Geburtsbericht von

Nina

Im Nachhinein betrachtet, könnte ich sagen, dass meine Geburt zwei Wochen und 3,5 Stunden gedauert hat. Kurz vor Weihnachten hatten wir eine Art Probelauf. Wellen, die in kurzen und regelmäßigen Abständen kamen und auch in der Badewanne nicht weniger wurden und die uns dazu veranlassten, die Tasche fürs Geburtshaus nun endlich vollständig zu packen.

Irgendwie hatte ich aber trotzdem nicht das Bedürfnis, die Hebamme anzurufen und irgendwann ließen die Wellen dann wieder nach, ich stieg aus der Badewanne und ging schlafen. Dann war wieder Ruhe. Zwar spürte ich von nun an fast jeden Tag, dass das Köpfchen nun immer wieder ins Becken drückte und der Bauch häufiger hart wurde, aber abgesehen davon blieb es ruhig.

Das war für mich auch gut so. Ich genoss meine Schwangerschaft jeden Tag und hatte es noch gar nicht eilig mit dem Kennenlernen. Außerdem stand die Weihnachtszeit und somit das Treffen mit vielen lieben Menschen vor der Tür. Irgendwie war es mir da ganz recht, wenn der kleine Zwerg noch ein wenig warm eingemurmelt in meinem Bauch blieb.

Am 30. Dezember hatte ich noch zwei Treffen mit mir sehr lieben Menschen, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte, abgemacht. Ich fand es einfach super, dass auch diese noch stattfinden konnten. Ab nun wäre ich bereit…
Am Abend schaute ich lange fern und irgendwann langweilte ich mich richtig und schaltete den Fernseher aus. Auf den Knien mit den Armen auf meinen Pezziball gelehnt, hatte ich in den letzten paar Wochen sehr oft vor dem Fernseher verbracht und es genossen, so den Tag ausklingen zu lassen (was ich sonst eigentlich nicht tue). Nun aber hatte ich genug davon. Mir kam der Gedanke, dass ich nun wohl wirklich nicht mehr weiß, was ich mit meiner Freizeit anfangen soll. Zusammen mit meinem Freund saß ich später auf dem Sofa und wir sprachen darüber, wann es wohl losgehen würde. Er meinte, ich würde es dann schon spüren…

Im nächsten Augenblick (es war ca. 22.30 Uhr), merkte ich, wie etwas Flüssiges zwischen meinen Beinen entlang lief. Ich meinte, ich gehe mal eben aufs Klo und auf dem Weg dorthin wurde mir bewusst, dass es wohl höchst wahrscheinlich Fruchtwasser sein wird. Dass dieses eher milchig und nicht ganz durchsichtig war, verwirrte mich zwar ein wenig, aber die Sache war doch klar für mich. Ein wenig überrumpelt und auch belustigt dachte ich, dass ich nun bestimmt noch nicht die Hebamme anrufen würde, weil ich sonst den 24-Stunden-Countdown für eine Einleitung (bei ausbleibenden Wehen) auslösen würde.

Also schlug ich meinem Freund vor, erst mal noch ein Würfelspiel zu spielen. Meine Sorgen wegen der Einleitung stellten sich bald als unnötig heraus, denn ich spürte immer wieder ein Ziehen im meinem Unterleib. Trotzdem spielten wir weiter und nachdem ich die Runde gewonnen hatte, gestand ich mir ein, dass es nun wohl doch losgeht. Denn bei den letzten paar Würfen hatte ich immer mal wieder pausieren müssen, um tief zu atmen.

Als ich aufstand, kam noch mehr Fruchtwasser und ich entschied mich, nun doch mal die Hypnosen zu starten (dafür hatte ich sie schließlich geübt). Mein Freund kontaktierte die Hebamme und über den Lautsprecher hörte ich, wie sie sagte, dass wir uns darauf vorbereiten sollen, dass es noch eine ganze Weile dauern wird. Schließlich sei dies unser erstes Kind und wir sollen die Nacht nutzen, um Energie zu tanken und uns auszuruhen. Ich legte mich also ins Bett und hörte die Geburtshypnose. Die Wellen waren schon ziemlich stark und auch schmerzhaft und die Hypnose war genau im entgegengesetzten Rhythmus zu meinem Körper. Wenn Kristin von Entspannung sprach, kamen die Wellen und in den Wellenpausen leitete sie die tiefe Bauchatmung und die Visualisierung vom Muttermund an. Mich amüsierte das einerseits und trotzdem entschied ich mich dann irgendwann, die Aufnahme zu stoppen und mich selbst ganz in den Prozess zu versenken.

