Geburtsbericht von

Nicole

Die Geburtsberichte hier haben mir bei der Vorbereitung so viel Mut gemacht – deshalb will ich meinen nicht vorenthalten, auch wenn es nun schon etwas her ist.

Unser Sohn kam 2017 im Krankenhaus mit Saugglocke zur Welt. Ich habe mich damals mit Hypnobirthing vorbereitet, konnte dies aber unter der Geburt nicht richtig anwenden und die fremde Umgebung, kaum gegessen und getrunken zu haben und die Erschöpfung hat es mir schwer gemacht, mich zu entspannen – trotzdem war die Geburt aus meiner Sicht schön. Für mich war danach aber klar, dass ich beim nächsten Kind eine Hausgeburt planen will und es maximal selbstbestimmt geboren werden soll.

08.09.2021:

Den Morgen über ruhe ich mich mit vielen Übungswehen im Bett aus, mache mir aber weiter keine Gedanken, da ich diese schon seit einiger Zeit täglich, vor allem abends, bemerke. Beim Abholen von L. im Kindergarten sage ich noch, dass wir uns sicher sind, dass es nicht früher losgeht, da L. (unser Großer, 4,5 Jahre alt) auch erst 8 Tage nach dem Termin auf die Welt kam. Sobald wir zu Hause sind, merke ich, dass die „Übungswehen“ stärker werden und in den Rücken ziehen. Sie kommen ca. dreimal pro Stunde und ich atme tief in den Bauch. Einige Zeit später bemerke ich auch eine ganz leichte Blutung und realisiere, dass es wohl wirklich „echte Wehen“ sind. Beim Büchervorlesen muss ich immer wieder Pause machen, da ich die Wellen gut mit der Bauchatmung veratmen will. Mein Mann F. ist in der Schweiz und hatte geplant, um 15.30 Uhr loszufahren, er braucht knapp 2 Stunden nach Hause. Er ist um 17.30 Uhr da und ich wünsche mir Spaghetti mit Tomatensoße – es ist mir wichtig, nochmal viel zu essen und Kraft und Energie zu tanken, das hat mir bei der letzten Geburt definitiv gefehlt. Nach dem Essen bringe ich L. ins Bett – mein Gefühl sagt mir, dass es noch dauert und er nicht schon zum Übernachten abgeholt werden soll. Ich lege mich selbst ins Bett und schalte die Geburts-Hypnose ein. Ich wechsle immer wieder die Seiten und halte in einer Hand einen Kamm, den ich bei jeder Wehe in meine Handinnenfläche drücke (da liegen Akkupressur-Punkte, war ein Tipp von einer Freundin), mit der Bauchatmung in die Welle atme und mir vorstelle, wie sich der Muttermund weitet und mein Baby mit seinem Köpfchen mitarbeitet. Ich versuche immer wieder, zu lächeln und bin voller Vorfreude auf die Geburt. Zwischen den Wehen, die ca. alle 15 Minuten kommen, schlafe ich und werde immer davon wach, dass mein Baby sich bewegt, bevor die nächste Welle kommt. Zwischen den Wellen gehe ich ca. alle 2 Stunden aufs Klo und trinke kaltes Mineralwasser. Ich liege immer auf der Seite und wechsle zwischendurch. Um ca. 1 Uhr knackt es – ich setze mich im Bett auf, um gleich nachzuschauen, ob sich der Verdacht bestätigt – und es läuft etwas warmes Fruchtwasser meine Beine runter. Ich gehe ins Bad, um mir eine Wochenbetteinlage zu holen und die Vorfreude wird größer – es geht voran! Die ganze Nacht “wehe” ich vor mich hin und schlafe dazwischen (die Hypnose habe ich abgeschaltet) – die Abstände werden gefühlt nicht kleiner und auch die Intensität ist gleichbleibend und es gelingt mir gut, ganz bei mir und meinem Baby zu sein. Morgens um ca. 6.00 Uhr kommt L. zu uns ins Bett und ich stille ihn. F. hat bereits mit meiner Mutter gesprochen, die ihn um 7.30 Uhr abholt und in den Kindergarten bringt. Er freut sich und ich kann mich nun richtig entspannen. Sobald ich höre, dass die Haustür zufällt, wechsle ich in die Badewanne, die ich mit Kissen und rutschfester Unterlage perfekt vorbereitet habe. Das warme Wasser tut gut und ich höre weiter die Geburts-Hypnose. F. wechselt mir die Ohrstöpsel, wenn ich mich drehe und gibt mir zwischendurch kaltes Mineralwasser zu trinken. Bereits nach ca. 20 Minuten spüre ich, dass die Wellen intensiver werden und muss mich aufsetzen. Ab diesem Zeitpunkt funktioniert die Bauchatmung auch nicht mehr und ich lasse mich einfach voll auf meinen Körper und die Wellen ein, entspanne meinen Kiefer, töne mit und bitte F., gegen mein Kreuzbein zu drücken während der Welle, was unglaublich gut tut! Nach drei dieser Wellen bitte ich ihn, unsere Hebamme E. anzurufen. Ich bin kurz deutlich angespannt, weil ich hoffe, dass sie kommen kann und nicht gerade eine andere Geburt betreut. Als F. sagt, dass sie sich auf den Weg macht, bin ich hochmotiviert und die Wellen sind weiter sehr intensiv. Sie kommt um 8.30 Uhr ins Badezimmer und setzt sich neben mich. Ich habe die Augen geschlossen und merke, dass mir ihre Ankunft eine kurze Wehenpause verschafft. Sie fragt mich, ob sie mich untersuchen darf und ich willige ein. Ich verstehe nur soviel von ihr, dass ich schon sehr viel geschafft habe und sie rät mir, öfters die Seite zu wechseln, damit sich das Köpfchen weiter richtig im Becken einstellt. Sie ordert Cola, um meinen Kreislauf etwas in Schwung zu bringen. F. erzählt mir später, dass sie mir auch gesagt hätte, dass der Muttermund 9cm geöffnet sei, doch daran kann ich mich nicht erinnern. Ich fokussiere mich wieder auf die Wellen. Sie geht aus dem Zimmer, um ihre Sachen zu richten und ich muss plötzlich aufs Klo. F. hilft mir nach einer Welle aus der Wanne und hält mich fest, während ich auf der Kloschüssel sitze. Die nächste Wehe ist sehr intensiv und ich bin wohl sehr laut und eindeutig, denn E. kommt ins Bad gestürmt und ruft nur „Runter vom Klo, das Kind kommt!“. Es klingelt an der Haustür – die Hebammenschülerin kommt in dem Moment und muss warten. Bei der nächsten Wehe gebe ich alles dafür, mich komplett hinzugeben und nicht gegen den Druck zu arbeiten (es kommt der Punkt, an dem man meint, es geht nicht weiter – und es geht eben doch!) – und schon ist das Köpfchen da. Ich knie mich auf den Boden und mit der nächsten Wehe ist J. vollständig auf der Welt und die Hebamme reicht sie mir nach vorne. Es ist 8.58 Uhr und ich kann es in dem Moment nicht glauben, dass ich es wirklich geschafft habe und mein Baby hier geboren werden konnte. Da die Nabelschnur sehr kurz ist, trage ich unsere Tochter sehr umständlich mit Unterstützung von F. ins Bett und wir kuscheln uns direkt ein. Sie sieht gesund und fit aus, ich bin voller Glückshormone und sie trinkt zum ersten Mal. Die Plazenta wird ca. 15 Minuten später geboren. Alles ist super, ich habe keinerlei Geburtsverletzungen oder Abschürfungen und fühle mich großartig.

