Geburtsbericht von

Franziska G.

Liebe Kristin,

schon lange möchte ich dir schreiben, meine Tochter ist gerade ein Jahr geworden, wie die Zeit verfliegt…
Wir wohnen in der Schweiz und da muss man bis zur Geburt arbeiten. Allerdings hatte ich eine kleine Krampfader und bin 3 Wochen vor Geburtstermin krankgeschrieben worden. Leider musste ich noch einige Dinge fertig stellen und organisieren und als am Freitag nachmittags mein Chef sagte: “So, dann bist du jetzt fertig und kannst dich ja noch 2 Wochen ausruhen,” da dachte ich, oh ja das brauche ich auch unbedingt!

Wir leben in einer komplizierten Patchwork Situation in zwei Städten und mit damals 3 kleinen Kindern. Am Samstag kam also mein Partner mit seinen 2 Kindern und zusammen mit meinem Sohn verbrachten wir den Tag im Freibad. Den ganzen Tag über merkte ich, wie ich wahnsinnig viel Schleim verlor. Das kannte ich von meiner ersten Schwangerschaft nicht. War das der Schleimpfropf? Ich war einfach irgendwie konstant feucht zwischen den Beinen, komisch. Am Abend rief ich meine Mama an, die zur Geburt in 2 Wochen kommen wollte und fragt sie, ob sie nicht einfach gleich kommen mag? Sie sagte, sie würde am nächsten Morgen losfahren.

Abends im Bett hatte ich plötzlich leichte Unterleibsschmerzen, so wie wenn man seine Periode bekommt, hmmm. Nachts kamen dann die Kinder meines Partners zu uns ins Bett und als wir dann zu viert auf 1.40m lagen, bin ich ins Gästebett im Wohnzimmer umgezogen. Ich hatte immer wieder dieses Ziehen im Unterleib und wollte einfach nur in meinem Bett liegen, nicht hier im Wohnzimmer sein. Ich habe also meinen Partner mit seinen Kindern weggeschickt und ihm gesagt, dass ich Schmerzen habe und nicht weiß, was das ist. In meinem Bett war es viel besser. Ich bin an meinen Kraftort und schnell eingeschlafen, allerdings etwa alle 15 Minuten aufgewacht. Intuitiv habe ich immer direkt lang eingeatmet und dann war es auch schon vorbei und ich konnte weiterschlafen. Ich glaube, das viele Üben hat sich automatisiert und es hat sich so richtig angefühlt in dem Moment!

Um 4 Uhr in der Nacht habe ich dann im Geburtshaus angerufen und mit einer Hebamme gesprochen. Ihr geschildert, dass ich nicht weiß, was passiert. Dass ich Schleim verliere und dass es sich nicht wie die Wellen anfühlt, die ich von meinem ersten Sohn kenne. Sie hat mir gesagt, dass es vielleicht Übungswehen sind und ich sie wieder erkennen werden, wenn richtige Wehen kommen.

Morgens kamen die Wellen schon etwa alle 5 Minuten, ich wollte nicht mehr mit den Kindern frühstücken. Ich wollte nur im Bett liegen und atmen. Aber es war ja noch so viel zu organisieren! Wer kümmert sich um meinen Sohn? Bringt mein Partner seine Kinder zurück in die andere Stadt und kommt dann wieder ins Geburtshaus? Ich war mir jetzt sicher, dass das Wellen sind und die halt einfach ganz anders sind als beim ersten Kind. Ich wusste, dass heute mein Kindlein zur Welt kommt.

