Die Geburt meines ersten Kindes war in der Klinik Hall in Tirol, in Österreich geplant. Beim Vorgespräch in der Klinik waren die Reaktionen der Hebammen auf meine Geburtsvorbereitung durchwachsen, was mir etwas Sorgen bereitete. Einer Hebamme war es im Vorfeld offenbar äußerst wichtig, mich darauf hinzuweisen, dass Geburt jedenfalls schmerzhaft sei und dass es im Krankenhaus ja dafür gute Schmerzmittel gäbe… man nähme ja auch eine Schmerztablette, wenn man Kopfschmerzen habe. Ich dachte mir nur so: „Ne, ich mach das eigentlich nicht, aber gut…“ Eine Wunschliste betreffend unserer Geburt hatte ich verfasst, jedoch ergab sich keine Gelegenheit, diese anzubringen oder abzugeben. Darüber hinaus wurde die Ärzteschaft zwei Wochen vor ET um mich herum etwas unruhig – „SGA = Small for Gestational Age“, oder „für das Schwangerschaftsalter zu klein“ sei meine Tochter, hieß es. Einen Tag vor ET wurde auch noch die Diagnose Oligohydramnie gestellt – also zu wenig Fruchtwasser.

Die von der Klinik zugrunde gelegte medizinische Leitlinie dazu besagte, dass spätestens am Geburtstermin eingeleitet werden soll. Eine Entscheidung in dieser Situation zu treffen, fiel mir nicht leicht. Ich musste abwägen zwischen medizinischen Leitlinien und meinem Bauchgefühl. Auch wenn mein Gefühl mir sagte, dass alles in Ordnung war und mein Körper einfach noch ein bisschen brauchte, bis er so weit war, sagte mein Verstand, dass ich es mir nie verzeihen würde, wenn meine Tochter tatsächlich nicht mehr ausreichend in meinem Körper versorgt werden würde. Letztendlich habe ich uns dann noch zwei weitere Tage Zeit gegeben, dann aber zu ET+2 einleiten lassen. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung wusste ich, ich hatte mich so gut wie möglich auf die Geburt vorbereitet. 8 Wochen hatte ich fast täglich mehrere Hypnosen absolviert, Kurse und Podcast geschaut und gehört. Ich hatte alles in meiner Macht stehende getan und es fühlte sich ohnehin so an, als hätte mein Körper jede Minute von selbst gestartet.

Am Samstag, den 06. Mai um 15:00 Uhr war ich also in der Klinik und nahm die erste Tablette (Prostaglandin Hormone) zur Einleitung, die zweite um 17:00 Uhr, die dritte um 19:00 Uhr, die vierte und letzte für diesen Tag um 21:00 Uhr. Alle Hebammen und Ärzte gaben mir zu verstehen, dass es ihrer Erfahrung nach wohl so schnell nicht los gehen würde. Möglicherweise erst am nächsten Tag, oder überhaupt noch später. Insgeheim hatte ich um ca. 19:00 Uhr das starke Gefühl, dass es sehr wohl heute noch los gehen würde. Die Kontraktionen waren stärker als je zu vor und auch ziemlich regelmäßig. Ich wollte aber den Hebammen und Ärzten nichts entgegnen, denn ich war mir unsicher. Ich war sehr besorgt darüber, wie ich auf dem Stationszimmer, welches ich mir mit einer Frau, die soeben von einer Bauchgeburt mit ihrer Tochter zurückkam, teilte, zu Ruhe und Konzentration finden sollte.

Zum Glück wurde mir angeboten, über Nacht in den Ruheraum auf der Entbindungsstation wechseln zu dürfen. Darüber war ich sehr glücklich und erleichtert. Also ab mit meinem ganzen Zeugs inklusive Bett in den Ruheraum. Zur letzten Tablette um 21:00 Uhr gab es nochmal ein CTG in einem anderen Raum. Meine Kontraktionen waren zu dieser Zeit schon stark genug, dass mir dieses ganze hin und her ziemlich unangenehm wurde. Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt oft am Kommunizieren mit den Hebammen und daher hörten auch mein Ehemann und ich nicht auf, miteinander zu kommunizieren und interagieren.