Da die Wellen immer stärker wurden und ich sie nun auch nicht mehr ruhig veratmen konnte, rief mein Freund nochmals die Hebamme an. Zuerst wollte sie mich noch in die Badewanne schicken, um zu sehen, was mit den Wellen geschieht. Doch mir war so warm und ich wusste, dass ich mittendrin war. Sie hörte mir also beim «Tönen» zu und meinte dann, dass wir für den Fall, dass es doch überdurchschnittlich schnell gehen sollte, doch mal ins Geburtshaus kommen sollten, wir könnten dann auch dort bleiben, falls es doch länger dauert.

Also bestellte mein Freund einen Uber und ich zog mich an. Die Wellen kamen sehr intensiv und in relativ kurzen Abständen. Ich nahm zwar den Schmerz wahr, fand diesen aber in keiner Weise schlimm oder beängstigend. Für die Wellen ging ich jeweils auf alle viere und war auf dem Weg zur Straße vor dem Haus doch froh, dass es mitten in der Nacht war und dementsprechend wenig Leute unterwegs waren. Ich hoffte, dass ich niemanden aufwecke mit meinem Tönen und amüsierte mich gleichzeitig bei jeder Welle (im Flur, im Hauseingang, vor dem Haus am Strassenrand) über die Situation. Der Uberfahrer fand uns nicht direkt, was meinen Freund glaube ich ein wenig unruhig machte.

Er versuchte nacheinander zuerst ein (bereits besetztes) Taxi, einen Pizzalieferanten und ein Privatauto anzuhalten und die Fahrer zu überzeugen, dass sie uns mitnehmen. Ich beobachtete das zwischen den Wellen, fragte mich, warum er es so eilig hatte, amüsierte mich weiter über die Situation, beruhigte zwei späte Passanten, dass alles in Ordnung sei und ich nur ein Baby bekomme und dann kam auch wieder die nächste Welle. Ich merkte inzwischen, dass ich zu Pressen anfing und freute mich, als der Uber dann doch kam und ich mich in die unglaublich kuschligen Ledersitze der Rückbank knien konnte. Zwischen den wohl sehr lauten Wellen beruhigte ich den Fahrer, dass alles gut sei und entschuldigte mich für den Lärm.

Der Fahrer war wohl sehr nervös, denn er verfuhr sich mehrfach und mein Freund wurde dadurch nicht gerade entspannter. Mich störte es gar nicht. Ich fand die Rückbank und das Schauekeln in den Kurven so richtig gemütlich. Nach vier Wellen (Die Fahrt dauerte insgesamt nur etwa 11 Minuten) waren wir dann doch vor dem Geburtshaus (um ca. 01.30 Uhr). Ich kniete mich erst mal vor der Eingagstür nieder, schaffte es gerade noch, die Klingel zu drücken und tönte laut heraus, was ich wiederum ziemlich lustig fand. Dann kam die Hebamme und mir fielen ihre tollen, pinken Leopardenleggins auf. Ihr ein Kompliment zu machen, gelang mir dann aber doch nicht. Mit dem Fahrstuhl ging es hoch zu den Geburtszimmern. Im Eingangsbereich kam gleich die nächste Welle und nun wusste auch die Hebamme, dass es wohl gut war, dass wir da waren.

In einem der beiden Zimmer hörte ich eine andere Frau, die auch mitten in der Geburt war, dann trat ich ins Zimmer ein und sah die volle Badewanne. Ich war in dem Moment so froh, dass die Hebamme uns ernstgenommen und das Wasser schon hatte einlaufen lassen. In gefühlt zwei Sekunden hatte ich meine Kleider ausgezogen und war in die Wanne gestiegen. Es war sooooooooo schön! Das sagte ich auch der Hebamme und bedankte mich. Ich nahm selbst war, dass ich zwischen den Wellen immer irgendwie plauderte, fand das aber nicht störend. Ich war voller Energie, fühlte mich wohl und wusste, dass alles gut war.

