Geburtsbericht von

Sarah-Lea

Es war der friedlich kraftvollste Moment meines Lebens. Jeden Samstag halte ich jetzt kurz inne, um diese Kraft und diesen Frieden wieder zu spüren und mitzunehmen in mein Leben, wie es gerade ist (nicht immer friedlich und kraftvoll).

Ich war in der Schwangerschaft oft nicht im Vertrauen, ich war nach zwei Schwangerschaftsverlusten und mit Schwangerschaftsdiabetes ängstlich, unsicher, besorgt. Die Methode der friedlichen Geburt hat mir das nicht genommen. Aber sie hat mir Ruheinseln und Entspannungsmomente geschenkt. Und das war genug. Es war okay so. Ich hatte den Kurs vor allem auch für die Schwangerschaft und die für mich damit verbundenen Sorgen und Ängste gebucht. Diese haben sich auch mal in die Hypnosen geschlichen mit mir Angst machenden Bildern, die ich aber auflösen oder akzeptieren und mich damit schließlich sogar sicherer und selbstbestimmter fühlen konnte. Ich bin so oft so dankbar und auch ein bisschen stolz, dass ich trotz und mit allem so viele Glücksmomente hatte in der Schwangerschaft.

Dass wir, auch wenn wir auf einer Ebene immer dachten und fühlten “wir wünschen uns nur ein lebendes Kind”, uns getraut haben, unsere Wünsche und Hoffnungen für die Geburt aufzuschreiben und zu besprechen: Zusammen sein, wenn es losgeht. Ein bisschen schlafen. In die Klinik laufen. Eine Badewanne. Unser Baby selbst aufnehmen. Unser Baby nach der Geburt in ein rotes Handtuch wickeln. Wir haben uns auch damit beschäftigt, wie ein Plan B) und C) aussehen könnte. Welche Schmerzmittel ich mir vorstellen kann, wie verschiedene Interventionen ablaufen, wie wir mit dem Klinikpersonal kommunizieren wollen, was uns bei einer Bauchgeburt wichtig wäre.

Wir gehen gerne wandern, mussten auch dabei schon öfter mal umplanen. Wir kennen die Vorfreude und die Aufregung angesichts der Herausforderung, aber auch die Demut und den Respekt, dass wir letztlich nicht planen können. Vor allem haben wir uns also vorgenommen, bei uns zu bleiben, egal wie unser Geburtsberg auch aussehen mag. Die Angst durfte uns begleiten, aber sie hat uns nicht bestimmt (so oder so ähnlich glaube ich in einem der bereichernden Interviews mit Dr. Lütje gehört). Wir haben unser Kind freudig erwartet.

Ich war ungeduldig ab Geburtszeitraum. Wollte unser Kind im Arm halten, wusste nicht, wie lange ich noch warten konnte, wie lange ich noch genug Vertrauen halten konnte, dass es gut gehen kann. Ihr ging es doch jetzt gut. Worauf warten? Wir hatten für kurz nach ET schließlich eine Einleitung vereinbart, weil ich einfach wusste, mehr Energie bleibt mir nicht. Gleichzeitig hatte ich mir so sehr gewünscht, dass unser Kind entscheiden kann, wann es losgeht und so sehr gehofft auf ein positives Geburtserlebnis und ein Gespür gehabt, dass das auch möglich ist. Irgendwie war da schon immer auch Vorfreude auf und Vertrauen in das Geburtserlebnis. Dieses Vertrauen haben mir tatsächlich auch meine zwei kleinen Geburten gegeben, die ich als Geburten erlebt habe und die so wichtig waren für mich im Abschied von unseren Sternenkindern.

Und dann ging es doch echt los. Am Tag vor dem ET spürte ich morgens stärkere Wehen als die Wochen zuvor, ich dachte, das ist anders, das könnte es sein, war mal kurz davor, meinen Mann anzurufen, aber dann wurde es erstmal wieder ruhiger. Ich machte aber noch ein Foto von meinem Bauch und dachte schon, das könnte das letzte sein. Am Abend waren wir dann gemeinsam, mein Mann und ich, auf einem kurzen Spaziergang, der zu einer schönen Routine geworden war, die uns der Diabetes immerhin gebracht hatte. Ich kam zurück und da war eine Zeichnungsblutung und mit dieser kamen die Wehen. Und die Euphorie! Sie kommt! Zu ihrem ET! Ich war ganz sicher. Über das „das kann jetzt auch noch Tage so gehen“ meines Mannes habe ich mich erst geärgert, dann haben wir gelacht.