Noch ein paar Anmerkungen zur Vorbereitung: die Methode von Kristin ist wirklich supertoll – ich bin so froh, diesen Kurs gebucht zu haben! Und doch sollte man sich klar machen, dass es letztendlich nicht auf die Details wie den Kraftort, Visualisierung etc. ankommt – denn es geht eben um das große Ganze: die Haltung, mit der man in die Geburt geht. Für mich war der “Game-Changer” auf jeden Fall die Bauchatmung in der Eröffnungsphase, das Wissen um die einzelnen Phasen und einfach das tiefe Vertrauen, dass ich durch die Vorbereitung gewonnen habe.

Für mich war das Thema Geburt zu jedem Zeitpunkt so präsent und ich habe alles aufgesaugt – weil ich es unbedingt auf diese Weise erleben wollte. Meine Hebamme hat mich da immer wieder ganz gut auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt – denn ein kleiner Prozentsatz lässt sich nicht beeinflussen, egal wie gut man sich vorbereitet. Ich hatte keinen Plan B, C oder D – mein persönlicher Notfallplan wäre eben gewesen, ins Krankenhaus zu fahren, wohlgemerkt ohne gepackte Kliniktasche – das ist aber sicher nicht die cleverste Variante ;)!

Ich hatte nach der Geburt damit zu kämpfen, dass ich zwar meine Traumgeburt erlebt hatte und mich unverwundbar fühlte, aber es mir schwer fiel, mich voll auf mein Baby einzulassen, da die Geburtsvorbereitung in den vergangenen Monaten so eine große Rolle in meinem Leben gespielt hatte und nun vorbei war. Ich fühlte mich mit meinem Körper zu 100% verbunden, aber nicht direkt mit meinem Baby und es dauerte etwas, bis ich wieder im Babyrhythmus angekommen bin.

Ich würde die Geburt jederzeit nochmal gerne erleben und bin jeden Tag dankbar für diese Erfahrung und unsere zwei Kinder.

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