Geburtsbericht von

Katharina

Geburtsbericht *13.10.21
aus Perspektive von M.

Es ist Dienstagabend als ich gegen 22:00 Uhr nach Hause komme. Ich habe zwar schon frei, war aber den ganzen Tag unterwegs, hatte mehrere Meetings, habe Training in der Kletterhalle gegeben und bin wahrscheinlich noch selbst geklettert.
Zu Hause angekommen, war ich schon relativ platt vom Tag. Kathi auch, darum sind wir nach einer Tasse Tee direkt zum Zähneputzen, um dann ins Bett zu gehen.

Kathi ist vor mir fertig und geht schon mal ins Schlafzimmer. Beim Zähneputzen höre ich Kathi eine Übungswelle veratmen. Eigentlich nicht weiter verwunderlich. Das Baby in ihrem Bauch ist fertig, der ET war gestern und irgendwie ist klar, dass die Geburt jederzeit losgehen kann. Als ich ins Schlafzimmer komme, kniet Kathi am Boden mit dem Oberkörper auf das Bett gestützt. Die Übungswelle war wohl etwas heftiger als sonst und außerdem bahnt sich schon die Nächste an.
Es dauert ein bisschen bis wir realisieren, dass es wohl keine Übungswellen sind. Es fühlt sich für Kathi ganz anders an, glaube ich. Viel heftiger, Kathi ist aufgeregt und überrascht über die Wucht der Wellen. Ich beruhige sie und brauche noch eine Weile, bis ich realisiere, dass es los geht.

Um 23:30 Uhr gehen wir ins Wohnzimmer. Kathi schnappt sich ihre Kopfhörer und macht es sich im Sessel bequem, erst versucht sie es mit Bewegung, aber sie will wohl einfach nur bequem sitzen. Dann stören sie die Kopfhörer und sie bittet mich, die Geburtsmeditation über die Anlage laufen zu lassen. Dann fange ich an, Tee zu kochen und Globuli, die die Geburt unterstützen sollen, vorzubereiten. Zum Glück hat Kathi neben der Hausgeburtsliste unserer Hebamme eine Liste mit ihren Wünschen für die Geburt geschrieben. Alle notwenigen Utensilien haben wir seit dem Wochenende zusammengesammelt und griffbereit vorbereitet.

Ich stelle Kerzen auf, befülle die Duftlampen mit wohlriechenden Ölen, beziehe die Matratze auf der Couch mit Malerfolie und Spannbetttüchern, bereite die Insel aus Yogamatte und Vlies vor. Handtücher, Unterlagen usw. sind nach Absprache mit A., unserer Hebamme, vorbereitet. Zusätzliche Heizstrahler stehen bereit. Als ich die Fenster mit Sarongs abhängen möchte, fällt mir ein, dass ich die noch aus dem Bus holen wollte. Der steht jetzt aber zu weit weg, außerdem will ich nicht weg von Kathi und auf keinen Fall Unruhe verbreiten. Zum Glück finde ich im hintersten Eck meines Kleiderschrankes noch zwei Sarongs und ein anderes passendes Tuch. Ich koche noch mehr Tee und Kaffee, gehe die Listen von unserer Hebamme und Kathi nochmal in Ruhe durch. Ich fühle mich bereit.

Während ich die Vorbereitungen treffe, sitzt Kathi in ihrem Sessel und atmet mal lauter und schneller, dann wieder ruhig und tief. Sie lässt sich nicht von mir stören. Ich versuche, so viel Ruhe wie möglich auszustrahlen. Jede halbe Stunde reiche ich Kathi etwas von der Wasserauflösung und verdünnten Tee. Selbstverständlich mit Strohhalm. Manchmal fragt sie auch nach einem Schluck zu trinken. Kathi findet immer besser in ihre Meditation. Sie wird entspannter und ruhiger. Ich liege die meiste Zeit am Boden in eine Decke gekuschelt. Ich höre Kathi atmen, die Wellen kommen sehr gleichmäßig alle 10 oder 15 Minuten.

