Triggerwarnung: Geburt mit Komplikationen (Einleitung, Bauchgeburt, Schmerzmittel) – positiver Bericht
Kleiner Steinbock- mit dem Kopf durch die Wand
Meine erste Schwangerschaft war eine wunderschöne, kraftvolle und prägende Zeit. Ich hatte bis zum Ende fast keine Beschwerden und alles verlief bestens. Trotzdem war ich ängstlich, ob der neuen Erfahrung und den Herausforderungen in Form von Geburt und der Zeit danach. Ich war schon immer vorsichtig in Bezug auf Änderungen und Neuem in meinem Leben und versuchte stets, dem mit einem großen Maß an Planung und Abwägen zu begegnen, als könnte ich damit die Kontrolle in jeder Situation behalten.
Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass Kinder einem die Lernaufgaben geben, die man selbst noch nicht „absolviert“ hat und diese Aufgabe hat unser Kind von Beginn an sehr ernst genommen.
Geplant habe ich eine Geburt im Geburtshaus- hier kam auch direkt der erste Tiefschlag: obwohl ich mich direkt nach positivem Schwangerschaftstest beim Geburtshaus meiner Heimatstadt meldete, hatten diese keinen Platz mehr frei. Ich war am Boden zerstört.
Für mich war schon immer klar gewesen: Ich möchte außerklinisch gebären und vor allem: mit meinem Baby schnell nach Hause.
Gemeinsam mit meinem Mann entschied ich mich, dass auch eine Hausgeburt für mich in Frage kam – auch hier ein Rückschlag: keine Hebamme wollte oder konnte dies betreuen. Denn das Problem: mein Entbindungstermin war der 26.12.2023. Hier wollten natürlich alle Hebammen selbst Weihnachten genießen.
Nach einigem Hin und Her fragte ich das Geburtshaus in der nächsten Stadt an (eine Fahrt von 35 Minuten war hier von Nöten, und das kann im Winter ja schon mal abenteuerlich sein; meine Planungskompetenz lief auf Hochtouren) und bekam tatsächlich einen Platz. Einziges Manko: am 24.12. würde dort keine Geburt möglich sein- dieser Tag war aber natürlich gefährlich nah an meinem ET.
Mein Plan stand- mein Inneres war ganz aus dem Häuschen.
Ungefähr drei Monate vor ET entschied ich mich nach langem Überlegen, den Kurs der friedlichen Geburt als Vorbereitung für meine Geburt zu nutzen. Ich arbeitete an meinen Ängsten, dass die Geburt im Geburtshaus doch ins Wasser fallen könnte. Der Gedanke war in der ganzen Schwangerschaft sehr präsent und unerträglich für mich. Ich konnte den Ängsten jedoch gut mit den entsprechenden Hypnosen begegnen und wurde zusehens sicherer. Mit mir, meinem Baby und der unbekannten (nicht planbaren) Situation, die mich so ängstigte.
Mit Beginn meines Mutterschutzes arbeitete ich immer intensiver an der Vorbereitung meiner friedlichen Geburt- im Innen und im Außen. Täglich machte ich mehrere Hypnosen und alles für die Geburt im Geburtshaus kaufte ich ein und packte es zusammen. Ich schrieb Listen um Listen und arbeitete diese ab – mein Planungshirn war hocherfreut; und doch konnte ich mich durch diese exzessive Planung auch immer mehr in die bevorstehende Geburt entspannen. Die Hypnose der Hingabe habe ich so oft gehört wie keine andere.
Meine Hebamme massierte mich geburtsvorbereitend und sagte mir Anfang Dezember, dass sie nicht glaube, dass ich den Termin weit überschreiten würde. Ich war voller Vorfreude, aber bis auf Senk- und Übungswehen und mittlerweile starke Wassereinlagerungen tat sich nichts.
Die Weihnachtsfeiertage begannen und ich war noch immer kugelrund und glücklich. Das Planungshirn meldete sich mit Ablauf des 24.12. wieder – perfekt! Der Geburt im Geburtshaus stand nun wirklich nichts mehr im Wege!