Wir haben uns gemeinsam ins Bett gekuschelt. Mit der Hypnose auf den Ohren habe ich geschlafen, geträumt, geboren. Die Atmung (Gamechanger, ich bin so dankbar!), die Nähe zu meinem Mann und unserem Kind, der Regen am Fenster, meine Kraft und Ruhe tragen mich und uns durch die Nacht. Ich liege die meiste Zeit auf der Seite, ein großes Kissen zwischen den Beinen. Bin mal kurz auf dem Pezziball. Gegen Morgen ist da plötzlich wieder ein Angstmoment, ich habe unsere Hummel eine Weile, für mich zu lange, nicht gespürt. Sie meldet sich, ich bin so dankbar. Entscheide aber, dass ich jetzt in die Klinik möchte. Wir finden aber wieder etwas Ruhe, machen noch ein kleines Frühstück. Dann gehen wir zu Fuß unter der Kirschblüte in unserer Straße in die Klinik, mit Pausen für die Wehen. Gehen. Atmen. Gebären. Mittlerweile scheint die Sonne. „It’s a fine day“ sagt mein Mann (besser :)).

Wir kommen in der (Level 1) Klinik an (für uns aus einem hohen Sicherheitsbedürfnis heraus von Beginn an in der engeren Wahl und dann durch den Diabetes bestätigt) und es wird ein CTG geschrieben. Das zeichnet keine Wehen auf. Bitte was?! Da muss ich doch mal kurz schlucken. Ich empfinde die Wehen im Moment als herausfordernd, aber auch als so herzlich willkommen, als starkes Ziehen, dem ich entgegenatmen muss und kann, aber wenn das noch nicht die richtigen Wehen sind, dann bekomme ich doch Respekt. Die Hebamme kommt und meint, es sei nur falsch angebracht. Puh. Sie tastet. Sagt, sie ist noch im Studium und traut sich nicht, mir den Befund zu nennen. Holt eine erfahrenere Kollegin. Die kann es auch kaum glauben: 7cm geöffnet – und Ihr seid echt gelaufen? Sind wir.

Ich darf in eine Wanne und dort weiter Hypnose hören, atme tief in den Bauch, visualisiere, bewege mich ein bisschen. Unsere wunderbare Hebamme lässt uns „unser Ding machen“ wie sie zu uns sagt, wartet oft draußen vor der Tür, sagt aber auch, dass sie jederzeit da ist, wenn wir sie brauchen. So ist es genau richtig für uns und ich bin ihr so dankbar. Irgendwann wird mir zu warm – der Raum hat leider kein Fenster – und wir ziehen um in den Kreissaal. Hier wird es kurz herausfordernder, am sicheren Ort zu bleiben, denn es ist hell dort und der Raum eher kühl und praktisch eingerichtet. Aber immerhin frische Luft! Und ich habe meine Schlafmaske, die Hypnosen, dann mal wieder Lieder des Albums “Pixie”, das uns durch die Schwangerschaft begleitet hat, meinen Mann, der mich jetzt, wo ich im Vierfüßler auf der Liege bin, massiert und einfach da ist, mich hält, uns hält.

Es ist gleichzeitig ganz klar meine Geburt und unsere Geburt. Die Hebamme bestärkt uns ganz sanft, sagt, dass die über Lautsprecher laufenden Hypnosen auch sie entspannen, wie schön es ist, uns zu beobachten und zu begleiten. Es ist alles stimmig. Ich tauche also immer wieder auf aus der Hypnose aber auch immer wieder ab. Das Bild des Delphins hat mir geholfen in der Vorbereitung. Es klappt zum Glück auch dann, wenn ein paar Angstmomente kommen, immer wenn das (mir irgendwie Sicherheit gebende aber irgendwie auch sehr störende) CTG verrutscht (oft ist es sogar “nur” mein Puls der nicht aufgezeichnet wird, darüber kann ich dann sogar auch lachen).

