auf mich gelegt. Das war ein unfassbarer Glücksmoment. Nicht nur für mich, auch für meinen Mann.
Ein Blick auf die Uhr verriet: Unsere Tochter hatte sich die Prime Time um 20:15 Uhr am Samstagabend herausgesucht, um das Licht der Welt zu erblicken und dafür gerade einmal ca. 1 Stunde benötigt – Speedy Gonzales.
Im Nachhinein erfuhr ich, dass die Herztöne unserer Tochter zwischenzeitlich aufgrund der hohen Geburtsgeschwindigkeit abgefallen waren und das medizinische Personal kurz davor war, die Geburt abzubrechen und einen Notkaiserschnitt anzuordnen. Dank der Hypnose hatte ich hiervon rein gar nichts mitbekommen und wir haben es ganz allein geschafft.
NACH DER GEBURT
Nach ein paar Minuten durfte mein Mann die Nabelschnur durchtrennen und das Wasser in der Wanne wurde langsam abgelassen. Die Plazenta fehlte noch und ließ etwas auf sich warten. Ich startete die entsprechende Hypnose zur Unterstützung und nach etwa einer halben Stunde und 2 Mal Husten (Tipp der Hebamme) war sie draußen.
Währenddessen habe ich die kleine Maus schon etwas ermutigt, einen ersten Schluck zu trinken, doch sie war noch nicht so weit.
Um aus der Wanne steigen zu können, kam unsere Tochter zum Papa für ein erstes Bonding. Ich hatte einen leichten Dammriss und 2 kleine Risse an den Schamlippen erlitten, die nun genäht wurden. Da ich zuvor keinerlei Schmerzmittel o.Ä. genommen hatte, erhielt ich eine örtliche Betäubung. Im Nachhinein war das Nähen das mit Abstand Unangenehmste der gesamten Geburtserfahrung und ich hätte mir hierfür wohl eine eigene Meditation gewünscht. Ans Runterzählen bzw. Selbsthypnose dachte ich in diesem Moment nicht. Stattdessen haben wir unsere Tochter wieder auf mich gelegt, das war der beste Trost.
Welche Höchstleistung mein Körper da gerade innerhalb kürzester Zeit vollbracht hatte, wurde mir erst richtig bewusst, als ein recht starkes Zittern am ganzen Körper einsetzte, das auch einige Zeit andauerte. Obwohl ich mental super fit war und zu keinem Zeitpunkt der Geburt das Gefühl von Schmerzen hatte, war es eine extreme Körpererfahrung, die ihre Spuren hinterlassen hat.
Auch die sehr kritische Hebamme war nun wie ausgewechselt und bestaunte den positiven Verlauf unserer Geburt. Sie sei nicht begeistert gewesen, dass ich die ganze Zeit Kopfhörer aufhatte und sorgte sich, dass ich ihren Anweisungen nicht folgen würde, doch der Erfolg gebe mir und der Methode Recht.
FAZIT: Rückblickend würde ich sagen, dass sich die Vorbereitung mit der „Friedlichen Geburt“ zu 100% gelohnt hat, weil ich so ganz in Ruhe und selbstsicher meiner eigenen Intuition vertrauen konnte, die uns zu einer durchweg positiven und selbstbestimmten Geburtserfahrung verholfen hat.