Geburtsbericht von

Maren

Mein Grundzustand: 4 Tage nach errechnetem Termin, Baby (Projektname Pitschi) tiptop in Form, ich erkältet (Schnupfen, Husten, Mattigkeit) und dreimal negativ auf Sars-Cov2 getestet.

Für mich begann die Geburt Dienstagnachts mit einem Wasserfall-Gefühl aus meiner Vagina, das mich aufweckte. Der Lackmustest war grün, nicht blau, das verwirrte mich erst ein bisschen. Ich maß meine Temperatur und ich hoffte, die Monatsbinde würde etwaige weitere Wässer ausreichend auffangen. Ich ging wieder ins Bett. Um festzustellen, dass ich innerhalb kürzester wieder Wasser verlor und aufspringen musste. Der nächste Versuch waren die Wochenbetteinlagen. Keine Chance. Nachdem ich um 6 Uhr aus Versehen G. aufgeweckt hatte, behalf ich mir mit einer Mullwindel in einem Wochenbettnetzhöschen auf einer wasserdichten Unterlage (die wir eigentlich für Pitschi gekauft hatten 🙂 ) und einer weiteren Mullwindel zwischen den Beinen. Das half und ich konnte noch etwas ruhen. Geschlafen habe ich dann nicht mehr, denn bei der Menge war ich sicher, dass es sich um Fruchtwasser handelte und das war nun doch aufregend. Ich wusste vom 24 h – Fenster, dass mir nun noch blieb, um im Geburtshaus zu gebären, aber sagte mir, dass die Statistik für mich spräche. Die Wellen würden schon kommen.

Gegen neun frühstückten G. und ich. Dann rief ich die Hebamme an, da wir eigentlich noch einen Vorsorgetermin gehabt hätten und ich natürlich auch wissen wollte, wie das weitere Vorgehen wegen des Blasensprungs war. Ich steckte innerlich in der Klemme, um die Geburt anzuschieben, wäre Aktivität (Spazierengehen) gut – zum Kräfte sparen oder wieder zu gewinnen, hätte ich stundenlang schlafen wollen. Mit der Erkältung und nach nur 5 h Schlaf (statt der sonst gerade üblichen 10 – 12 h) war ich in einem ziemlichen Energieloch. Als die Hebamme mich sah, sagte sie “Au weia”.

Das weitere Vorgehen war ein CTG (alles OK, keine Überraschungen, nur Übungswehen, Herztöne in Ordnung), Globuli sofort und eine Flasche Rizinusöl als pflanzliches Einleitungsmittel. Ich war immer noch positiv gestimmt, dass die Wellen schon noch loslegen würden. Mein Herz sank, als wir um 14 Uhr beim Mittagessen saßen und immer noch nichts los war. Um 16:30 Uhr, nach einer Runde Dirk Gentley und einem Spaziergang, briet G. mir zwei Eier, die mit dem Rizinusöl vermischt waren. War erstaunlich lecker. Danach wieder schlafen und spazieren. Um 20:10 Uhr rief ich die Hebamme an, um den Status durchzugeben. Ich hatte beim Abendessen nur sehr wenig Appetit und die Intuition, kein Sauerkraut zu den Schupfnudeln zu essen. Während des Abendessens hatte ich zwei kleine Wellen. Die zweite veratmete ich schon vorneübergebeugt im Stehen.

Ab 20:30 Uhr hatte ich Wellen mit kleinen Abständen, teilweise quasi ohne Pause. Ich machte zwar die Hypnose während der Geburt an, aber das Reinkommen gelang mir nicht. Zumindest nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte, dass ich in tiefer Bauchatmung kraftsparend im Liegen die Wellen veratmen kann. Am Anfang lag ich noch, wie in meiner “Traumgeburtsreise”, aber nach einiger Zeit wechselte ich in den Vierfüßler vor dem Bett, wo G. aus Crashpads einen Knie-/Kälteschutz aufgebaut hatte. Hier merkte ich schon, dass der Vierfüßler super war, dass es aber schwierig war, eine gute Ruheposition zwischen den Wellen zu finden. Es half mir, sehr tief und bewusst aus- und einzuatmen und auch mit dem Oberkörper entsprechend die Bewegung mitzumachen. So wurden die Wellen schmerzfrei.

Ich konnte die Wellen gut veratmen, ich war nur damit beschäftigt. Es gab keine äußere Welt mehr um mich herum.Irgendwann kam der Moment, an dem die Wellen Stufe 10 erreichten und ich mit Atmung nicht mehr weiterkam. Ich sagte G., ich bräuchte jetzt dringend Hilfe. Diese Episode war sehr unangenehm mit schmerzhaften Wellen, die mich umrissen.

