Geburtsbericht von

Simin

Heute, dreieinhalb Monate nach der Geburt unseres ersten Sohnes L., möchte ich endlich auch hier davon erzählen. Es ist eine Geschichte, die mit einem Herzenswunsch beginnt und in unendlicher Dankbarkeit endet.

2,5 Jahre warteten wir voller Hoffnung und Sehnsucht darauf, dass ich endlich schwanger wurde. Eine Eileiterschwangerschaft, zwei Inseminationen und eine IVF später war es soweit: Unser Sohn machte sich auf den Weg und ab diesem Punkt begann diese wunderbarste aller Reisen auch für uns.
Schon früh startete ich mit dem Kurs der Friedlichen Geburt. Die Hypnosen halfen mir, mich mit meinen Ängsten und Zweifeln aktiv zu befassen und ganz allmählich Kontakt aufzunehmen zu dem Leben, das in mir heranwuchs.

Die Schwangerschaft verlief sehr gut. Anfang Juni lud ich einige Freunde und Verwandte ein und gemeinsam segneten wir im engsten Kreis die Ankunft des neuen Erdenbürgers. Wenige Tage später, eine Woche vor ET, ging ich abends zur Toilette und bemerkte eine kleine Blutung. Ich hatte keinerlei Sorge – ich wusste genau: jetzt ist es soweit. Ich war so aufgeregt! Bis mein Mann nach Hause kam, tat ich noch alle möglichen und unmöglichen Dinge, goss die Pflanzen, räumte die Küche auf, packte natürlich meine gesamte Kliniktasche noch einmal um und schrieb eine To Do Liste für die Zeit nach Geburt.

Leider aß ich auch einen Teller Linsensuppe bei meiner Mama, das kann ich in der Retrospektive nicht wirklich empfehlen… aber dazu später mehr.

Als mein Mann schließlich nach Hause kam, empfing ich ihn mit geheimnisvoller Miene und in meinem bemalten Geburts-Shirt. Er wusste sofort, was los war. Nachdem er sich wieder gefasst hatte (“Oh Mann! Oh Mann! Oh Mann!!!”), verweilten wir noch auf der Couch und spielten eine Runde Mario Kart. Das letzte Mal so ganz allein!

Gegen Mitternacht gingen wir zu Bett. Die nächsten drei Stunden versuchte mein Mann zu schlafen, während ich vor Aufregung nicht schlafen konnte und mit der Geburtshypnose die ersten leichten Wellen empfing. Gegen 3 Uhr machten wir uns langsam auf den Weg ins Krankenhaus, nachdem die Wellen alle 5 Minuten kamen und wir einfach nicht mehr zuhause bleiben wollten. Im Auto hörte ich die Hypnose zum letzten Mal.

Empfangen wurden wir im Krankenhaus von einer sehr lieben Hebamme, die Ruhe und Sicherheit ausstrahlte. Leider war das CTG zunächst ernüchternd – ich sah ihr an, dass die Wellentätigkeit sie wenig beeindruckte und fürchtete bereits, wieder nach Hause geschickt zu werden. Dann die Überraschung: sie konnte die Fruchtblase nicht ertasten und vermutete, dass diese bereits vor einigen Stunden geplatzt war. Rückblickend war das wohl die kleine Blutung gewesen, die ich selbst eher als den Abgang des Schleimpfropfs verbucht hatte.

Das Abenteuer konnte also weiter gehen. Am frühen Morgen gingen wir noch einmal an die frische Luft. Liebe und freudige Aufregung begleiteten uns.

Als wir zurückkamen, legte ich mich im Wehenzimmer hin und arbeitete eine Weile mit den heranrollenden Wellen. Die Hebamme schlug ein wohltuendes Bad vor. Gerade wollten wir in den Kreißsaal hinübergehen, da bahnte die Linsensuppe sich ihren Weg. Eine Viertelstunde später fühlte ich mich leicht und so viel besser. Das Bad im Pool war leider inzwischen kalt geworden und ich hatte Mühe, mich darin zu entspannen. Also krabbelte ich nach kurzer Zeit wieder heraus und machte im Vierfüßler auf dem Bett weiter.

Die Wellen waren unangenehm, ich fand keine stabile Position und klammerte mich immer wieder an den Kopf des Bettes, wenn die nächste Welle da war. Gegen Vormittag kam meine Mama als Unterstützung zu uns, das hatte ich mir im Vorfeld gewünscht. Ich kann nur jeder Frau ans Herz legen, die Begleitung einer vertrauten weiblichen Person anzunehmen. Meine Mama war ein Fels in der Brandung. Ihre Anwesenheit allein beruhigte mich, gab mir Sicherheit und Zuversicht. Und nach stundenlangen scheinbar unproduktiven Wellen kam schließlich der Gamechanger: Der Wechsel vom verkrampften Vierfüßler auf beide Beine.

