Geburtsbericht von

Maren

Traumgeburt am Bosporus

Im September 2020 kam meine Tochter in einer wunderbar friedlichen und entspannten Geburt in Istanbul zur Welt.
Mein Freund und ich lebten zu der Zeit seit etwa drei Jahren aus beruflichen Gründen in der Stadt am Bosporus.

Auch wenn die Schwangerschaft sehr unkompliziert war, hatte ich in den letzten Schwangerschaftswochen keine Lust mehr. Mir war heiß, ich fühlte mich wie ein gestrandeter Wal und ich war ungeduldig, weil ich mein Kind endlich kennen lernen wollte. Schon zwei Wochen vor dem ET fing ich mit geburtsanimierenden Aktionen an: Himbeerblütentee, die Meditation zur mentalen Förderung der Geburt, Franzbrötchen zum Frühstück (weil Zimt ja wellenfördernd sein soll…), aber meine Tochter ließ sich Zeit. Am Tag nach dem ET lachte meine Ärztin beim Kontrolltermin über die Franzbrötchen und deren gewünschte Wirkung. Sie meinte aber, dass sich die Kleine in den nächsten Tagen auf den Weg machen würde. Und zur Geburt könnte ich die Zimtgebäcke gerne mitbringen, seit ihrem Studium in Hamburg liebe sie die Dinger auch.

Tatsächlich spürte ich im Halbschlaf zwei Nächte später einen immer stärker werdenden Druck im unteren Rücken. “Heute kommt sie”, dachte ich voller Vorfreude und schlief wieder ein. Um sechs Uhr morgens war das Körpergefühl dann so stark, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Ich ließ mir Badewasser ein, zündete Kerzen an und legte mich eine Weile in die Wanne. Mein Freund wurde von dem Geplätscher wach, wir warteten noch zwei Stunden, dann rief er die Ärztin und die Doula an.
Den Morgen verbrachte ich mit Kopfhörern und den Hypnosen auf den Ohren im Bett. Zwischendurch wurden die Wellen weniger, sodass ich aufstand und frühstückte. Nach dem Frühstück kamen die Wellen regelmäßiger und in kürzeren Abständen, sodass mein Freund und die Ärztin vereinbarten, dass wir uns auf den Weg ins Krankenhaus machen sollten. Das Krankenhaus war ca. 30 Minuten entfernt und der Istanbul Verkehr ist ziemlich unberechenbar, deshalb machten wir uns früher auf den Weg als vielleicht notwendig gewesen wäre. Wegen der Schlaglöcher, Bodenwellen und den steilen Hügeln war der Weg für mich nicht sehr angenehm, aber ich schaffte es trotzdem, mithilfe der Meditationen entspannt zu bleiben.

Im Krankenhaus angekommen, stellte die Ärztin fest, dass der Muttermund 6-7 cm geweitet war. Während mein Freund, die Doula und die Ärztin neben mir leise Franzbrötchen knusperten, lag ich unter einer Decke eingemurmelt im Bett, atmete mich durch die Wellen und war ganz bei mir. Seit wir im Krankenhaus waren, hörte ich keine Hypnose mehr, sondern Waldgeräusche über die Kopfhörer. Mein Kraftort ist im Wald, während einer Wellenpause suchte ich mir die Waldgeräusche als Hintergrund raus, es fühlte sich für mich richtiger an, als die geburtsbegleitenden Meditationen.

Nach einiger Zeit passierte etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: mir wurde speiübel und ich musste mich übergeben. Klar hatte ich gehört, dass einigen Frauen unter der Geburt übel wird, aber ich hatte dies naiv als für mich nicht relevant abgestempelt. Mir wird sehr selten schlecht, ich litt auch in der Schwangerschaft nicht unter Übelkeit. Meinem Freund hatte ich daher auch nicht erzählt, dass Übelkeit und Übergeben unter der Geburt eine Möglichkeit sein können. Mich daher so zu sehen, verunsicherte ihn sehr, erst die ermunternden Worte der Doula, dass alles in Ordnung sei und dies alles gute Zeichen seien, entspannten ihn wieder.