Da alle davon ausgingen, dass ja heute eh nichts mehr passieren würde, war auch klar, dass mein Ehemann die Klinik über Nacht verlassen musste. Ich war zwiegespalten darüber. Zum einen sehnte ich mich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nach einem Zimmer ganz für mich allein, hätte mir aber gewünscht, zu wissen, ihn vor der Tür zu haben. Aber das war nicht möglich… somit – Abschiedskuss und ich vergrub mich in mein Bett. Endlich! Mit Kristins Hypnose für die Eröffnungsphase lag ich in einem ruhigen, dunklen Zimmer und konnte mich sogleich richtig gut entspannen. Nur kam ich nicht so gut in Kristins Atmung rein – ich denke der Grund war, dass ich zu diesem Zeitpunkt einfach schon zu spät dran war. Also versuchte ich eine andere Bauchatmung. Das funktionierte ganz gut.

Um 23:00 Uhr kam die Hebamme (es war jene, der es beim Vorgespräch so ein Anliegen war, mir zu vermitteln, dass Geburt jedenfalls schmerzhaft sei – auch mit Hypnobirthing… so nannte sie es) herein und empfiehl mir ein Schmerzmittel zu nehmen, damit ich schlafen könne. Ich lehnte ab, also bat sie mir an, dass ich auch in einer Stunde noch entscheiden könnte, eines zu nehmen. Ich stimmte zu und sie verließ wieder den Raum. Die Kontraktionen wurden stärker und plötzlich musste ich mich dringendst entleeren. Ein paar Mal wanderte ich zwischen Toilette und Bett hin und her, bis mir das viel zu schwer fiel. Ich zitterte am ganzen Körper und mir wurde eiskalt.

Nach weiteren paar Malen zwischen Toilette und Bett, zog ich mir die Bettdecke vom leeren Nachbarsbett auf den Boden des Badezimmers und kniete einfach dort auf allen Vieren während den Kontraktionen und hievte mich in den Pausen auf die Toilette. Dies war der schwerste Moment unserer ganzen Geburt. Mein Körper fühlte sich so schwach an. Mir war so kalt und das Zittern hörte nicht auf. Ich hatte auch das Gefühl, ich müsste mich gleich übergeben. Trotzdem war ich in diesem Moment unendlich froh, all das Wissen von Kristin in mir verinnerlicht zu haben, denn ich wusste, dass diese Ausscheidungsprozesse normal waren. Ansonsten hätten die mich wohl sehr beängstigt. Wovor ich jedoch große Angst hatte in diesem Moment war, ob mein Kreislauf das mit machen würde. Ich fühlte mich so schwach und war doch erst am Anfang. Und ich fühlte mich auch sehr allein. Ich wünschte mir meinen Ehemann herbei… die Hebamme wollte ich nicht rufen, ich hatte das Gefühl, sie würde mich in diesem Prozess nicht bestärken.

In diesem Moment der Einsamkeit und Angst hielt ich auch plötzlich die Hypnose auf meinen Ohren nicht mehr aus. Ich war genervt und böse darüber, dass dies alles nicht annähernd so verlief wie ich erhofft hatte. Enttäuscht von mir selbst und Kristin nahm ich in diesem Moment der Resignation und Wut die Kopfhörer von meinen Ohren… Es war, als hätte ich einen Schalter bedient… es fühlte sich an, als ob meine Sinne plötzlich nach außen gerichtet waren. Ich fühlte mich hellwach, nahm den Raum, in dem ich mich befand, viel mehr wahr und hatte circa 8 Millionen Gedanken im Kopf. „Wow… ok… vielleicht war die Hypnose auf meinen Ohren doch nicht so schlecht“, dachte ich. Schnell setzte ich die Kopfhörer wieder auf und tauchte weg von dieser Welt, zurück hinein in meinen Körper. An diesem Punkt wusste ich also, was ich hier tat, funktionierte super. Ich war Kristin so dankbar und dachte mir bestärkt „Ich brauche hier gerade niemanden, mit Kristin zusammen schaffe ich das.“ Wenig später kam die Hebamme herein und bot mir erneut ein Schmerzmittel an. Zuerst lehnte ich ab. Als sie meinte, es würde sicherlich auch helfen, den Muttermund zu öffnen, willigte ich ein. Sie verabreichte mir eine Dosis eines Opiads mittels Spritze. Tatsächlich schlief ich kurz danach ein.