Er hatte anscheinend auch mit der Wehen-App mitgetrackt, sodass er das der Hebamme auch sagen konnte, wie lange die Wellen und die Pausen waren. Ich habe nichts mitbekommen, aber G. muss parallel alles fertig vorbereitet haben, denn wir sind dann ziemlich bald ins Geburtshaus gefahren. Die Wellen veränderten sich während der Wartezeit. Ich hatte einen Druck auf meinem Darm (und dachte an den Spruch, dass frau irgendwann glaubt, nochmal auf die Toilette zu müssen, dass es sich aber schon um das Kind handelt). Ich konnte das jedenfalls auch nicht unterscheiden. Nun, jedenfalls fand ich für diese neue Art der Wellen wieder eine Atmung – irgendwas zwischen schreien und tönen. Das erzeugte einen angenehmen Gegendruck, sodass die Wellen wieder schmerzfrei waren.

Ich war auf der Rückbank im Vierfüßler. Die Autofahrt kam mir einerseits ewig vor, andererseits konnte ich mich auch ein bisschen über die Szene amüsieren. Nach dem filmreifen Blasensprung nun das. 🙂 Ich sagte G. in einer Wellenpause, dass es mir gut ginge, dass es halt gut täte laut zu sein, aber es sei nicht schmerzhaft.

Tatsächlich war die Hebamme trotz längerer Anreise vor uns da (und sogar noch eine zweite). Meine Hebamme zeigte mir eine genauso effektive, aber stimm- und kraftschonendere Variante des Atmens (fffff), die ich für den Rest der Nacht verwenden würde. Ich sollte mich selbst untersuchen und die Hebamme tat das dann auch noch. Ich spürte, dass da was war, hatte mir einen Babykopf im Becken aber anders vorgestellt. Begeistert hörte ich die Hebamme, “Muttermund offen und das Köpfchen hat schon angefangen, sich ins Becken zu senken” sagen. Ich dachte “Super, in drei Stunden bin ich durch.”  Es war irgendwas zwischen 00:00 und 00:30 glaube ich. Dank der Erkältung wusste ich, dass meine Kraftreserven begrenzt waren.

Meine Hebamme lotste mich die nächsten Stunden durch viele verschiedenen Positionen, versuchte mich Darm und Blase leeren zu lassen (was logischerweise total hilfreich gewesen wäre, hat aber nicht geklappt). Zu Beginn hatte ich noch nach der Wanne gefragt, aber realistischerweise war mir das viel zu kalt. Immerhin, ich habe es probiert. 🙂

Ich ffffte mich so durch die Wellen (parallel auch immer einen gewissen Druck mit den Bauchmuskeln) und verspürte aber erst nach ca. 2 h einen Pressdrang. Beim Fühlen konnte ich keinen Fortschritt feststellen (außerdem war ich immer noch irritiert, wie sich so ein Fruchtwasser getränktes Kinderköpfchen anfühlt). Aber ich sagte mir, dass die Hebamme schließlich Profi sei und mir das bestimmt gesagt hätte, wenn doch ein anderes Körperteil zuerst kam. Da war ich dann doch ernüchtert. Ich beschloss, darüber nicht nachzudenken und die Uhr möglichst auszublenden (und dass es sowas wie Zeit, Zukunft und Vergangenheit überhaupt gibt). Hauptsächlich hat dabei der Kirchturm gestört, der mich beharrlich alle Viertelstunde daran erinnerte.

Die ersten Presswellen haben mich dann kräftemäßig ziemlich umgehauen. Ich mochte das Gefühl auch nicht und das Gefühl der Gebärmutter direkt nach der Presswelle konnte ich nicht veratmen. Jetzt würde ich sagen, dass mir der Rhythmus und die Kraft gefehlt haben, die verschiedenen Höhen der Presswelle bis zum Schluss mitzupressen – wenn die Gebärmutter alleine arbeitete, wurde es schmerzhaft. So hatte ich einerseits meine Schwierigkeiten mit Presswellen und andererseits war es immerhin ein Fortschritt.

Ich wechselte weiter durch verschiedene Positionen, um dem Baby beim Schrauben zu helfen. Immer dieses Abwägen, zwischen Schwerkraft nutzen (z. B. Vierfüßler, im Stehen) – Ruheposition zwischen den Wellen haben (Seitenlage) – und Becken bewegen (rumlaufen).