Mich brachte die Übelkeit völlig aus dem Konzept und warf mich nachhaltig aus der Entspannung. Leider war ich nicht in der Lage, meinen Zustand zu kommunizieren, nach außen erweckte ich den Anschein, als sei alles ruhig und unter Kontrolle. Erst nach dem zweiten Besuch im Badezimmer konnte ich erklären, dass ich Hilfe bräuchte. Die gerufene Ärztin tastete den Muttermund und stellte erstaunt fest, dass dieser fast verstrichen war. Mit dieser schnellen Entwicklung hatte keiner gerechnet, sodass der Pool für die geplante Wassergeburt noch nicht bereit war.
Die Doula nahm mich an die Hand, führte mich unter die Dusche und liess mir heisses Wasser über den unteren Rücken und Bauch fliessen. Das entspannte sofort, linderte den Druck und ich konnte sehr schnell wieder an meinen Kraftort und die Ruhe dort zurückfinden. Unter der Dusche blieb ich, bis ich in den Kreissaal umziehen konnte.

Im Pool fühlte ich mich im warmen Wasser pudelwohl. Die Kopfhörer hatte ich seit der Dusche nicht aufgesetzt, ich befand mich ohne weitere Hilfe tief in der Entspannung.
Im Kreissaal neben meinem entband eine Frau, die hörbar keine leichte Geburt durchmachte. Ihre Rufe und Schreie hörte ich zwar und ich hatte großes Mitleid mit ihr, das alles brachte mich jedoch nicht aus der Ruhe. Das Vertrauen in meinen Körper und in meine Geburtsbegleiter:innen war sehr groß. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Geburt meiner Tochter weiterhin entspannt und friedlich verlaufen würde.
Als die Frau nebenan nach einiger Zeit endlich ihr Kind in den Armen hielt und wortreich Allah für ihr Baby dankte, ging ein Aufatmen durch meinen Kreisssaal.

Ich spürte kurz nach der Entbindung im Nebenraum einen Pressdrang, auch meine Tochter wollte endlich auf die Welt. Mit Staunen und Faszination nahm ich wahr, wie mein Körper wie im Autopilot von kleinem Zeh bis zur Augenbraue all seine Kraft sammelte und alles darauf konzentrierte, das Kind durch das Becken in die Welt zu schieben. Dass ich bei der zweitletzten Presswelle einen kleinen Riss bekam, nahm ich zwar wahr, es war aber nur ein kurzes Brennen, das keinen grossen Eindruck hinterliess. Denn dann hielt ich meine kleine Tochter in den Armen- ein Gefühl, das so gross, so voller Liebe und Glück, so überwältigend war, dass es sich schwer in Worte fassen lässt.

Für die Geburt der Plazenta und das Nähen des Dammrisses musste ich auf den Stuhl im Kreissaal, meine Tochter lag währenddessen auf meinem Bauch. Auf Idee der Doula hin hatten wir ein rotes Tuch mitgebracht. Mit dem Tuch bauten wir eine kleine Höhle um meinen Freund, meine Tochter und mich. Was um uns herum geschah, nahmen wir kaum wahr. Unsere Tochter schaute uns wach, neugierig und entspannt mit ihren grossen Augen an. Ein Moment ganz grosser Liebe.

Meine Tochter kam um kurz nach 18 Uhr zur Welt, insgesamt vergingen von den ersten richtig spürbaren Wellen bis zur Geburt etwa 12 Stunden. Es fühlte sich jedoch alles viel schneller und gleichzeitig zeitloser an.

In zwei Monaten wird die kleine Robbe schon zwei Jahre alt. Und in wenigen Wochen wird sie grosse Schwester, wenn unsere zweite Tochter in Nairobi/ Kenia zur Welt kommt. Die Vorfreude ist riesig und ich bin positiv gespannt, wie die zweite Geburt verläuft.

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