Mein Freund hatte die ganze «Hypnose-Ausrüstung» bereitgelegt (Kopfhörer, Handy, Augenmaske, Lautsprecher, Duftanker) und fragte mich, ob ich etwas davon wolle. Ich lehnte ab, denn ich brauchte es nicht. Ich merkte, wie sehr ich mich in dem Moment einfach nur auf mich und meinen Körper verlassen konnte. Die Hebamme fragte mich, ob ich schon den Drang fühlte, zu pressen und ich musste ein wenig schmunzeln, weil das schon eine ganze Weile so war. Aus Neugier tastete ich, ob ich etwas fühlen könnte und spürte in meinem Innern etwas Weiches und irgendwie doch «Rauhes». Es fühlte sich an wie ein dickwandiger Ballon und ich meinte zur Hebamme, dass ich vielleicht die ausgestülpte Fruchtblase spüre. Sie meinte, das sei wohl eher das Köpfchen.

Daraufhin bat ich sie, auch mal zu tasten und sie bestätigte ihren Verdacht. Ich fand das super faszinierend. Zudem war ich nun auch mega motiviert, dieses Kind auf die Welt zu bringen. Meine Hand fühlte dabei ständig das Köpfchen und ich merkte, dass es sich immer weiter vor bewegte. Als ich bei einer Welle einen Krampf im Bein bekam, musste ich kurz die Position wechseln, damit die Hebamme diesen lösen konnte. Denn im Vergleich zu den Wellen, fand ich den so richtig unangenehm. Danach kniete ich mich mit einem Bein auf den Boden der Wanne und stellte das andere vor mir auf. Das Köpfchen war jetzt ganz weit vorne und ich merkte richtig, wie es sich dort «festsetzte». Das beruhigte mich, denn ich hatte mir dieses Vor- und Zurück immer recht mühsam vorgestellt (auch wenn ich wusste, dass es für das Gewebe auch von Vorteil sein kann).

Bei der nächsten Welle presste ich in mehreren kurzen Rucken das Köpfchen heraus. Das war wundervoll! Ich sah die dunklen Haare und ein kleines Ohr zwischen meinen Beinen und spürte, wie sich die Beine des Babys in meinem Bauch bewegten. Ich streichelte das Köpfchen und genoss den Moment. Dann kam die nächste Welle und ich hatte mein Baby in den Händen. Ganz selbstverständlich nahm ich den kleinen Körper selbst entgegen und dann hoch auf meine Brust. Genau das hatte ich mir gewünscht und vorgestellt. Es fühlte sich so gut an. Ich lehnte mich in der Badewanne zurück und bestaunte das kleine Wesen.

Ich hatte ja immer gedacht, dass ich in dem Moment vor Rührung weinen müsste, aber ich war einfach vollkommen entspannt, freudig und zufrieden. Es hatte mir einfach so richtig Spaß gemacht und sich unglaublich leicht angefühlt. Später sagte ich zu meinem Freund, dass mein Geburtsberg wohl eher ein sanfter Hügel war, auf den ich mal eben hochgerannt bin. Schon irgendwie streng, aber eben auch schnell vorüber und sehr gut machbar. Auch nach der Geburt sprühte ich nur so vor Energie.

Das Foto, auf dem ich nur im langen Trägertop und meinen Stiefeln vor dem Geburtszimmer neben meinem Freund und dem eingepackten Baby stehe, die Hände in die Hüfte gestützt und mit offen lachendem Mund ist für mich Sinnbild für diese Geburt. Vom Platzen der Fruchtblase bis zur Geburt des Babys waren gerade mal 3.5 Stunden vergangen und davon waren wir knapp eine halbe Stunde im Geburtshaus. Das Baby fing nach etwa zehn Minuten an, zu trinken und kurz darauf kam die Plazenta. Auch diese bestaunte ich, hielt sie in der Hand und später durchtrennte ich die Nabelschnur. Ich nahm alles so klar und bewusst wahr, meine Sinne schienen wie geschärft und ich wollte auch alle Details in mir aufnehmen. Dass wir anschließend noch drei weitere Tage und Nächte in der Wochenbett-Wohnung des Geburtshauses verbringen durften, wo wir mit drei anderen Neu-Elternpaaren den Start ins Familienleben sanft und von den Hebammen begleitet genießen konnten, machte die Erfahrung wirklich perfekt. Ich denke oft und gerne an diese Zeit zurück und bin so dankbar dafür.