Im Stehen hatte ich so viel mehr Kraft und Ressourcen, um die Wellen anzunehmen und meinem Kind den Weg in diese Welt zu ebnen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich jegliche Hilfestellung in Form von Schmerzmitteln, Einleitung und PDA komplett abgelehnt. Es kam jedoch der viel besagte Moment, an dem die Erschöpfung groß war. Und obwohl ich die meiste Zeit der Geburt nur verschwommen in Erinnerung habe, kann ich diese Situation noch heute genau nachempfinden. Es war früher Nachmittag.

Mein Mann war müde, besorgt, entmutigt angesichts des wenig eröffneten Muttermundes nach stundenlanger Wellenarbeit. Er bat mich, doch Hilfe anzunehmen, wollte so dringlich etwas für mich tun. Und ich sah wie durch einen Schleier aus dem Fenster, fühlte die Erschöpfung, sah meinen Mann an, wollte mich so gerne hinlegen und war bereit, der PDA zuzustimmen. Aber dann passierte etwas Merkwürdiges: die Worte kamen einfach nicht über meine Lippen. Stattdessen schöpfte ich neue Kraft und machte einfach weiter. Später erzählten sie mir, dass meine Mama meinen Mann zwischenzeitlich dazu überreden konnte, etwas zu essen und sich auszuruhen.

Ab frühem Nachmittag gab es noch einmal einen Schichtwechsel und es kam genau die richtige Hebamme zu uns, die wir für die letzte Phase der Geburt an unserer Seite brauchten. So arbeiteten wir ab diesem Punkt zu viert – mein Mann und meine Mama stützten mich im Wechsel, die Hebamme überprüfte immer wieder die Herztöne des Kleinen und überblickte die Situation im Hintergrund. Und auf einmal ging alles ganz schnell: in den letzten 2 Stunden der Geburt öffnete sich mein Muttermund stetig und schließlich vollständig. Zwischendurch spürte ich bereits einen starken Druck nach unten und bat um einen Einlauf – den ersten meines Lebens. Hier sorgte ich dann kurz für ein bisschen Belustigung bei meinem Geburtsteam: nach stundenlanger Wellenarbeit fragte ich doch tatsächlich, ob ein Einlauf denn schmerzhaft sei…

Die Presswellen waren in meinem Fall sehr kurz. Und ich liebte es! Ein Gefühl, dem man sich einfach hingeben muss. Eine unbändige Kraft, die man so noch nie gespürt hat. Instinktiv kniete ich mich an den Rand des Bettes und wurde von unserer Hebamme angeleitet. Zunächst war der Muttermund noch im Weg und ich sollte die Presswellen noch zurückhalten, so gut es ging. Das erschien mir ein Ding der Unmöglichkeit! Doch die Anweisungen der Hebamme waren so präzise, so klar, und ich war hochkonzentriert. Schließlich hörte ich sie sagen „Mit der nächsten Wehe bekommst du dein Kind!“.

Und dann war der Moment gekommen. Fast genau 24 Stunden nach Platzen der Fruchtblase kam unser kleiner L. auf diese Welt. Irgendjemand rief die Worte „Da ist er!“ und mir wurde in diesem Moment auf groteske Weise klar, dass da tatsächlich ein Mensch herauskam. Dass ich tatsächlich monatelang diesen kleinen Mann in mir getragen hatte. Und dass er jetzt endlich bei uns war. Ich hielt ihn in den Armen und wollte ihn sofort auch an meinen Mann übergeben, wovon mich die Hebamme sanft abhielt. Er hing ja noch an der Nabelschnur!

Die glücklichsten Momente unseres Lebens hielt meine Mama auf teilweise verwackelten und unscharfen Fotos fest (egal!!). Ich voller Glück lachend im Bett, L. auf meiner Brust, auf der Suche nach Nahrung und hungrig auf dieses Leben. Mein Mann und ich mit unserem Sohn. Mein Mann, wie er die Nabelschnur durchschneidet. Mein Mann, wie er mit nacktem Oberkörper unseren Sohn auf dem Arm hält, während ich mit der Nachgeburt beschäftigt bin. Momente für die Ewigkeit. Nur am Rande sei erwähnt, dass meine Plazenta sich nicht richtig löste und ich am Ende eine Kürettage hatte. In den OP fuhr ich fröhlich winkend ein, versprühte Glück und gute Laune bis ich einschlief. Alles gut gegangen.

Und heute? L. ist ein fröhliches, entspanntes Baby. Er entwickelt sich wunderbar und macht uns jeden Tag so glücklich und stolz. Und wir sind dankbar. Allen, die uns unterstützt und uns auf unserem Weg zur kleinen Familie begleitet haben. Und wir erzählen unsere Geschichte weiter. Und wünschen allen, die ihr Wunder noch erwarten, eine selbstbestimmte, kraftvolle und zauberhafte Geburt.

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