ET+1
3.660g, Kopfumfang 37.5 cm, 54 cm
Erstgebärend
Dammriss, lange Pressphase
Geburtshaus
Oxytocin
Vorbereitung:
– Täglich mehrfaches Üben mit der friedlichen Geburt ab der 30. Schwangerschaftswoche
– Möglichst diabetesgerechte Ernährung wegen knapper „Nicht-Diagnose“ von Schwangerschaftsdiabetes/ nicht 100% strenge Louwen-Diät
– Dammmassagen
– Beckenbodentraining
– Geburtsvorbereitende Akupunktur
Der Bericht wird leider etwas lang, aber ich tue mich schwer, Dinge auszulassen. Ihn zu schreiben, war eine tolle Gelegenheit, alles nochmal zu verarbeiten und auch später nochmal lesen zu können, wenn die Erinnerung langsam nachlässt… Ich hoffe, er ist trotzdem interessant für die/ den ein(en) oder andere(n).
Für mich stand schon von Beginn der Schwangerschaft an fest, dass ich gerne in einem Geburtshaus entbinden wollte. Ich hatte zu viele negative Dinge über Geburten in Krankenhäusern gehört… Eine Hausgeburt war mir dann doch ein bisschen zu riskant, deshalb war das Geburtshaus für mich der richtige Mittelweg.
So habe ich ab dem 3. Monat zusätzlich zu den Frauenarztterminen monatlich im Geburtshaus vorbeigeschaut. Eine der Hebammen dort hat mir den Podcast von Kristin empfohlen, den ich die nächsten Wochen verschlungen habe. Als ich schließlich den Kurs gekauft hatte und dies bei der Besprechung meines Geburtsplanes ansprach, wussten alle sofort Bescheid, um was es ging und waren offen für die Methode. Das gab mir gleich ein noch besseres Gefühl.
Auch wenn das regelmäßige Üben im Alltag manchmal etwas Disziplin erforderte, empfand ich die Hypnosen, Partnerübungen und organisatorischen Anstöße von Kristin als sehr hilfreich, mich schon in der Schwangerschaft positiv auf die Geburt einzustimmen. Ich hatte allerdings selten das Gefühl, wirklich in Trance zu sein, schlief des öfteren während der Hypnosen ein oder erwischte mich dabei, wie ich an ganz andere Sachen dachte, meist die typische To-Do-Liste. Es fiel mir also nicht immer leicht. Mein Mann hat mich super unterstützt, Teile des Online-Kurses mit mir angesehen und die Partnerübungen regelmäßig mit mir gemacht. Je näher der Geburtstermin rückte, desto größer wurde die Vorfreude, aber trotz der Vorbereitung auch der Respekt vor dieser Herausforderung. Ich war nicht zu 100% überzeugt, dass ich die Methode dann in der Situation wirklich umsetzen könnte.
Am 2.11., dem errechneten Geburtstermin, sagte mir meine Frauenärztin noch, dass der Gebärmutterhals weiterhin nach hinten geneigt ist und sich noch nichts Richtung Geburt getan hatte – ich stellte mich also darauf ein, dass sich die Kleine noch ein paar Tage Zeit lassen würde. In der folgenden Nacht aber wachte ich um 4:30 Uhr auf, um auf die Toilette zu gehen. Auf dem Weg zurück ins Bett bemerkte ich eine Flüssigkeit mein Bein herunterlaufen. Ich dachte sofort an einen Blasensprung, war aber unsicher, wegen der geringen Menge. Ich ging zurück ins Bett und versuchte, zu schlafen, daran war aber gar nicht zu denken. Ich hätte vielleicht sofort mit der Hypnose während der Geburt oder der mentalen Förderung des Geburtsbeginns starten sollen…
Stattdessen lag ich wach und wartete auf ein Ziehen im Bauch oder andere Vorboten der beginnenden Geburt. Diese kamen dann tatsächlich auch so langsam und bis mein Mann und ich um 8 Uhr aufstanden, waren da schon so etwas wie Kontraktionen zu spüren. Wir frühstückten noch gemütlich, dann rief ich zu Beginn der Sprechstunde um 9 Uhr im Geburtshaus an. Da lautete die Anweisung: „Pack deine Tasche und deinen Mann und kommt so langsam zu uns!“ Ich duschte mich noch und mein Mann und ich packten die restlichen Sachen zusammen, ich konnte nicht so wirklich realisieren, dass es nun tatsächlich losging und wollte ihn trotz der zuvor abgesprochenen To-Do-Liste dann doch nicht alleine lassen mit der Organisation…
Als wir um 11:30 Uhr dann im Geburtshaus ankamen, sagte der Abstrich allerdings, dass es sich nicht um Fruchtwasser handelte… Ich war überrascht, beschrieb den Geruch nach Sperma und die Konsistenz und Farbe und dazu meinte die Hebamme Ja. dann: “Der Test sagt zwar was anderes, aber wir notieren jetzt trotzdem 4:30 Uhr als Zeitpunkt des Blasensprungs.” Sie vertraute mehr auf mich als auf den Test.