Es mag vielleicht den Anschein machen, dass die Hypnose nicht zum Einsatz kam. Doch für mich ist ganz klar, dass die Wochen des regelmäßigen Übens (gleich beim Aufwachen die Geburtsvorbereitung, während des Tages immer mal wieder die tiefe Bauchatmung egal wo ich gerade war und die Affirmationen) und vor allem auch die bewusste Auseinandersetzung mit etwaigen Ängsten (Kaiserschnitt, Verlegung ins Spital, Beckenendlage,…) mir eine herrlich entspannte Schwangerschaft und genau dieses wundervolle Geburtserlebnis ermöglicht haben.

Vielen Dank, liebe Kristin, dass Du mit deiner Arbeit ermöglichst, dass immer mehr Frauen Geburt als etwas Positives, Kraftvolles und vor allem auch Selbstbestimmtes erfahren können. Für mich war es auch genau richtig, dass die Geburt so schnell, kraftvoll und auch laut war. Klar hatte ich mich im Vorfeld gefragt, wie es wohl wäre, wenn es tatsächlich so ruhig und friedlich von Statten geht. Zu mir hat diese Geburt aber genauso gut gepasst. Und unser Kind ist tatsächlich fast immer sehr entspannt und zufrieden, hat aber auch seine kurzen, temperamentvollen Momente, so wie die Schwangerschaft sehr entspannt und friedlich war und die Geburt dann kurz und temperamentvoll =).

Auch die Hypnosen für die Zeit nach der Geburt habe ich häufig genutzt. Gerade in den ersten Wochenbett-Wochen waren diese hilfreich. Wenn ich noch einen Wunsch anbringen dürfte, wäre dies eine Aufnahme mit Affirmationen fürs Wochenbett. Die «Entspannung im Wochenbett» ist zwar auch schön, aber doch anders als reine Affirmationen. Auch eine Freundin von mir (welche bald ihr zweites Baby bekommt und sich nun auch mit der friedlichen Geburt vorbereitet) meinte, dass ihr das bei ihrem ersten Kind echt gefehlt hat. Dies nur als Anregung.

Nun noch drei Dinge, die mir im Schreib-Flow nicht hineingepasst haben/eingefallen sind:
– Die Hebamme hat von sich aus gefragt, ob sie Fotos machen dürfe und auch mein Freund hat zeitweise fotografiert und gefilmt. Auch wenn ich die Geburt mit allen Sinnen wahrgenommen habe, bin ich im Nachhinein unglaublich dankbar für die Fotos und Aufnahmen und auch wenn die Vorstellung davon in einem so intimen Moment fotografiert zu werden erst Mal eigenartig sein könnte, würde ich das jeder empfehlen. Ich hatte im Vorfeld sogar überlegt, die Fotos professionell machen zu lassen. Unsere Fotos waren nicht professionell und gerade der Moment, als das Baby in die Wanne geboren wurde, ist sehr verwackelt und unscharf, aber das tut dem Wert dieser Aufnahmen in keinster Weise einen Abbruch. Und bei der Geschwindigkeit dieser Geburt hätte es ein/e Fotograf*in vermutlich auch nicht rechtzeitig zu uns geschafft.
– Bei einer der ersten Wellen in der Geburtswanne, kam bei mir ein wenig Stuhl mit. Ich hatte mir das im Vorfeld immer schlimm vorgestellt. Peinlich fand ich es zwar nicht, aber ich bat die Hebamme dann doch darum, es zu entfernen und weil sie gerade nicht dran kam, habe ich es selbst mit dem Sieb herausgefischt. Fand ich in dem Moment ziemlich lustig.
– Ich hatte eine kleine Geburtsverletzung, die genäht werden musste und im Nachhinein war dies wirklich das Unangenehmste an der ganzen Schwangerschafts- und Geburtserfahrung. Erst als der Wochenfluss vorbei war und wieder mehr Luft an die Nahtstelle kommen konnte, wurde es wirklich besser. Auch das gesamte Gewebe im Intimbereich fühlt(e) sich noch länger wund an. Ich möchte dies nicht ungesagt lassen, damit das Bild komplett ist. Dennoch schreibe ich es hier separat dazu, weil es auch vom Zeitpunkt her in meinem Gefühl nicht mehr zur Geburt gehört.

Lerne meine Methode

Schritt für Schritt zu einem positiven Geburtserlebnis