Liebe Kristin,
eigentlich wollte ich dir meinen Geburtsbericht zeitig nach der Geburt meines ersten Sohnes schicken und mich bei dir für deine so wertvolle Arbeit bedanken…das ist nun drei Jahre her. Drei Jahre und eine weitere zweite wunderschöne Geburt – ich denke, das sollte Anlass genug sein, es endlich anzugehen 🙂 Auch wenn ich nicht weiß, ob mein Geburtsbericht Beachtung findet, weil es kaum dramatisch, unvorhergesehen oder spektakulär ist.
Bei beiden Schwangerschaften bereitete ich mich mit deiner Methode vor. Beide Schwangerschaften waren von einer Leichtigkeit und Vorfreude geprägt. Beide Geburten fanden im Geburtshaus statt und es waren ruhige, selbstbestimme und wunderschöne Geburten. Beides Wassergeburten. Dennoch waren sie unterschiedlich. Während die erste Geburt wesentlich länger dauerte und kaum „Störfaktoren“ hatte, wusste ich bei der zweiten, wie es „in etwa“ abläuft und war dennoch überrascht, wie sensibel dieser „Prozess“ ist und wie wichtig Hingabe ist.
Während ich bei der ersten Schwangerschaft akribisch der Hypnose-Praxis nachging und jede freie Minute nutzte, deinen Podcast zu hören, war es in der zweiten Schwangerschaft nur eingeschränkt möglich. Arbeit, Partnerschaft, unser erstgeborener Sohn, Haushalt, Freunde… das alles wollte unter einen Hut passen. Doch ich wusste, es ist alles noch im Unterbewusstsein „gespeichert“ und so lange ist die letzte Schwangerschaft noch nicht her (gute 2,5 Jahre, um genau zu sein). Es musste nur in Erinnerung gerufen werden. Dennoch hatte ich Sorgen: Was ist, wenn die zweite Geburt so ganz anders verlaufen wird als die erste? Was ist, wenn ich nicht im Geburtshaus gebären kann? Wie gehe ich damit um, wenn es einen schwierigen Verlauf nimmt? Sorgen kamen auf.
Jedes Mal, wenn ich in Hypnose ging, visualisierte ich (m)eine friedvolle Geburt. Ich ging in meinen Erinnerungen immer wieder die erste Geburt durch – sie war kraftvoll, ich fühlte mich stark und konnte mich komplett hingeben. Ich hinterfragte meine jetzigen Zweifel bzw. Ängste, änderte mein Mindset von „Hoffentlich geht alles gut“ zu „Möge ich eine selbstbestimmte und schöne Geburt erleben“.
Ab einem bestimmten Punkt konnte ich nur noch warten. Sich nicht über den ET (10. September 2023) Gedanken machen. Einfach nur warten. Jede Nacht spürte ich in mich, ob sich etwas tut. Doch jeder Tag, der verging, zeigte mir, dass ich geduldiger sein muss. Alles braucht seine Zeit und tritt dann ein, wenn der richtige Moment gekommen ist. Mental alles loslassen – Hingabe. So hat die kleine Erkältung meines ersten Sohnes meinem Körper zu verstehen gegeben, dass die Geburt noch warten muss. L. brauchte meine Nähe, Aufmerksamkeit und Wärme. Erst dann war ich bereit, mein zweites Kind in meine Arme zu nehmen.
In der Nacht zum 12. September 2023 merkte ich die ersten Wellen, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Zu groß war die Aufregung. In meinem Kopf sortierte ich all die Dinge, die zu organisieren waren. Unruhe. Um mich zu beruhigen, ging ich raus auf den Balkon und schaute zum Sternenhimmel – abnehmender Mond, keine Wolke am Himmel, der Polarstern strahlte und daneben der kleine Bär. Ich hörte deine Hypnose. Die Stunden vergingen und mit ihnen kehrte Ruhe in mich ein. Alles braucht seine Zeit.
Der Morgen danach startete wie gewohnt, L. zur Kita fertig gemacht, gefrühstückt, Yoga. Mein Mann blieb zuhause. Die Musik spielte leise, immer wieder spürte ich leichte Wellen, ein Auf und Ab. Atmen. Der Kopf wurde frei, es gab nichts zu erledigen, keine To do’s. Einfach nur im Moment sein und den Rhythmus spüren. Am Nachmittag waren die Wellen nicht mehr zu spüren. Ich konnte es nicht glauben. Wieder Stillstand. Doch wie sollte es denn auch weiter gehen, mein Sohn forderte meine volle Aufmerksamkeit und ich schenkte sie ihm gerne. Erst, als er im Bett lag, merkte ich, dass mein Körper zur Ruhe kam.
Am späten Abend (21 Uhr) kontaktierte ich das Geburtshaus – ich wollte die Hebamme wissen lassen, dass es vielleicht heute Nacht los gehen könnte, aber ich noch gerne zuhause bleiben möchte. Es ging mir gut, ich war entspannt und legte mich ins Bett. Im Schlaf bemerkte ich immer stärkere Wellen, baute sie in meinen Traum ein.
Um 1.30 Uhr realisierte ich, die Geburt geht wirklich los. Endlich! Ich war hellwach, konnte aber nicht wirklich einschätzen, wie weit ich bin. Ich kontaktierte wieder das Geburtshaus (2.15 Uhr), dass wir uns bald auf den Weg machen. Während wir auf den Babysitter warteten, legte ich mich kurz nochmal hin. Hypnose. Inne halten, Wellen verarbeiten. Mein Körper fühlte sich so intensiv an. Welle, Pause, Welle, Pause – es dauert nicht mehr lange. Hingabe. Wenn du alles loslässt, fühlst du dich innerlich frei. Loslassen und Vertrauen in den Körper – sich voll und ganz hingeben, nichts erzwingen, alles was kommt, kommt zu seiner Zeit.
Mit dem Blasensprung (gegen 3.00 Uhr) nahm alles an Intensität zu. Die Pausen wurden immer kürzer. Ich war mir nicht sicher, ob wir es noch rechtzeitig ins Geburtshaus schaffen. Die Option der Hausgeburt erschien mir vorher so fremd und nun so real. Dennoch machten wir uns auf den Weg.
3.15 Uhr verließen wir das Haus. 3.25 Uhr waren wir im Geburtshaus. Ich stieg in die Wanne und spürte eine unglaubliche Erleichterung. Die Hektik lag hinter mir. Nach ein paar Presswehen war unser zweiter Sohn um 3.39 Uhr geboren. Eine intensive, unglaublich schnelle und wunderschöne Wassergeburt. Wir haben ein Wunder erlebt. Neugierig schauten wir nach, ob wir eine Tochter oder einen Sohn in den Armen halten – es ist ein Junge! Während draußen ein Gewitter zu hören war, lagen wir zu dritt kuschelnd im Bett, bis es nach ein paar Stunden nach Hause ging.
Sollte ich jemals wieder eine Geburt erleben, wird es definitiv eine Hausgeburt 🙂
Mit diesem Geburtsbericht, will ich dir, liebe Kristin, einfach nur Danke sagen. Danke, dass du mich in der Schwangerschaft über all die Dinge aufgeklärt hast, die die Ärzte nicht sagen. Danke, dass du mir Mut gemacht hast, einen anderen Weg zu gehen und selbstbewusst die eigene Geburt zu gestalten. Danke für deine wertvolle Arbeit!
Herzlichst ,
Julia