Auch der 26.12. verstrich und da alles immer so gut gelaufen war, musste ich erst am Folgetag zur Kontrolle bei meinem Gynäkologen. Es war weiterhin alles wunderbar, nur die Menge an Fruchtwasser war gering. Das sollte zwei Tage später kontrolliert werden. Ich machte mir gar keine Gedanken, ich spürte, dass es meinem Baby gut ging.
Zwei Tage später hatte die Menge des Fruchtwassers weiter abgenommen – dies sei normal, müsse aber weiter beobachtet werden. Wir verblieben, dass am Sonntag, den 31.12. noch ein CTG bei der Hebamme geschrieben werden sollte und ich dann – sollte die Geburt noch nicht dazwischen gekommen sein – im neuen Jahr wieder beim Gynäkologen zur Kontrolle vorbeischauen sollte. Ich war sicher, dass ich den Termin nicht mehr brauchen würde. Und ich behielt Recht.
Am Tag darauf stand ein Termin im Geburtshaus an, die regulären Vorsorgeuntersuchungen wurden gemacht. Allerdings fiel hier mein Blutdruck auf. Er war zu niedrig. Ich fühlte mich gut und war offen gestanden ein wenig genervt, wir wollten doch noch für Silvester einkaufen. Trotzdem kam ich dem Wunsch der Hebamme nach und ein Check im Krankenhaus wurde gemacht. Noch einmal CTG und ein Ultraschall. Das CTG war unauffällig. Beim Ultraschall jedoch war deutlich zu sehen, dass das Fruchtwasser noch weniger geworden war. Die Ärztin empfand ich als sehr unsensibel. Nicht nur, dass sie sich nicht einmal vorgestellt hatte; sie ließ den Ultraschallkopf über meinen Bauch gleiten, wischte ihn ab und sagte im Drehen: „Da ist zu wenig Fruchtwasser, da machen wir einen Termin zur Einleitung morgen.“
Ich war völlig perplex: eine Einleitung war in meinem Plan gar nicht vorgekommen. Ich bekam einen Kloß im Hals und versuchte verzweifelt, die Tränen niederzuringen.
Auf meine Nachfrage, ob das wirklich nötig sei bekam ich eine knappe Antwort: es müsse nicht morgen sein, aber an sich wäre es unumgänglich.
Da wir nicht in unserer Heimatstadt das Krankenhaus aufgesucht hatten, sondern das, welches mit dem Geburtshaus kooperiert entschied ich mich, nach Hause zu fahren und am nächsten Tag das Krankenhaus zu Hause anzusteuern und dort um eine Zweitmeinung zu bitten. Natürlich hoffte ich auf einen spontanen Geburtsbeginn in der Nacht. Insgeheim wusste ich aber, dass das nicht passieren würde.
Als wir das Krankenhaus verließen, brachen alle Dämme, die gesamten 30 Minuten der Heimfahrt weinte ich. Ich war völlig aus der Bahn geworfen und am Ende. Alle Planung war anscheinend dahin und ich fühlte mich hilflos. Auf eine Geburt im Krankenhaus war ich so gut es ging vorbereitet, aber die Einleitung war nichts gewesen, was bis dato auf meiner „Liste“ stand.
Am Abend machten wir noch einen Spaziergang und versuchten, das Positive zu sehen. Wir aßen noch einmal etwas leckeres und gingen dann schlafen- ich tat allerdings kein Auge zu. Die Hypnosen halfen mir auch hier, zur Ruhe zu kommen.
Am 31.12. rief ich im Kreißsaal des Krankenhauses an und schilderte meine Situation. Meine Angst, dass man mir dort wegen der geplanten Geburt im Geburtshaus mit Vorurteilen begegnen würde, war völlig unbegründet. Ich sollte erst einmal in Ruhe frühstücken und dann vorbei kommen. Das taten wir. Da ich davon ausging, dass ich das Krankenhaus nicht mehr ohne Baby auf dem Arm verlassen würde, packte ich alle sorgsam gepackten Taschen für das Geburtshaus um und organisierte mir so auf die Schnelle eine Klinikgeburt.
Unser Glück war, dass der Kreißsaal des Krankenhauses aufgrund technischer Schwierigkeiten für 2 Wochen geschlossen gewesen war und alle geplanten Geburten abgesagt worden waren. Der Tag an dem wir ins Krankenhaus gekommen waren, war der erste, an dem der Kreißsaal seinen Betrieb wieder aufgenommen hatte. Dementsprechend waren wir die einzigen auf der gesamten Station, nur eine Wöchnerin lag mit Baby ebenfalls dort. Entsprechend freudig wurde nun die Ankunft unseres Sylvester- oder Neujahrsbabys erwartet.