Als ich wieder aufwachte, spürte ich meine Kontraktionen wieder. In meinem Bett liegend veratmetet ich ein paar starke Kontraktionen, bis meine Fruchtblase platzte. Ich war glücklich darüber, denn ich wusste, es ist ganz sicher soweit… ich bin auf dem Weg… und ich habe schon ein ganzes Stück zurück gelegt. Die Kontraktionen wurden sogleich um einiges stärker, aber wenn ich mich auf die Atmung konzentrierte, waren sie definitiv aushaltbar. Ich rief die Hebamme. Sie untersuchte mich und mein Muttermund war nun vollständig geöffnet. Wir gingen zusammen in den Kreißsaal. Dort angekommen, legte ich mich sogleich wieder seitlich ins Bett, also in die genau gleiche Position, in der ich schon die ganze Zeit lag, seit ich zuvor eingeschlafen war. Die Hebamme drückte mir mein Handy in die Hand, damit ich meinen Ehemann rief. All dies – das in den Kreißsaal gehen, der Anruf, das Gespräch mit der Hebamme – geschah in Trance. Ich dachte über meine Handlungen und Aussagen nicht nach… sie passierten einfach.

Ich atmete nun nach den Anweisungen der Hebamme. Es war weiterhin eine Bauchatmung, aber nun prustete ich beim Ausatmen. Auch diese Atmung funktionierte sehr gut. Manchmal überkamen mich die Wellen so stark, dass mein ganzer Körper zusammenzuckte und meine Atmung dann so klang, als würde ich gerade keine Luft bekommen und nach Luft schnappen. Dies passierte mir aber nur bei vereinzelten Wellen. Einmal fragte mich die Hebamme in einer Wellenpause, was der Name unseres Babys für eine Bedeutung habe. Obwohl ich natürlich genau weiß, welche Bedeutung ihr Name hat, war meine Antwort in diesem Moment „keine Ahnung“. Das beendete unseren Smalltalk ganz schnell, und wir blieben dabei, dass ich stattdessen ihre Hand hielt und diese ganz fest während den Wellen drückte.

Ich freute mich, als mein Ehemann ankam. Weil ich zu diesem Zeitpunkt schon so sehr in meinen Flow gefunden hatte, gab es trotz all der Freude sogleich kurze und strikte Anweisungen von mir an ihn, was er zu tun und zu unterlassen hätte (am nächsten Tag habe ich mich dann dafür entschuldigt). Ich gab ihm zu verstehen, er könne meine Hand halten und mir Wasser geben, wenn ich es bräuchte, aber nicht mehr. Er hielt meine Hand, jedoch nicht so wie ich das wollte, also bevorzugte ich dann die Bettkannte. Aber ich war dankbar für das Wasser, mein Hals war nämlich so trocken, dass es unangenehm und ablenkend war – vielleicht hatte ich zuvor zu wenig getrunken oder vielleicht war es vom Schmerzmittel.

Irgendwann meinte die Hebamme, ich müsse mich vielleicht in eine andere Position bewegen. Das hätte sich für mich in diesem Moment nur nach Energieverschwendung angefühlt. Ich antwortete mit einem leicht abwesenden „Wirklich…?“ und sie entgegnete: „Im Liegen möchtest du doch nicht gebären?“ Ich antwortete weiterhin verträumt: „Seitenlange ist doch ok?“ Sie stimmte mir zu, meinte aber auch, dass es sein könnte, dass sie mich später vielleicht auf die andere Seite oder so drehen müsste. Es kam nicht dazu.

Nun war es soweit, dass ich plötzlich das Gefühl hatte, etwas müsse aus mir raus. Und es fühlte sich an wie das dringende Bedürfnis, Stuhl zu entleeren. Ich wusste, ich musste weiterhin meinen Körper machen lassen und dem Gefühl nachgeben. Nach ein paar Wellen mit diesem – lasst es mich „Stuhlganggefühl“ nennen – wurde das Gefühl intensiver. Einfach nur geflashed war ich, als ich bei einer dieser Wellen plötzlich den Kopf meines Babys zwischen meinen Beckenknochen, die gefühlt auseinandergeschoben wurden, spüren konnte. Ungläubig rief ich: „Oh mein Gott, ich glaube, das war gerade ihr Kopf. Kann das sein?“ und die Hebamme bestätigte mir, dass das sehr wohl sein kann. Dies sei nun die Austrittsphase.