Die Kinder waren überdreht und es war laut und anstrengend. Irgendwann kam meine Freundin, sie hatte noch eine Autopanne auf dem Weg hierher. Und irgendwann ist dann auch endlich mein Partner mit seinen Kindern los, um sie zu ihrer Mutter zu bringen und um seine Wohnung noch schnell aufzuräumen, die Putzfrau kommt am Montag… Dann war es ganz ruhig und nur meine Freundin und mein Sohn waren da. Der sollte jetzt noch bei einem Freund untergebracht werden. Noch drei Telefonate und dann stand fest, zu wem er darf. Aber irgendwie ist er jetzt ganz verrückt. Will nicht weg, pfeffert mir einen Ball ins Gesicht und die Bilder von der Wand. Huiii, meine Tränen kommen, das ist mir alles zu anstrengend. Ich bin äußerlich ganz ruhig, aber ich kann nicht auf ihn eingehen. Er beruhigt sich und wird abgeholt. Meine Freundin ist einfach erstaunt, wie ich alles aushalte. Sie sagt, ich atme jetzt alle 90 Sekunden.

Oh mann und sie muss um 14.00 Uhr Segeltraining geben, es ist jetzt 12. Also erzählt sie mir noch von ihrem aktuellen Tinderdate und ich habe keine Kraft, um Stop zu sagen. Höre einfach hin und atme. Endlich fahren wir ins Geburtshaus. Es ist jetzt 13.00 Uhr. Auf dem Weg zum Auto muss ich stehen bleiben, atmen, locker lassen, weiter laufen, stehen bleiben, atmen, locker lassen. Ich bin ganz ruhig und habe trotzdem Angst vorm Autofahren, vorm angeschnallt sein und sitzen.

Aber es ist okay, ich sitze, atme, lasse locker. Es fühlt sich eigentlich genau richtig an. Aussteigen, laufen, stehen bleiben, atmen, lockerlassen, weiterlaufen, in den Lift, atmen, lockerlassen, endlich da! Ich gehe direkt ins Geburtszimmer, lege mich aufs Bett und bewege mich nicht mehr. Meine Freundin verabschiedet sich, ich habe keine Kraft, sie zu fragen, ob sie nicht einfach ihr Training ausfallen lassen mag und so lange bleiben, bis meine Mama und mein Partner da sind. Ja genau, wo sind die eigentlich? Ich telefoniere kurz mit meinem Partner. Er erzählt mir irgendwas, stellt Fragen wie lang es noch dauert, ob er sich beeilen muss, was ich trinken will. Keine Ahnung, was ich sage, keine Ahnung was er genau von mir wissen will.

Die Hebamme macht eine Aufnahme, ich weine und sage ihr, dass es viel zu früh ist (mein erster Sohn ist eine Woche nach Geburtstermin gekommen) und ich außerdem allein hier sei. Dann sagt sie, meine Wehen kämen zwar jede Minute, aber sie hätten keine Stärke. Woher will sie denn das Wissen? Sie schaut meinen Muttermund an, 3cm. Ich bin fast etwas enttäuscht. Es hat sich nach viel mehr angefühlt. Ich dachte, ich bin schon fast offen, komisch.

Aber okay, dann habe ich wohl noch Zeit hier. Sie lässt den Pool ein, ich möchte im Pool chillen, aber es dauert, bis er voll ist. Solange kann ich im Bett liegen, endlich die Kopfhörer reinmachen und die Hypnosen hören! Ich fummle an den Earpods rum, krieg sie irgendwie nicht mit meinem Smartphone verbunden. Aber da kommt auch die Hebamme schon wieder. Sie empfiehlt mir einen Einlauf. Dann würden die Wehen stärker werden. Mein Gefühl sagt, das möchte ich nicht. Das wird dann zu krass. Es fühlt sich doch eigentlich alles ziemlich stark an. Ich kann wieder nicht stop sagen und lasse mich auf den Einlauf ein. Während der Prozedur kann ich mich gut entspannen, zähle immer wieder, bin an meinem Kraftort, fühle mich wohl, merke wie toll es funktioniert, fühle mich stark, ich habe einigermaßen die Kontrolle.

Dann sitze ich allein am WC und lasse das ganze Wasser wieder raus. Plötzlich spüre ich ein Würgen nach unten und bekomme Angst. Ich sitze alleine auf dem WC und habe Presswehen, hilfe. Ich kann irgendwie nicht laut rufen, warte noch eine Welle ab und schleppe mich dann schnell ins Geburtszimmer, puhhh. Die Hebamme schaut nach und sagt, der Muttermund sei jetzt vollständig offen. Wow, nur 30 Minuten von 3cm auf offen. Für den Pool reicht es nicht mehr. Und mir wird klar, dass es auch nicht reichen wird für meinen Partner, vielleicht für meine Mama?