Im Kreißsaal angekommen, wurde ein CTG geschrieben und ein Ultraschall gemacht (hier hatte ich Glück, der vertretende Gynäkologe aus meiner Praxis arbeitet auch im Krankenhaus und so kannte er die vorherige Anamnese ganz genau) und auch hier war deutlich: das Fruchtwasser war wenig, eine Einleitung empfohlen.
Wir stellten all unsere Fragen und entschieden uns dann für die Einleitung. Das Risiko sollten wir abwarten, war sehr gering aber wir fühlten uns dennoch wohler dabei, es nicht einzugehen.
Und so erhielt ich gegen Mittag die erste Einleitungstablette. Der Rest des Tages war geprägt von CTG, Tablette, CTG, eine Stunde Pause und dann das Ganze von vorn. Es machte mich sehr mürbe, so hatte ich mir meinen Sylvesterabend nicht vorgestellt, denn es tat sich: nichts. Leider war es durch das ganze Hin und Her und die häufigen Raumwechsel nicht gut möglich, in Ruhe eine Hypnose zu machen. Deshalb unterhielten wir uns, gingen kurz spazieren und mein Mann holte sogar noch etwas zu Essen vom Bäcker.
Gegen 23 Uhr wurde das letzte CTG geschrieben und nun musste mein Mann leider nach Hause. Den Jahreswechsel verbrachte ich so allein im Krankenhaus. Ich war traurig, versuchte aber mich auf das positive zu konzentrieren: bald würden wir Eltern sein! Ich machte noch die Hypnose „Geburtsbeginn mental fördern“ und „Hingabe“ und schlief dann erschöpft ein.
Gegen fünf Uhr wachte ich auf und war sofort sicher: meine Fruchtblase war geplatzt. Da mein Mann ohnehin um sieben Uhr kommen und mir Kaffee und Frühstück mitbringen wollte, entschied ich mich, ihm erstmal nichts zu schreiben. Von Wellen war nämlich nichts zu spüren und ich wollte, dass er sich in Ruhe fertig machen und kommen könnte. Ich putzte meine Zähne und machte mich fertig, irgendwie ahnte ich, dass dafür eventuell keine Zeit mehr sein könnte und stellte mich im Kreißsaal vor. Ein CTG wurde geschrieben, weiterhin keine Wehen. Ich sollte aufs Zimmer gehen und nach dem Frühstück wiederkommen. Gut gelaunt tat ich dies.
Als ich im Zimmer angekommen war und die Tür hinter mir zuging, ging es allerdings los wie mit einem Schlag: ich hatte Wellen. Von jetzt auf gleich und auch sehr schmerzhaft überrollten sie mich und zwangen mich in die Knie. Erst vor meinem Bett, dann darauf kniete ich mich hin und musste die Wellen auch sehr schnell laut vertönen. Ich übergab mich und wusste gar nicht, wie mir geschah. Ich nahm in einer Pause meine Kopfhörer und startete die Hypnose und versuchte auch, mit meinem Fingeranker zu arbeiten.
Einige Minuten später kam mein Mann, er war zunächst völlig perplex, in welche Situation er hier hineingeraten war. Selbst in den Wellenpausen war ich nicht richtig in der Lage, ihn ins Bild zu setzen.
Langsam machten wir uns auf den Weg in den Kreißsaal. Ich wurde untersucht: Muttermund bei 3 Zentimetern. Das Baby lag noch nicht richtig im Becken. Es drückte auf die Symphyse. Das erklärte den Schmerz, der andauernd spürbar war. Auch in den Wellenpausen schmerzte es sehr, nur die Intensität nahm ab. Ich übergab mich mit jeder Welle. Ich merkte schnell, dass die Hypnose auf den Ohren mich störte und nahm die Kopfhörer heraus. In sehr intensiven Momenten arbeitete ich mit dem Fingeranker. Ich gelangte so nicht an meinen „sicheren Ort“ aber würde durchaus sagen, dass ich mich jederzeit in Trance befand. Ich war irgendwie in „meinem Film“.