Das anschließende CTG zeigte zwar Wellen, die waren aber noch sehr kurz, schwach und wirr. Der Vorschlag von Ja. war daraufhin, Spiegelei mit Rizinusöl und ein anschließender Spaziergang – so haben wir‘s dann auch gemacht. Das Ei war wirklich gut und das Öl hatte einen überraschend neutralen Geschmack – keine Sorge also vor dem Rizinusöl! Der Spaziergang durch die Stadt begann damit, dass wir das Auto aus einer öffentlichen Parkgarage auf den Privatparkplatz des Geburtshauses umparkten – wir waren beim Ankommen nicht sicher gewesen, ob wir wirklich schon unter Geburt waren und ein Recht auf den Parkplatz hatten… Das anschließende Gehen kam mir anstrengender als sonst vor, die Wellen wurden zunehmend stärker und ich musste immer wieder Pausen machen. Wir stiegen auch ein paar Treppen und kehrten nach zwei Stunden wieder zurück ins Geburtshaus. Das erneute CTG zeigte schon deutliche Fortschritte und während ich da so lag, spürte ich ein “Plopp” in meinem Bauch und lag in einer Wasserpfütze – die Fruchtblase war nun auch unten aufgegangen und hatte sich auf die Liege entleert.
Während der gesamten Geburt haben die Hebammen immer wieder die Öffnung des Muttermundes gefühlt, ich kann mich jedoch an keinen einzigen Stand erinnern, es erschien mir in diesen Momenten sehr unwichtig; so auch jetzt.
Wir quartierten uns vorerst im Familienzimmer ein, wo uns die Hebammen erstmal in Ruhe ließen – sie hatten gerade eine zweite Geburt im Gange, die sich schon dem Ende zuneigte. Mein Mann schlief eine Siesta und ich begann endlich mit der Hypnose während der Geburt. Es fiel mir aber sehr schwer, mich darauf einzulassen; Aufregung und die schon sehr deutlichen körperlichen Gefühle lenkten mich ab und nach einer knappen Stunde gab ich auf, nahm die Kopfhörer aus dem Ohr und konzentrierte mich mit geschlossenen Augen auf meinen Körper. Die Bauchatmung versuchte ich immer wieder umzusetzen, sie funktionierte aber ab einem gewissen Punkt nicht mehr und so atmete ich lange ein und aus, was mir leichter fiel. Ich empfand es als schwierig, gleichzeitig die Visualisierungen und die Atmung umzusetzen und dann auch noch das von Kristin Gesagte wahrzunehmen und zu verarbeiten, ich fühlte mich überfordert, daher setzte ich die Geburt ohne die geübten Strategien fort.
Als Ja. schließlich nach uns sah, weil sie meine geräuschvolle Atmung gehört hatte, fragte sie, wie lange ich die Wehen empfand und ich sagte, 10 bis 15 Sekunden – doch als mich gerade dann wieder eine erwischte und Ja. auf die Zeit achtete, waren es schon knapp eine Minute. Ich konnte die Zeit nicht mehr richtig einschätzen. Wir blieben noch im Familienzimmer und trackten jetzt die Wellen per App, es war ca. 17:00 Uhr. Sie kamen schon im Abstand von 2 Minuten und dauerten auch zwischen ein und zwei Minuten an. Nachdem Ja. nach einer guten Stunde nochmal nach uns sah, entschied sie, uns ein Geburtszimmer vorzubereiten und ließ die Badewanne ein, musste dann aber wieder zurück zur parallelen Geburt. Sie rief aber Jo. an, die zweite Hebamme, welche leider eine Anfahrt von 45 Minuten hatte. Daher waren mein Mann und ich alleine und etwas hilflos mit der Badewanne – ich konnte keine angenehme Position finden und die Wärme tat meinem Kreislauf überhaupt nicht gut.