Ab und zu blinzle ich zu ihr hoch, sie sieht sehr souverän aus. Manchmal döse ich etwas weg. Zwischen 2:00 Uhr und 3:00 Uhr schlafen wir beide etwas ein, glaube ich. Irgendwann probiere ich den Duftanker aus, den sie aber ablehnt. Kathi möchte keine intensiven Gerüche wahrnehmen, Berührungen sind gerade auch nicht hilfreich. Den Wortanker sagt sie sich öfter selbst vor. Hingabe. Dabei setzt sie sich manchmal selbst ihren Berührungsanker und legt sich die Hand auf die Stirn.

Gegen 4:00 Uhr oder 5:00 Uhr legt sich Kathi in Seitenlage auf die Couch. Sie wirkt zufrieden, man merkt, dass sie gut in der Meditation angekommen ist, aber auch, dass es anstrengend ist. Die Stunden vergehen so rasend schnell. Ich bin freudig aufgeregt, nach außen vermutlich eher ruhig. So richtig kann ich mir nicht vorstellen, wie die Geburt verläuft, verschwende auch nicht wirklich Gedanken daran, wie es sein kann oder werden wird, sondern bin jetzt hier, oben in unserer Wohnung und bemühe mich, eine gute Atmosphäre für Kathi zu schaffen. Irgendwann muss sich Kathi übergeben, beim ersten Mal kommt die Suppe vom Abendessen mit, danach bleibt es eher beim Würgen. Es bringt sie aber nicht aus ihrer Ruhe.

Gegen 6:30 Uhr bittet mich Kathi, bei der Hebamme anzurufen. Kurz bin ich mir unsicher, was ich sagen soll, verlasse mich aber dann ganz auf sie. Ich erreiche sie auf ihrem Festnetz, sie liegt, glaube ich, noch im Bett. Am Telefon erzähle ich ihr von den Wellen, wann es los ging, und dass Kathi sehr entspannt wirkt. Sie meint, dass es sich eher nach Anfang der Geburt anhört. Das Gefühl habe ich auf keinen Fall, aber wirklich einschätzen kann ich das auch nicht. A. wohl auch nicht so recht mit mir am Telefon, darum spricht sie auch noch mit Kathi, hört sich eine eher schwache Welle mit an und sagt dann, dass sie vorbeikommt.

Die Wellen werden heftiger und Kathi ist immer fokussierter. Außer einem Schluck Wasser zwischendrin braucht sie nichts. Ich bin immer in ihrer Nähe. Als A. um 9:00 Uhr ankommt, ist sie gleich begeistert, als sie Kathi atmen hört. Es klingt auch schon ganz anders, viel kräftiger als das noch in der Nacht war. A. und ich packen ihren Kofferraum aus. Es sind einige Taschen, Notfallmedikamente, die in den Kühlschrank müssen und ein Geburtshocker. Nach einer kurzen Untersuchung stellt A. einen geöffneten Muttermund von sieben bis acht Zentimetern fest. Das freut Kathi richtig, die letzten Stunden in Seitenlage waren wohl unglaublich produktiv.

Für die Untersuchung ist Kathi in die Rückenlage gewechselt, worauf sie aber eher keine Lust hatte. Die Wellen werden wohl auch weniger intensiv und sie möchte zurück in die Seitenlage. A. meint, es wäre gut, wenn sie die Seite wechselt, damit das Baby noch besser ins Becken rutsche kann. Es dauert nicht lange, bis die Wellen wieder an Fahrt aufnehmen und A. dazu kommt. Sie strahlt sehr viel Ruhe aus!