Eine sehr liebevolle Hebamme leitete mich an zu „turnen“: der Vierfüßlerstand auf den Unterarmen sollte dafür sorgen, dass das Baby zurückrutscht und sich richtig in den Geburtskanal drehen könnte. Es half allerdings nicht.
Ich bekam ein Schmerzmittel, dies half ein wenig und nahm dem Schmerz die Spitze und so war ich in der Lage, jeweils zwei Wellen auf der linken und zwei auf der rechten Seite zu veratmen: ebenfalls mit dem Ziel, dass das Baby sich nur richtig drehte. Allerdings auch ohne Erfolg.
Die Hebamme empfahl mir eine PDA und ich nahm sie dankend an; noch immer übergab ich mich mit jeder Welle und der Schmerz war für mich an der Grenze des aushaltbaren. Glücklicherweise wirkte die PDA schnell, nahm mir den Schmerz allerdings auch nicht vollständig. Der ständige dumpfe Druck auf die Symphyse, wohl verursacht vom falsch eingestellten Köpfchen, blieb. Durch die PDA wurde für mich aber das Drehen von der einen auf die andere Seite weitaus erträglicher. Da ich nötig zur Toilette musste, selbst aber keinen Urin mehr abführen konnte, bekam ich einen Katheder, der sofort danach wieder gezogen wurde. Das hatte ich mir im Vorfeld ganz schlimm vorgestellt. Ich spürte jetzt aber lediglich pure Erleichterung.
Nun war Schichtende und eine weitere, ebenfalls ausgesprochen nette Hebamme war mit neuer Kraft an meiner Seite. Wir versuchten es erneut mit dem Vierfüßlerstand. Mittlerweile war es 14 Uhr und der Muttermund auf 6 Zentimeter. Ich turnte fleißig weiter und tönte laut. Oft fiel es mir sehr schwer, richtig zum Baby zu atmen, aber mein Mann und die Hebamme halfen mir liebevoll und geduldig durch jede Welle. Abwechselnd massierten sie meinen unteren Rücken, reichten mir Wasser und spornten mich an.
Mit der Zeit merkte ich deutlich, dass mein Körper ganz von allein zu pressen begann. Dies erhöhte das Schmerzlevel erneut, da das Köpfchen ja noch immer nicht richtig eingestellt war. Dazu kam nun noch ein Wehensturm, der, da die PDA langsam weniger wirkte, das letzte bisschen Kraft von mir abverlangte.
Die Hebamme besprach sich mit der diensthabenden Ärztin und beide kamen zu dem Schluss, dass sie einen Kaiserschnitt empfehlen würden. Ich war müde und erschöpft und die Chancen, dass eine vaginale Geburt doch noch möglich wäre, waren gering und der Muttermund war ebenfalls nicht weiter aufgegangen. Ich musste nicht lange überlegen und entschied mich für den Kaiserschnitt und im selben Moment überkam mich ein großes Glücksgefühl: gleich würde ich nun wirklich Mama sein.
Die OP-Vorbereitungen wurden in Windeseile getroffen und ehe ich mich versah lag ich auf dem OP-Tisch und es ging los.
Und dann, um 17.13 Uhr begrüßten wir unseren kleinen Steinbock, einen Sternengucker, im Leben. Einen schöneren (Neu-)Start ins Jahr 2024 hätte es gar nicht geben können. Sofort bekam ich die Möglichkeit, Hallo zu sagen und nach einer kurzen Zeit, in der mein Mann die Nabelschnur durchschneiden durfte, wurde unser Neujahrsbaby mir wieder auf die Brust gelegt.
Wir konnten uns nicht satt sehen; es war geschafft.
Bei der Nachversorgung sah die Ärztin, dass die Gebärmutter an der Stelle, an der das Köpfchen gerieben hatte, schon dünn geworden war. Sie sagte mir, dass es einfach einer ungünstige Verkettung von Umständen geschuldet war, dass sich das Köpfchen nicht richtig eingestellt hatte.
Und nach einem halben Jahr können wir sagen, dass alle Umstände rund um die Geburt zu unserem Kind passt: mit dem Kopf durch die Wand, unser kleiner Steinbock.