Die nächste Welle war noch extremer, dieses Mal fühlte ich ganz eindeutig ihren Kopf und ihre Schulter. In den Wellenpausen fühlte ich, wie ihr Körper in meinem Becken wieder zurück rutschte. Auch in dieser Phase war das Staunen, meine Konzentration und mein Wille, dieses Baby zu gebären weit mehr im Vordergrund als irgendein Schmerz. Doch weil das Gefühl so krass war, stieß ich in dieser Phase ein paar „Oh mein Gott“ und konträrerweise ein paar „F***“ aus. Ein sehr schöner und motivierender Moment war, als die Hebamme meinte, sie könne sehen, dass meine Tochter viele Haare habe und ich solle doch mal selbst fühlen. Meine Fingerkuppen berührten das haarige Haupt meiner Tochter und ich war so froh über diesen ersten so selbstbestimmten und proaktiven Kontakt.

„Versuch beim nächsten Mal mitzuschieben. Es ist alles in Ordnung, aber es ist nicht gut, wenn sie zu lange im Geburtskanal ist. Sie ist jetzt bereit, auf die Welt zu kommen.“, meinte die Hebamme ein paar Wellen später. Während die Ärztin, die mittlerweile im Raum war, dankenswerterweise mein oberes Bein hoch hob, versuchte ich, bei der nächsten Welle also mitzuschieben. Irgendwie gelang es mir jedoch nicht, mich neben der Atmung auch noch darauf zu konzentrieren. Auch bei der nächsten Welle bekam ich das Mitschieben nicht hin. Bei der dritten Welle schob ich unter erneutem Zuspruch der Hebamme mit. Dies war das erste Mal, dass ich eindeutig einen unangenehmen, stechenden Schmerz verspürte, weshalb ich in diesem Moment „Aua aua aua!“ rief. Auch wenn dieser Schmerz definitiv aushaltbar war, frage ich mich heute, ob er, sowie der Labienriss, den ich dabei davon trug, notwendig war. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, er war es nicht.

Meiner Tochter ging es zu jeder Zeit der Geburt ausgesprochen gut und sie hatte einen APGAR-Score von 9/10/10. Daher denke ich, es wäre vielleicht gut gewesen, einfach noch ein paar Wellen veratmet zu haben und sie wäre womöglich einfach durchgeflutscht. Wie dem auch sei, die Welle, bei der ich mit schob, gebar den Kopf meiner Tochter, die nächste ihren restlichen Körper. Um 04:39 Uhr war sie auf dieser Welt! Die Hebamme rief: „Sie ist da. Nimm sie selbst“! Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, war es doch eine meiner Wunschvorstellungen, mein Baby selbst aufzunehmen. Blitzschnell schoss ich hoch und nahm dieses kleine, unglaublich weiche und für mich überraschend warme Wesen ganz nah an meinen Körper, an mein Herz. Ich hatte erwartet, sie würde schreien oder irgendwelche anderen Zeichen von Unbehagen in dieser kalten und hellen Welt äußern. Doch sie lag einfach nur friedlich und an mich gekuschelt da. Es war eine wundervolle und bestärkende Erfahrung… ein magisches Ereignis.

In den nächsten Tagen und Wochen, in denen mein Körper heilen, sich meine Tochter anpassen und wir das Stillen hinbekommen wollten, war ich voller Glückshormone. Ich fühlte mich glücklich und stark, obwohl ich vor allem in den ersten Tagen in der Klinik sehr wenig schlief, da meine Tochter all meine Aufmerksamkeit brauchte. Doch sogar die Dunkelheit und Stille der Nächte konnten mir nichts anhaben, denn ich schwelgte in Erinnerungen an ein selbstbestimmtes und starkes Geburtserlebnis, das mich oft auch glücklich in den Schlaf zurückführte.

Liebe Kristin, einfach nur DANKE. Unsere Welt braucht heute genau Frauen wie dich. Ich trage deine frohe Botschaft seit meinem Geburtserlebnis hinaus in die Welt. Ich hoffe, dass es deinen Kurs und Podcast vielleicht irgendwann komplett in Englisch gibt, damit noch mehr Frauen davon profitieren können. Sollte ich noch einmal ein Baby in mir tragen und gebären, werde ich jedenfalls wieder deine wunderschöne Stimme mich dabei begleiten lassen… Dann hoffentlich auch mit Wahlhebamme und als Hausgeburt. Ich schicke dir, deinem Team und den werdenden Mamis die das hier lesen viel Liebe.

Lerne meine Methode

Schritt für Schritt zu einem positiven Geburtserlebnis