Um 4 Uhr dachte ich, bald habe ich keine Kraft mehr. G. und ich sind zwischen den Presswellen immer wieder eingeschlafen. Unglaublich, dass das möglich ist.

Hormone und Presswellen machen es möglich – Stunden später konnte ich tatsächlich den Druck in der Vagina spüren. Ein erschreckendes Gefühl. Meine Hebamme forderte mich auch weiter auf, ruhig und in dieses Gefühl zu atmen. Ich merkte, dass sie recht hatte. Es war nicht schmerzhaft, es war einfach ein vollkommen neues Körpergefühl. Selbst von diesem Punkt hat es noch eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis sich das Köpfchen in Millimeter-Arbeit immerhin kurz vor den Vagina-Ausgang geschoben hatte.

Zwischendurch und je später die Nacht, desto häufiger, wurden die Herztöne gemessen. Zu meiner Beruhigung (und ich nehme an, auch aller anderen Anwesenden) waren die immer super. Nur eine bestimmte stehende Position mochte das Baby nicht, aber dann ging es halt ohne sie weiter.

Ich versank immer tiefer in diesem Zustand des Ruhens (Welle abwarten) – Pressdrang abwarten – mitschieben. Nicht daran denken, dass es ein Ende geben muss. Ich kam inzwischen besser mit den Presswellen klar – nur in meiner Lieblingsposition, der Seitenlage, fand ich es immer noch schmerzhaft. Genialerweise trieb meine Hebamme zwischendrin Nasenspray auf, sodass ich wieder durch die Nase atmen konnte. Nur gegen das Husten gab es kein Mittel – wenn ich eigentlich gerade Luft für das nächste Pressen brauchte und stattdessen erstmal husten musste, das hat sich wirklich erbärmlich angefühlt.

Ich konnte nicht verstehen, “wo’s hängt”, aber es dauerte und dauerte. Kein Zeitgefühl. Ich glaube, die Turmuhr habe ich auch nicht mehr gehört. Irgendwann kam dann aber doch der Moment, am Damm vorbeizuschieben. Vor dem letzten Drücken sagte meine Hebamme mir, ich könne das Köpfchen in meine Hand gebären. Das war eine schöne Vorstellung und ich versuchte es. Ich war im Vierfüßler und eine Hand nach hinten zu strecken fühlte sich unendlich anstrengend an. Ich konnte dementsprechend auch nicht so pressen, wie ich das wollte (denn ich hatte den Instinkt, dass es einfach nur noch möglichst schnell gehen sollte). Also nahm ich meine Hand wieder weg.

Selbst den Damm habe ich nicht als schmerzhaft erlebt. Einzig meine Schamlippen haben kurz Autsch gesagt – ein Gefühl, als würde man ein Pflaster von der Haut entfernen.

Dann fehlte also noch der Körper. Ich war so erleichtert, hatte ich doch seit Mitternacht das Gefühl, das Baby wäre gleich da. Die Pause bis zur nächsten Welle erschien mir ewig. Meiner Hebamme wohl auch, denn sie fragte, ob ich auch ohne Welle schieben könne oder wolle. Ich tat es und es klappte (07:30 Uhr). Der gesamte Körper kam. Ich war so erschöpft, ich strich dem Baby nur kurz übers Gesicht und suchte nach einer Möglichkeit mich auszuruhen. Zuckersüß mein G., der einfach vor Freude anfing zu weinen. Eine angemessene Reaktion, wie ich finde. Die Hebammen rieben es nur sekundenlang ab, dann bekam ich zum Glück das Kommando, es hochzunehmen und ins Bett zu gehen. Das habe ich gebraucht, ich selbst war völlig initiativlos.

Lustigerweise herrschte etwas Verwirrung über das Geschlecht- ich konnte das im Halbdunkeln auch nicht ausmachen (und die Haarfarbe war mir irgendwie wichtiger). Denn Pitschi hat viele Haare! Im Bett guckte ich dann doch nach, um zu wissen, wie Pitschi nun bürgerlich heißen würde. M.

Ein Grund für die lange Austrittsphase war nun auch klar. Die eher kurze Nabelschnur lag auch noch um M.s Hals. Ich glaube, ich hätte sie nicht bis zur Schulter hochnehmen können. Den Rest schiebe ich auf die Erkältung.