Also kletterte ich wieder hinaus und in dem Moment kam Ja. zur Tür hinein und nahm Gott sei Dank das Zepter in die Hand. Den Ablauf der nächsten Stunden kann ich nicht mehr im Detail erinnern, die Zeit scheint im Nachhinein verzerrt. Schon in der Badewanne hatte ich zunehmend mehr das Gefühl, mitpressen zu müssen und als Jo. meinen Muttermund tastete, gab sie mir das Go. Das muss so ab 19 Uhr gewesen sein. Zunächst waren mein Mann und ich einige Zeit mit ihr alleine, dann kamen aber Ja. und die Hebammenschülerin K. mit dazu und so hatte ich gleich drei an meiner Seite, was für ein Luxus! Wir probierten verschiedene Positionen und letzten Endes wollte ich halbseitlich in Rückenlage bleiben, alles andere erschien mir zu anstrengend. Bei jeder Welle feuerten mich die drei unermüdlich an, besser als jeder Personal Trainer, kämpften mit warmen Tüchern und Massagen um meinen Damm und unterstützen mich, indem sie mir Widerstand zum Pressen boten. Ein Moment, an den ich mich erinnern kann, war die Überraschung der Hebammen, wie viele Haare da zum Vorschein kamen. Das machte mich glücklich, genauso hatte ich mir die Kleine immer vorgestellt.
Obwohl ich das nie von mir erwartet hatte, schrie ich bei jeder Welle aus vollem Hals, bis die Hebammen mir empfahlen, still zu pressen und meine Energie dahinein zu stecken. Ob ich das dann durchgehend umsetzen konnte, kann ich nicht mehr sagen…
Meinen Mann nahm ich kaum noch wahr, aber es tat gut, zu wissen, dass er da war. Die gesamte Pressphase habe ich als sehr schmerzhaft wahrgenommen, nicht primär die Kontraktionen, sondern vor allem das brennende Gefühl der sich dehnenden Haut und Muskeln. Aber irgendwann war auf einmal der Kopf geboren und gleich in der nächsten Welle rutsche das gesamte Körperchen hinterher. Ich konnte es kaum glauben – nach einer gefühlten Ewigkeit ging es dann doch so schnell! Entgegen meiner Annahme nahm ich die Schmerzen trotz der Erleichterung noch genauso stark wahr, das Brennen lenkte einen großen Teil meiner Aufmerksamkeit auf sich.
Gleichzeitig wollte ich unsere Tochter sofort in die Arme schließen, konnte sie aber nicht erreichen, also bat ich Jo., sie mir zu reichen. Und da saßen wir drei: mein Mann hinter mir, ich zwischen seinen Beinen und die Kleine auf meinem Bauch, ihr sofortiges Weinen verstummte schnell.
Da ich stark blutete, sollte die Plazenta so schnell wie möglich raus und die Kleine wurde abgenabelt. Ich bekam nach meiner Zustimmung eine Oxytocin-Injektion und mit zweimal Husten war die Plazenta auch schon geboren. Ich wurde genäht, was ich trotz der Ablenkung durch unser kleines Wunder als unangenehm empfand, die Blutung kam Gott sei Dank nur vom Schamlippenriss.
Der Kleinen ging es super, ein Apgar-Score von 10 und die Herztöne waren die ganze Geburt über auch konstant bei 30, obwohl sie bis zur Geburt um 22:15 Uhr gut drei Stunden Presswehen durchstehen musste.
Die Nacht verbrachten wir zu dritt im Bett im Geburtshaus, da mein Kreislauf noch sehr im Keller war und uns geraten wurde, noch nicht heimzufahren – und obwohl das immer mein Plan war, konnte ich den Rat annehmen und genoss die Nacht trotzdem. Ich schlief kaum, betrachtete ununterbrochen den kleinen Wurm und freute mich, dass auch das Stillen von Anfang an ohne Probleme klappte. Ich traute mich erst nicht so recht, aber als ich Ja. gegenüber erwähnte, dass die Kleine dauernd am Daumen nuckelt, sagte sie: „Warum stillt ihr denn noch nicht? Da hat jemand Hunger!“ und es klappte auf Anhieb. Jetzt ist unsere Maus zwei Wochen alt, super fit und gesund und im Großen und Ganzen pflegeleicht und zufrieden.
Obwohl ich letzten Endes die Methode der friedlichen Geburt nicht wirklich aktiv angewendet habe, hat sie mich in meinem Plan der Geburtshausgeburt bestärkt, mir den Mut gegeben, die Geburt ohne Schmerzmittel anzugehen und in meinen Körper zu vertrauen und mich sicher unterbewusst sehr positiv beeinflusst. Die Podcasts, Meditationen und der Onlinekurs haben meine Sicht auf das Thema Geburt stark verändert und haben bestätigt, was ich eh schon immer bezüglich des gesellschaftlichen Umgangs mit Geburten empfunden hatte. Ich habe meine Geburt als absolut selbstbestimmt empfunden, wofür ich unendlich dankbar bin, habe mich in jedem Moment sicher gefühlt und hatte großes Vertrauen in die Hebammen. Ich bin stolz darauf, was mein Körper geleistet hat und danke Kristin für ihre Arbeit, die sicher ihren Teil dazu beigetragen hat.