Irgendwann merke ich, die Wehen werden weniger, ich habe das Gefühl, es geht nicht gut weiter gerade. Unsere Hebamme schlägt vor, die Fruchtblase zu öffnen. Ich zögere einen Moment und spüre nach und sage dann ja. Es ist nur ein kleiner Stups notwendig, die Fruchtblase platzt und ich spüre Erleichterung. Wir versuchen ein paar verschiedene Positionen und am besten geht es mir jetzt stehend am Seil. Ich will mitschieben, die Hebamme ermutigt mich. Wir wechseln die Hypnose, ich bin aufgeregt, freue mich. Hier erlebe ich die Geburt als am herausforderndsten. So sehr muss man mitschieben? Hier empfinde ich auch (mit Ausnahme noch der Untersuchungen, die auf dem Rücken liegend stattfinden und die ich nur schwer durchhalte – wie kann es sein, denke ich da, dass das so oft die Position ist, in der Menschen gebären sollen?) am ehesten Schmerz.

Aber auch hier bleibt es ein so anderes Gefühl für mich als andere Schmerzen. Denn sie sind ja zielgerichtet, führen mich wohin. Nicht irgendwo hin. Zu unserem Kind. Unser Kind zu uns. Doch er kommt, der berühmte Moment: “Ich kann nicht mehr” denke ich. “Du kannst”. Ich bekomme kurz mit, wie die Hebamme sagt, wir könnten oder sollten vielleicht sogar Oxytozin geben (es stellt sich später heraus, dass die Ärztin etwas unruhig wurde, da ich nun schon recht lange voll eröffnet war und der Geburtsverlauf für das Fachpersonal schwer einzuschätzen, war, da ich die ganze Zeit über so ruhig und entspannt wirkte). Da kommt ein klares Nein zu mir, aus mir heraus. Wir sind schon auf dem Weg, wir schaffen das, wir sind gleich da. Und tatsächlich: „So viele Haare“ „Willst Du den Kopf fühlen?” Ich will. Wow.

Ich drücke und schiebe – das empfinde ich nun echt auch als Willensakt – und da ist der Kopf geboren, noch einmal und da ist unser Kind. Ohne zu zögern, mit aller Liebe und Überzeugung (ein Zweiklang, den uns unsere Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs mitgegeben hat) nehme ich unser selbst Baby auf, wie ich es mir so sehr gewünscht hatte. Und sie schreit! Sie ist wirklich da. Hallo, Hummel. Es ist heute Regenbogenwetter, sagt etwas später die zweite Hebamme. Und wir halten es im Arm, unser doppeltes Regenbogenbaby. Unser tiefster Wunsch ist in Erfüllung gegangen und dann noch so viele Wünsche, die wir für die Geburt hatten. Dankbarkeit. Freudentränen überall, bei mir, bei meinem Mann. Und auch bei unserer Hebamme, die uns ein paar Wochen später, als wir mit Baby in der Trage nochmal in die Klinik spazieren, um eine Karte für sie dazulassen und sie uns per Zufall (oder weil eben mit ihr und uns und dieser Geburt alles stimmig war) entgegenkommt, erzählt, dass diese Geburt für sie ebenso wunderschön war und immer in Erinnerung bleiben wird. Sie hat sogar ihren Praxisbericht über uns geschrieben, den wir lesen dürfen. Wir nehmen uns beide vor, anderen von unserer friedlichen Geburt zu erzählen.

Für mich war diese Geburt und die Vorbereitung und Begleitung durch die friedliche Geburt umso besonderer und bemerkenswerter, weil ich eben nicht immer im Vertrauen bin, weil eben auch unter der Geburt mal Angstmomente da waren und weil ich trotzdem eben an diese Geburt denke, wenn ich im Sternen- und Erdenkindmama-Alltag denke, ich könnte sie gerade wieder ganz gut gebrauchen, die volle Liebe und Überzeugung, die Kraft und den Frieden, die Hingabe.

Danke Kristin und das ganze Team. Danke allen, die vorher ihre Erfahrungen geteilt haben. Danke allen, die diesen Bericht lesen. Ich wünsche Euch wunderbare Geburten.

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