Ich schnaufte über Nachwehen, was meine Hebamme dazu veranlasste, das Baby an G. zu verlagern und mich einmal aufzurichten (tiefe Hocke mit Hilfe des Tuches von der Decke). Mit wenig Drücken kam tatsächlich schon die Plazenta (07:45 Uhr). Einfach so im Bett. Ein ganzes Organ. Das war praktisch, weil wir dann die kurze Nabelschnur losgeworden sind.

Weiter kuscheln. M. war wach und war zwar nicht ganz Lehrbuch-mäßig auf der Suche nach der Brust bzw. rutschte dann ohne Hilfe immer wieder von meinem Bauch, aber mit etwas Hilfe klappte das ganz gut. Die nächsten Stunden vergingen mit Erstuntersuchung und Versorgung von mir und M. Ich musste genäht werden. Ein Dammriss. Das erledigte meine Hebamme auf dem Bett, (beeindruckend) sodass ich weiter mit M. kuscheln konnte. Meine Hebamme hat mich dann auch noch ganz pragmatisch Hüfte abwärts mit einem Waschlappen gewaschen (mega, Hammam-Wellness im Geburtshaus 🙂 ). Geduscht habe ich erst am zweiten Tag zu Hause.

Gegen 11 Uhr packte G. dann das Auto. Ich war noch sehr wackelig auf den Beinen.

Und dann fuhren wir zu dritt nach Hause.

Ein unglaubliches Erlebnis, dass sich rundum sicher und machbar angefühlt hat. Dank unglaublicher Betreuung von unglaublichen Menschen aus einem unglaublichen Berufsstand.

Zur Hypnose:

“Die Methode” mit Kraftort und tiefer Bauchatmung und Visualisierung hat bei mir nicht geklappt. Ich glaube aber trotzdem, dass die aufgesogene Haltung von Kristin durch den Kurs und den Podcast in mich übergegangen ist. Gebären ist nicht gefährlich, sondern eine machbare Herausforderung. Hebammen, der Körper und der Instinkt sind die größte Hilfe. Ich dachte zwischendrin Sätze wie “Ich vertraue meinem Körper und der Natur” und “Mein Körper weiß, was zu tun, während ich mich tief entspanne”.

Oder auch, als ich zu Beginn an einem Wehensturm vorbeigeschrappt bin, dachte ich “Egal wie die Geburt meines Babys verläuft, ich bleibe entspannt und glücklich”. Ich war vielleicht schon in einer Art Hypnose im Sinne von Superkonzentration”. Eine interessante Kombi aus “sehr tief in meinen Körpergefühlen”, aber auch “distanziert von manchen Körpergefühlen” kann ich absolut bestätigen.  Auch, dass ich nur weniges als Schmerz wahrgenommen habe (nur die wenigen Wellen, die ausschlaggebend waren, ins Geburtshaus aufzubrechen, und das Gefühl nach den Presswellen, was dann aber auch mit mehr Übung besser wurde), klingt für mich nach Hypnose. Hier würde mich Kristins Meinung interessieren.

Meine echte Umgebung (mein Schlafzimmer und die Räumlichkeiten des Geburtshauses, die ich auch gut kannte) waren absolut sichere Orte, sodass es mir nicht gefehlt hat, noch in einem anderen inneren Raum zu sein.

Jedenfalls war es ein absolut positives Ergebnis, da hat einfach alles gepasst. Es war völlig anders, als in meiner Vorstellung. Das schiebe ich auch auf die Erkältung. Klar, Traumgeburt wäre schneller gegangen bzw. vor allem erst drei Tage später ohne Husten, Erschöpfung und Blasensprung passiert. Aber hey, frau kann nicht alles haben. Wichtiger war, dass es Pitschi und mir immer gut ging während der ganzen Geburt.

Meine Tipps:

Positive Geburtsvorbereitung – Horrorgeschichten kommen von selbst und sind überhaupt nicht hilfreich – nicht anhören – positive Geburtsberichte und Videos sind der Schlüssel

Vertrauen in die Umgebung und den eigenen Körper

Strohhalm, um in allen Positionen bequem trinken zu können

Fun fact:

Die zweite Hebamme, die G. und mich nicht kannte, schloss aus unserem souveränen Auftreten, dass es sich nicht um das erste Kind handeln könne. 🙂  Wahnsinnskompliment!

PS: M. ist sehr entspannt. Falls das an den Meditationen während der Schwangerschaft liegt, hätten sie sich auch deswegen schon gelohnt.

 

Lerne meine Methode

Schritt für Schritt zu einem positiven Geburtserlebnis