Ich sehe wie anstrengend es für Kathi mittlerweile ist, die Wellen müssen unglaublich intensiv sein. Trotz der Anstrengung wirkt sie sehr sicher und bei sich. Jetzt wird sie kurz unruhig und möchte, dass ich statt der Geburtsmeditation nur Musik laufen lasse. Ihr scheint das nicht schnell genug zu gehen und sie nimmt Handy und wechselt selbst. Sie weiß genau, wo sie die Musik abgespeichert hat und automatisiert lässt sie diese abspielen. Zu diesem Zeitpunkt kommen kurz Bedenken, ob sich das alles so gehört, wie sich das anfühlt, aber A. kann sie dahingehend beruhigen. Ich glaube, das war die Übergangsphase.

Jetzt soll sich Kathi in die Hocke setzen, ich halte sie von hinten fest. Unsere Hebamme, die vor Kathi kniet, kann wohl das Köpfchen unseres Kindes schon sehen. Sie ist so überrascht von der Kraft, die Kathi zum Pressen aufwenden kann, dass sie direkt einen Gang runter schaltet. Nach der ersten oder zweiten Presswelle komm das Köpfen raus. Ich sitze hinter Kathi und sehe nur eine gräuliche Kuppe. Das ist die Fruchtblase. A. sagt, sie öffnet die Fruchtblase, damit unser Kind atmen kann und Kathi nickt. Es dauert noch zwei weitere Wellen, bis A. unser Kind in den Händen hält. Kathi zieht so schnell sie kann ihr T-shirt aus und nimmt das Baby in den Arm. Ich helfe ihr zurück auf die Couch und sie legt sich unsere Tochter auf die Brust.

Es ist ein überwältigendes Gefühl. Ich wusste nicht, dass es möglich ist, so unendlich glücklich und zufrieden zu sein. Wir liegen zusammengekuschelt da und sind sprachlos vor Freude. Das Kind ist da. Sieht so hübsch und süß aus. Ein bisschen schrumpelig vielleicht noch. Und so zart und klein. Wobei Kathi direkt verwundert ist über das doch so große Menschlein. Vielleicht hat sie sich ein neugeborenes Baby kleiner vorgestellt. Das Erste, was unsere Hebamme scherzhaft überprüft ist, ob ihre Händchen zu den Kletterhänden von Kathi und mir passen. Sie erinnert uns auch daran, ein Bild von unserem Kind und den frischen Eltern zu machen. Glaube sonst hätten wir erst einige Stunden später daran gedacht, so vertieft waren wir beide, unser Kind zu bewundern.

Wir dürfen sehr lange mit unserer Tochter kuscheln. Sie trinkt an Kathis Brust. Ich leg mich ganz nah zu den beiden, halte beide im Arm. Unsere Tochter riecht ganz wunderbar und gibt wohlige Geräusche von sich. Nach einer Weile werde ich von A. angeleitet, die Nabelschnur zu durchtrennen. Es fühlt sich erstaunlich knorpelig und fest an. Sie ist dünn und bestimmt über einen Meter lang. Die Plazenta hat Kathi kurz nach der Geburt problemlos rausgepresst. Ein Faszinierendes Organ.
Ganz behutsam wird unser Baby von A. untersucht, abgetastet und Reflexe getestet. Während Kathis Dammriss genäht wird, darf ich sie das erste Mal auf den Arm nehmen. Ein wunderschönes, herzerwärmendes Gefühl. Minutenlang schaue ich mein Kind an, bevor ich mit ihr auf dem Arm einschlafe.

Ich helfe A. noch alle ihre Utensilien in den Kofferraum zu tragen, sie wird morgen wieder kommen. Die Türe schließt sich hinter ihr und auf einmal sind wir zu dritt. Kathi, unsere Tochter und ich. Es ist schwierig, die Gefühle zu beschreiben und die Gedanken festzuhalten, die mir jetzt durch den Kopf gehen. Es ist einfach nur schön und es fühlt sich alles so richtig an. Ich freue mich auf die gemeinsame Aufgabe. Wir beide sind als Paar verantwortlich für ein Baby, das später ein Kind und dann erwachsen wird. Wir dürfen sie begleiten, die Welt zu entdecken. Schritt für Schritt, in ihrem Tempo, so haben wir uns das vorgenommen.

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