Inzwischen ist eine 2. Hebamme da und wir probieren verschiedene Positionen. Seitlich auf dem Boden mit einem Bein in der Luft, dann auf den Knien mit den Armen am Bettrand, dann irgendwie hockend in den Händen der Hebamme. Jemand drückt mir währenddessen immer wieder einen warmen feuchten Waschlappen auf den Damm. Es ist Mitte Juni und so heiß, sicher 30° im Zimmer, es fühlt sich an wie 60°, ich habe Durst und verglühe. Inzwischen bin ich auch nackig. Ich habe unzählige Presswehen und es fühlt sich für mich immer nach zu stark an und ich bremse ab. Ich fühle mich plötzlich alleine, der Flow ist weg, ich mache, was die Hebammen mir sagen. Aber es ist nicht mehr so rund wie davor, es geht irgendwie nicht weiter.

Plötzlich sagt die Hebamme, hej es ist okay, du kannst loslassen. Wir sind da, du bist nicht allein. Achja genau, loslassen. Sie schlägt vor, nochmal aufs WC zu gehen und die Blase zu leeren. Das machen wir, diesmal bin ich nicht allein und schwups, kommt auf dem WC der Kopf raus. Ich merke, dass die Hebamme etwas Panik bekommt. Sie ruft ihre Kollegin und gemeinsam stützen sie mich die 5m wieder rüber ins Geburtszimmer, mit dem Kopf zwischen den Beinen. Ich knie jetzt am Boden, es brennt ein wenig und doch fühlt es sich gut an, denn ich weiß, mit der nächsten Welle habe ich es geschafft. Ich bin wieder ganz ruhig und ich fühle mich stark, da ist sie. Meine Tochter. Ich habs geschafft. Allein mit den Hebammen.

Jetzt bekommt sie Sauerstoff ins Gesicht, sie ist etwas blau und atmet nicht von selber. Ich habe Angst um sie, bin irgendwie gelähmt, sehe nicht ganz klar und realisiere, dass ich die ganze Zeit meine Augen geschlossen hatte. Aber dann atmet sie (nach 1 Minute, die sich ewig angefühlt hat) und ich nehme sie hoch und lege mich mit ihr ins Bett. Oh ist das schön, sie ist wunderschön und so zart und so zerbrechlich. Wir zwei haben es geschafft, wie schön, dass du da bist!

Die Hebamme fast auf meinen Bauch und sagt, die Nachgeburt hat sich schon gelöst, ich soll mal versuchen, sie rauszudrücken. Ich spüre keine Wellen mehr und drücke einfach, versuche, loszulassen und da ist sie auch schon. Sie wird in eine Schale gelegt und neben mein Bett gestellt. Und wer klopft da? Mein Partner! Endlich, so schade, sie ist schon da! Inzwischen hat sie meine Brustwarze gesucht und fängt an, zu saugen, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Ich bin ein bisschen stolz auf sie. Da kommt auch meine Mama, so schön!

Die Nabelschnur wird abgeschnitten, die Nachgeburt genau angeschaut und während das Kindlein angeschaut, gewogen und gemessen wird, schaut die Hebamme meine Vagina an. Es ist absolut nichts kaputt gegangen, welch großes Glück. Und welch Glück diese Geburt war! Ich habe mich sicher gefühlt und wusste immer etwa, wo ich mich im Geburtsverlauf befinde. Ich hatte alles in mir, was ich brauchte. Das war ein wunderschönes Erlebnis, wie gern hätte ich es geteilt! Vielleicht habe ich ja nochmal die Chance, ich wünsche es mir.

Vielen Dank Kristin, vielen Dank an die friedliche Geburt.

Lerne meine Methode

Schritt für Schritt zu einem positiven Geburtserlebnis